Klimawandelanpassung Gewerbegebiete

Klimawandel in der Wirtschaft

Wie man in Wittlich ein Gewerbegebiet vor Hochwasser schützen will

Stand
Autor/in
Lara Bousch

Starkregen überschwemmt Lagerhallen, Hitze belastet Mensch und Maschine: Der Klimawandel stellt die Planer von Gewerbegebieten vor Herausforderungen. In Wittlich gibt es Lösungen.

Seit fünf Jahren wiederholt sich jährlich das gleiche Szenario im Industriegebiet in Wittlich-Wengerohr. Wochenlanger Regen, aber manchmal auch Sturzregen lassen den kleinen Bach in der Nähe so stark anschwellen, dass das Wasser erst die Straßen und dann die anliegenden Maschinenhallen und Lagerräume überschwemmt. Auch die Feuerwehr, die eigentlich helfen soll ist mit ihrem Gebäude betroffen.

Im Gewerbegebiet Wittlich Wengerohr sind die Betriebe die regelmäßigen Überschwemmungen leid.
Im Gewerbegebiet Wittlich Wengerohr sind die Betriebe die regelmäßigen Überschwemmungen leid. Deswegen sollen hier unterschiedliche Maßnahmen umgesetzt werden damit das Wasser nicht mehr in die Werkhallen läuft. Bild in Detailansicht öffnen
Die Feuerwehr in Wittlich Wengerohr besitzt zwar eine Kiesmulde zur Abwasserretention. Diese richtet mit seinen 30% Speicheranteil nur wenig aus im Vergleich zu Zisternen.
Neben dem Gebäude der Feuerwehr in Wittlich-Wengerohr ist bereits eine Kiesmulde. Sie kann bei Starkregen das Wasser aufnehmen. Der Nutzen dieser Mulde ist relativ gering, da sie sehr klein ist. Außerdem wurde die Kiesmulde nicht regelmäßig gepflegt und war verschlammt. Bild in Detailansicht öffnen
Die Felder neben dem Bach haben bei der letzten Überschwemmung nicht ausgereicht um die Überflutung zu vermeiden.
Das Industriegebiet in Wengerohr befindet sich in einem Auengebiet, das regelmäßig überschwemmt wird. Bild in Detailansicht öffnen
Dort wo die Sandsäcke liegen soll zukünftig ein Erdwall entstehen, der die Wassermassen des Bachs zurückhalten soll.
Statt Sandsäcken soll hier ein Erdwall entstehen, der die Wassermassen des Bachs zurückhält. Bild in Detailansicht öffnen
Klimawandelanpassung Gewerbegebiete
Die großen Betonflächen verhindern, dass das Wasser versickern kann. Deshalb raten Experten dazu, so viel versiegelte Fläche wie möglich aufzubrechen. Statt einer geteerten Oberfläche sollte man wasserdruchlässige Materialien verwenden, wie zum Beispiel Kies. Bild in Detailansicht öffnen

Die Stadt Wittlich hat jetzt ein Ingenieurbüro damit beauftragt das Hochwasserproblem zu lösen. Dort haben die Experten schnell das erste Problem erkannt.

"Die Gebäude hier in Wengerohr sind auf dem gleichen Niveau erbaut wie die Straße. Bereits bei einem kleinen Sturzregen überflutet das Wasser die Gebäude."

Große versiegelte Flächen müssen weg

Die Lösung des Experten: Zwischen Bach und Gewerbepark wird ein Wall gebaut. 160.000 Euro kostet das die Stadt Wittlich. Für ihren Einsatz möchte die Stadt aber auch Gegenleistungen der Betriebe vor Ort haben: Sie sollen zusätzliche Wasserrückhaltebecken auf ihren Geländen umsetzen.

So eine Maßnahme könnte auch in Wittlich Wengerohr helfen: Diese Teiche wurden von der Firma RBB Aluminium in Wallscheid angelegt.
So eine Maßnahme könnte auch in Wittlich Wengerohr helfen: Diese Teiche hat die Firma RBB Aluminium in Wallscheid angelegt. Bei Starkregen nehmen die Grünflächen und die Teiche das meiste Wasser auf.

Doch warum sollen die Betriebe das Wasser zurückhalten, wenn sie es doch eigentlich loswerden wollen? "Die Kanalisation ist für solche Überschwemmungen nicht konzipiert.", sagt Reihsner. Es mache auch keinen Sinn, sie zu erweitern.

Viel wichtiger sei es, so viel Beton wie möglich durch Grünflächen zu ersetzen. Dadurch wird der Regen gebremst und kann versickern, anstatt sich auf der Oberfläche anzustauen. Ist der Boden rund um das Gebäude bereits mit Wasser gesättigt, schaffen speziell angelegte Mulden oder unterirdische Speicher schnell Abhilfe, damit das Wasser abfließen kann.

Regen ist zu kostbar für den Gulli

Damit löse man gleich mehrere Probleme auf einmal. Denn neben den Starkregenereignissen bringt der Klimawandel ein weiteres Problem mit sich: Hitze und Dürre. Über Rückhaltebecken oder Zisternen kann das Wasser, das dort gesammelt wird, langsam versickern oder verdunsten. So kann es dem Grundwasserkreislauf zugeführt werden. An heißen Tagen wird die Umgebung durch die Verdunstung gekühlt, sagt Experte Reihsner.

Die Speichersysteme für das Wasser können oberirdisch und unterirdisch angelegt werden. Erst nehmen sie das Wasser auf, danach führen sie es langsam wieder dem Wasserkreislauf zu. Experten vergleichen das System mit der Funktionsweise eines Schwamms.

"Gewerbegebiete werden Parks ähneln, mit viel bepflanzten Flächen, Wasser, begrünten Fassaden und Dächern. Flächen dafür gibt es viele in Gewerbegebieten."

Mitarbeiter und Natur können auch von Regenwassermanagement profitieren

Doch Reihsner gibt auch zu, dass in Zeiten von Inflation und explodierenden Kosten Betriebe zögern, solche Maßnahmen umzusetzen. Der Experte hat jedoch überzeugende Argumente.

"Die Gestaltung von Grünflächen ist meistens billiger als die grauen Flächen, wie wir sie kennen."

Außerdem habe eine attraktive Außenanlage auch einen Mehrwert für die Mitarbeiter. Auch an heißen Tagen sei es dort besser auszuhalten. Die Grünflächen bieten zudem die Möglichkeit, auch mal draußen in einer schöneren Umgebung einen Kaffee zu trinken, sagt Reihsner. Möglicherweise werde man als Unternehmen so auch attraktiver für mögliche Fachkräfte.

Von Grün und Wasserflächen in Gewerbegebieten profitieren zu guter Letzt aber auch noch andere, sagt Reihsner: Dort, wo der Beton weicht, entständen wieder Habitate für Insekten, Vögel und viele weitere Tiere.

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Lara Bousch