Es ist 14:15 Uhr. Steve Heller holt seinen fünfjährigen Sohn Liam vom Kindergarten in Piesport im Kreis Bernkastel-Wittlich ab. "Viel zu früh", sagt er. "Die Kita hat aufgrund von Personalmangel schon seit Monaten wesentlich kürzere Öffnungszeiten." Die Kita öffne derzeit um 7:15 Uhr und schließe mehrere Stunden früher als es eigentlich der Fall sein sollte.
Steve Heller, der als Rettungssanitäter im Schichtdienst arbeitet, und seine Frau, die Altenpflegerin ist, stehen vor einem Problem, weil jemand für Liam da sein muss. "Es gab schon Tage, an denen mussten Kollegen meinen Dienst übernehmen", sagt der dreifache Familienvater. In den meisten Fällen müssten Oma und Opa ran. "Die arbeiten aber auch noch beide und können deswegen nicht immer."
Trägergesellschaft führt Probleme auf Fachkräftemangel zurück
Die katholische Kita gGmbH in Trier ist sich als Trägergesellschaft der Situation bewusst. Auf SWR-Anfrage begründet sie die Probleme mit "Personalmangel durch nicht besetzte Stellen und zusätzliche Ausfälle." Das sei ein allgemeines Problem in der Branche, heißt es in der Stellungnahme weiter.
"Wir haben aktuell drei offene Stellen für unsere Kita in Piesport und führen dies unter anderem auf den immer eklatanter werdenden Fachkräftemangel in unserer Branche zurück." Derzeit werde alles dafür getan, die offenen Stellen in der Piesporter Kita zu besetzen. 14 Mitarbeiter seien aktuell beschäftigt. Sie kümmern sich um etwa 80 Kinder.
Studie: 1.500 Vollzeitstellen in Kitas unbesetzt
Das Problem in Piesport an der Mosel ist tatsächlich kein Einzelfall. In Rheinland-Pfalz gibt es laut einer Studie der Bertelsmann Stiftung rund 2.700 Kitas mit rund 26.000 Vollzeitstellen. Davon sind 1.500 nicht besetzt.
Politik wirbt für mehr Fachkräfte
Die Politik hat das Problem bereits erkannt. Das erklärte Ziel von Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) für 2024: weiterhin Fachkräfte gewinnen und halten. Seit Februar 2023 läuft die Kampagne: "Werde Erzieherin oder Erzieher", und im Februar 2024 wurde die Kita-Fachkräftevereinbarung überarbeitet. Damit soll die Anerkennung ausländischer Abschlüsse einfacher gehen.
Vorerst keine Entlastung für Familie Heller
Für Steve Heller ist das nur ein schwacher Trost. Denn kurzfristig wird sich an der Situation nur wenig ändern - trotz der Bemühungen des Trägers und der Politik. Familie Heller wird also weiter auf Oma und Opa setzen müssen - einen flexiblen Arbeitgeber und nette Kollegen.
"Ich bin froh, dass die Kollegen das machen", sagt Heller. "Wir haben Kollegen in anderen Ortschaften, die haben die gleichen Probleme und dann wechseln wir uns ab. Optimal ist das aber nicht."