Wer am Pumpspeicherwerk im luxemburgischen Vianden vorbeifährt, wird ihm kaum Beachtung schenken. Von der Straße aus sind nur ein paar Bürogebäude und ein Umspannwerk zu sehen. Denn das Herz der Anlage liegt versteckt, kilometertief im Mont Saint-Nicolas.
Endlose Tunnel graben sich hier in den Schiefer. Ein Labyrinth aus Schächten führt zum Maschinenraum der Anlage, wo das Rauschen des Wassers jedes andere Geräusch verschluckt.
6,8 Millionen Kubikmeter Wasser schießen hier täglich durch die Turbinen. Zum Vergleich: Das ist mehr als doppelt so viel Wasser wie in die ägyptische Cheops-Pyramide passen würde. Wovon draußen weder etwas zu sehen noch zu hören ist.
Viandener Anlage kann erneuerbaren Strom speichern
Das Pumpspeicherwerk Vianden ist das drittgrößte seiner Art und ein Wunderwerk der Technik. Denn die Anlage löst eines der größten Probleme der Energiewende: die Schwankungen.
Denn wenn der Wind nicht bläst und die Sonne nicht scheint, gibt es auch keine Energie. Um diese Flauten zu überbrücken, braucht es also Speicher. Genau das kann das Pumpspeicherwerk in Vianden leisten.
Es kann überschüssigen Strom, zum Beispiel aus Wind- und Sonnenenergie, aufnehmen. Und wieder ins deutsche Netz einspeisen, wenn er gebraucht wird. "Das Werk ist also eine riesige Batterie", sagt Stefan Jüngels, Betriebsleiter bei der Société électrique de l’Our, die das Kraftwerk betreibt.
Und das funktioniert so: Wenn zu viel Strom im Netz ist, werden in Vianden die Pumpen angeworfen. Sie ziehen Wasser aus dem Fluss Our und leiten es 300 Meter hinauf auf den Mont Saint-Nicolas, in ein gewaltiges Wasserbecken.
Wenn dann wieder Energie gebraucht wird, wird dieses Wasser aus dem Bassin wieder in die Our gepumpt. Die Wasserkraft betreibt elf Turbinen, die Strom produzieren. Daher kommt das Rauschen im Maschinenraum.
Pumpspeicherwerk Vianden ist fast 60 Jahre alt
Schon seit Jahrhunderten machen sich Menschen diese Technologie zunutze. Und auch die Anlage in Vianden gibt es schon lange. Sie wurde in den 1960er-Jahren eingeweiht und sollte auch die deutsche Stahlindustrie mit Strom versorgen.
"Heute so etwas aufzuziehen, wäre allerdings sehr aufwändig und teuer", meint Betriebsleiter Jüngels. Kilometerlange Stollen in einen Berg einzugraben, ein acht Kilometer langes Wasserbecken und all die Pumpen, Rohre und Kavernen zu installieren - dafür braucht es viel Geld, Zeit und komplizierte Genehmigungsverfahren.
Stadtwerke planen Pumpspeicherwerk an der Mosel
Dennoch starteten die Stadtwerke Trier vor einigen Jahren mit einem ähnlichen Projekt. Die Idee war es, in der Nähe von Mehring ein Pumpspeicherwerk zu bauen. Die Mosel sollte das untere Becken der Anlage sein, ein oberes Becken sollte am Hummelsberg liegen.
Seit 2017 allerdings liegen diese Pläne auf Eis. Und derzeit gibt es wohl auch keine Ambitionen, sie wieder aus den Aktenschränken herauszunehmen. Das Projekt "Rio" werde "derzeit nicht mehr aktiv verfolgt", heißt es auf Anfrage des SWR bei den Stadtwerken.
Millionenprojekt "Rio" kommt nicht voran
Denn es findet sich weiterhin kein Investor. Die wirtschaftlichen und gesetzlichen Rahmenbedingungen seien zudem unklar. Auch Fördergeld sei für das Millionenprojekt so schnell nicht aufzutreiben.
Am mangeldem Interesse liege es nicht. "Aktuell erreichen uns eher wieder einige Anfragen, die darin eine Chance für die Umsetzung der regionalen Energiewende sehen", sagt Pressesprecher Carsten Grasmück. Daher versuchten die Stadtwerke die Idee in Europa bekannter zu machen. Bislang: mit mäßigem Erfolg.