Je länger der Prozess auf dem Militärflugplatz Spangdahlem dauert, desto schwieriger ist es, ein Bild von der Tatnacht zu bekommen. Noch immer ist unklar, warum ein 28-jähriger Mann vergangenes Jahr auf der Säubrennerkirmes in Wittlich erstochen wurde. Bislang konnte nicht einmal geklärt werden, wer überhaupt der Täter ist. Denn die Aussagen der Zeugen aus der Nacht passen nicht zusammen.
Es gibt bisher zwei Versionen der Tatnacht. Die Staatsanwaltschaft glaubt, dass der angeklagte amerikanische Soldat das 28-jährige Opfer erstochen hat. Die Verteidigung hingegen hält dessen Freund - einen anderen U.S.-Soldaten - für den Täter. Beide Amerikaner waren unmittelbar nach dem Messerangriff festgenommen worden. Doch nur einer landete auf der Anklagebank. Der andere ist wieder auf freiem Fuß und hat am Samstag als Zeuge ausgesagt.
Augenzeugin beschreibt minutenlangen Kampf
Dabei bestritt der junge Mann die Tat vor Gericht. Der Soldat erinnerte sich nach eigenen Angaben nur noch daran, einen Schlag auf den Kopf bekommen zu haben. "Es ging alles sehr schnell", sagte der Zeuge. Nach dem Hieb habe er ein helles Licht gesehen und sei zu Boden gegangen. Sein Angreifer - das spätere Opfer - habe auf ihm gesessen.
US-Soldat angeklagt Tötung auf Säubrennerkirmes: Die wichtigsten Fragen zum Militärprozess
In Spangdahlem muss sich ab Montag ein US-Soldat vor dem Militärgericht verantworten. Er soll auf der Säubrennerkirmes einen Mann erstochen haben. Wie verläuft ein solcher Prozess?
Eine Augenzeugin hat die Nacht allerdings anders in Erinnerung, wie sie am Dienstag beim Prozess sagte. Die Kirmesbesucherin hat auf ihrem Nachhauseweg nach eigenen Angaben zwei Männer gesehen, die mehrere Minuten lang miteinander gerungen haben. Ihrer Aussage zufolge war der Kampf also nicht schon nach wenigen Sekunden vorbei.
Am Ende seien die Männer zu Boden gestürzt und dort regungslos liegen geblieben. Ein Messer habe sie nicht gesehen. Später sei aber nur einer der beiden Männer wieder aufgestanden. Das Opfer sei bereits voller Blut gewesen und habe sich kaum noch gerührt.
Blut des Opfers an beiden Soldaten nachgewiesen
Klar ist: Mit dem Blut des 28-Jährigen waren beide amerikanische Soldaten am Ende der Nacht befleckt. Zwei DNA-Spezialisten wiesen Blut auf den Schuhen des Angeklagten nach - allerdings auch an der Kleidung, den Schuhen und dem Schmuck des anderen amerikanischen Soldaten. Sie lieferten damit den Beweis dafür, dass die beiden Soldaten in der Nähe des Opfers waren, als dieses erstochen wurde.
Neues Angebot des SWR Studios Trier Nachrichten aus der Region Trier jetzt auf WhatsApp lesen
Das SWR Studio Trier ist jetzt auch auf dem Messenger-Dienst WhatsApp aktiv. Dort finden Sie regionale Nachrichten von Mosel und Saar, aus der Eifel, Hunsrück und Hochwald.
Ehefrau des Soldaten macht widersprüchliche Aussagen
Wer zugestochen hat, konnten aber weder die Untersuchungen noch die Zeugen klären. So verstrickte sich nicht nur der Freund des Angeklagten in widersprüchliche Aussagen, sondern auch dessen Ehefrau. Die 23-jährige Deutsche hatte bei ihrer ersten Befragung kurz nach der Tat noch ausgesagt, dass keiner ihrer Freunde ein Messer dabei hatte. Die Polizei hatte ihr sogar die Tatwaffe gezeigt und sie sagte damals, sie habe „ein solches Messer noch nie in ihrem Leben gesehen.“
Zeugin beruft sich auf Erinnerungslücken
Am Samstag vor Gericht sagte die Zeugin dann aber aus, sie habe ein solches Messer sehr wohl gesehen - nämlich in der Tatnacht, in der Wohnung des Angeklagten. Als der Verteidiger fragte, warum sie das nicht schon beim ersten Verhör so ausgesagt hatte, berief sich die Zeugin auf Erinnerungslücken. Der Anwalt des Angeklagten hingegen glaubt, dass sie gelogen hat, um ihren Ehemann zu decken.
Auch die Aussagen der beiden darüber, wie der Streit entstanden sein soll, zog der Verteidiger in Zweifel. Die Ehefrau des Soldaten hatte ausgesagt, das Opfer habe sie ohne Grund angespuckt und sei auf sie losgegangen. Der Verteidiger hingegen glaubt, dass der Kampf eine Vorgeschichte hatte.
Begegnung in Shisha-Bar am Abend vor der Kirmes
Diese Theorie untermauerte am Dienstag ein weiterer Zeuge. Der Betreiber einer Wittlicher Shisha Bar hat im Prozess von einer Begegnung zwischen dem späteren Opfer und den beiden US-Soldaten erzählt. Seinen Angaben zufolge haben sich die drei Männer am Tag vor der Kirmes in seiner Bar gesehen, sie hätten sich sogar miteinander unterhalten.
Worum es dabei ging, hat der Barbetreiber zwar nicht gehört. Für den Zeugen habe es aber so gewirkt, als hätten die Amerikaner das spätere Opfer gekannt. Sowohl einer der Soldaten als auch seine Ehefrau hatten vorher zu Protokoll gegeben, sich daran nicht mehr erinnern zu können. Für sie sei der Tote ein Unbekannter gewesen.
Urteil wird Ende der Woche gefällt
Die Staatsanwaltschaft hat am Montag ihre Beweisaufnahme abgeschlossen. Bis zuletzt stützte sie sich vor allem auf die Aussage des zweiten amerikanischen Soldaten. Eine Augenzeugin des Kampfes hat nur die Verteidigung präsentiert und deren Aussage schafft auch keine Klarheit darüber, wer den 28-Jährigen erstochen hat.
Welche Version am Ende stimmt, müssen die Geschworenen entscheiden. Bis Ende der Woche hat die achtköpfige Jury noch Zeit, sich ein Bild des Geschehens zu machen und weitere Zeugen zu hören. Dann soll sie ein Urteil fällen.