Bürger wehren sich gegen Energiekonzern

Angst vor Strahlung: Ein Strommast in Salmtal sorgt weiter für Streit

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Autor/in
Christian Altmayer
Foto von Christian Altmayer, Redakteur bei SWR Aktuell im Studio Trier

Die Gemeinde Salmtal wehrt sich seit Jahren gegen die Pläne für eine Hochspannungsleitung am Ortsrand. Nun will der Energiekonzern Amprion trotzdem mit den Bauarbeiten beginnen.

Wenn der Sohn von Thilo Barzen im Garten schaukelt, blickt er auf einen riesigen Strommast. Die Leitungen verlaufen direkt über dem Grundstück der Familie am Ortsrand von Salmtal. Dieser Mast allerdings besorgt den Vater nicht besonders.

Was ihm nicht geheuer ist, sind die Pläne des Energiekonzerns Amprion, bald eine viel größere Hochspannungsleitung dort zu bauen. Die Masten sollen 81 Meter hoch sein, die Spannung höher als die der bestehenden Freileitung. Und das macht Barzen Angst: "Mein Sohn soll hier noch 20, 30 Jahre leben."

Thilo Barzen, Karl Klein und Peter Mertes wollen keine größeren Stromleitungen am Ortsrand von Salmtal.
Karl Klein, Thilo Barzen und Peter Mertes wollen keine größeren Stromleitungen am Ortsrand von Salmtal.

Bürgerinitative wünscht sich mehr Abstand zu Strommasten

Mit diesem unguten Gefühl ist Barzen nicht allein. Seit sechs Jahren wehrt sich eine Bürgerinitiative in Salmtal gegen die Pläne für die Hochspannungsleitung im Erbesfeld. "Und das mit dem Rückhalt der ganzen Gemeinde", wie der Erste Beigeordnete Karl Klein sagt.

Thilo Barzen, Karl Klein und Peter Mertes wollen keine größeren Stromleitungen am Ortsrand von Salmtal.
Die neue Stromtrasse soll 85 Meter von den Wohnhäusern entfernt gebaut werden. Die alte Trasse verläuft ebenfalls dicht am Ortsrand.

Was die Gruppe will: Einen der geplanten 128 Strommasten verschieben und so für mehr Abstand zu den Wohnhäusern sorgen. Doch die Chancen für diese Verlegung der Trasse stehen schlecht. Denn Amprion will diesen Monat Tatsachen schaffen.

Mitte Februar sollen die Bauarbeiten beginnen

Mitte Februar sollen laut Pressesprecherin Janina Heidl die Bauarbeiten beginnen. Erst müssen Wege her, dann sollen im Juni die Masten errichtet werden.

Die Stromleitung durch Salmtal soll Teil einer 110 Kilometer langen Trasse von Metternich bis zum Umspannwerk Niederstedem werden. Ein wichtiges Projekt für die Energiewende, heißt es beim Dortmunder Konzern. Die Stromautobahn soll Energie aus Solar- und Windparks vom Koblenzer Raum bis in die Südeifel transportieren.

So soll die neue Stromtrasse durch die Eifel verlaufen.
So soll die neue Stromtrasse durch die Eifel verlaufen.

Angst vor elektromagnetischer Strahlung

Dass diese Trasse gebaut wird, will in Salmtal auch niemand verhindern. "Wir befürchten aber, dass wir starker Strahlung ausgesetzt werden", sagt Barzen.

"Gesundheitsgefahren durch elektromagnetische Felder können ausgeschlossen werden", heißt es hingegen bei der Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Nord, der zuständigen Behörde. Die Grenzwerte für elektromagnetische Strahlung würden deutlich unterschritten. Denn die Trasse soll 85 Meter und somit weit genug von den Häusern entfernt verlaufen.

Wissenschaftlerin: Keine hohe Strahlung durch Leitung

Ob sich auch eine Strahlung unterhalb des Grenzwertes auf den Menschen auswirkt - darüber wird in der Wissenschaft diskutiert. So gibt es etwa Hinweise darauf, dass es einen möglichen Zusammenhang zwischen Magnetfeldern und dem Auftreten von Kinderleukämie gibt.

"Dass es tatsächlich einen kausalen Zusammenhang gibt, ist aber umstritten", sagt Sarah Drießen vom Forschungszentrum für Elektro-Magnetische Umweltverträglichkeit am Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin in der RWTH Aachen.

Drießen forscht seit Jahren über die gesundheitlichen Folgen der Strahlung. Und kann für Salmtal Entwarnung geben: "Mit 85 Metern ist die Hochspannungsleitung weit von der Wohnbebauung weg. Da geht von manchen Elektrogeräten in den Häusern sicher mehr Strahlung aus als von der Leitung."

Bürger fühlen sich von Behörde nicht berücksichtigt

Amprion hat daher auch das Baurecht für die Stromleitung bekommen. Die Salmtaler fühlen sich trotzdem übergangen. Denn in Absprache mit Amprion hat die Gemeinde eine alternative Trassenführung erarbeitet, sagt der Beigeordnete Karl Klein: "Wir haben uns das Einverständnis von 120 Grundstückseigentümern eingeholt, ob wir den Strommast auf ihr Land verlegen können."

Doch das sei eine "reine Alibiveranstaltung" gewesen. Denn letztlich habe weder Amprion noch die zuständige SGD-Nord die Einwände berücksichtigt. Stattdessen habe man an den alten Plänen festgehalten. "Wir wurden vorgeführt", meint Klein.

Behörde und Unternehmen: Bedenken seien geprüft worden

Die SGD-Nord weist die Vorwürfe zurück. Die Behörde habe den Vorschlag der Gemeinde sehr wohl "ausführlich und umfassend geprüft". Letztlich habe sich aber die von Amprion beantragte Trasse durchgesetzt. Denn diese Variante zerstöre die Natur und das Landschaftsbild weniger stark.

Das Umspannwerk im Wittlicher Stadtteil Wengerohr wird wegen der neuen Stromleitung ebenfalls ausgebaut. Ab 2024 soll das Werk dann mit den höheren Spannungen umgehen können.
Das Umspannwerk im Wittlicher Stadtteil Wengerohr wird wegen der neuen Stromleitung ebenfalls ausgebaut. Ab 2024 soll das Werk dann mit den höheren Spannungen umgehen können.

"Ich kann verstehen, dass es eine andere Erwartungshaltung in Salmtal gab, aber wir müssen viele unterschiedliche Aspekte und Belange in die Planung einer Trasse einfließen lassen", sagt auch Janina Heidl, Pressesprecherin von Amprion.

Salmtaler leisten weiter Widerstand

Die Salmtaler wollen trotzdem nicht aufgeben. "Ich werde stehenbleiben", sagt der Beigeordnete Karl Klein. Die Erlaubnis, die Wege und Wiesen der Gemeinde zu nutzen, werde er Amprion nicht erteilen: "Die bekommen meine Unterschrift nicht."

Sein Wunsch wäre, noch einmal mit Amprion und der SGD-Nord über die Verlegung der Trasse zu verhandeln. Die Behörde und das Unternehmen winken allerdings ab. Sie sehen "keinen Anlass für eine Änderung der Planungen."

Auch Thilo Barzen glaubt nicht, dass sein Widerstand die Trasse noch stoppen kann: "Aber dann können wir wenigstens sagen, dass wir alles versucht haben."

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