Kinderhände graben, pflanzen und gießen: Geschäftiges Treiben herrscht rund um das Jugendzentrum "JuDockZ" in Dockweiler im Kreis Vulkaneifel. 17 Kinder zwischen sieben und zwölf Jahren nehmen am Pilotprojekt "Natur erleben!" in den Pfingstferien teil.
"Das ist viel besser als Schule", sagt die zwölfjährige Emma, die neben dem Blumenbeet gerade Stockbrot überm Lagerfeuer röstet, "Man muss nicht die ganze Zeit in einem Raum Aufgaben lösen, sondern macht das eher spielerisch."
Ihre Freundin Mimi sieht das genauso: "Würde man die Schule auch nach draußen verlegen, wäre das viel cooler." Genau das ist das Ziel des zunächst zweitägigen Projekts, das von der Unteren Naturschutzbehörde, der Jugendpflege und dem Geopark des Kreises Vulkaneifel gestartet wurde: Man will Wissenschaft mit Pädagogik verbinden.
Blumen für mehr Artenvielfalt
"Uns ist es wichtig, gerade bei den Problemen mit dem Klimawandel und dem Schwund der Biodiversität, möglichst früh anzusetzen und die Kinder dafür zu sensibilisieren, in was für einer wundervollen Umgebung sie leben und was für eine wundervolle Natur sie vor der Haustür haben", sagt Dr. Hendrik Albrecht, Biologe bei der Unteren Naturschutzbehörde im Kreis, der eben noch selbst in der Erde gebuddelt hat.
Zusammen mit den Kindern hat er ein Wildstaudenbeet mit heimischen Arten angelegt. Zuvor haben die Kinder sich die Blumen bei einer Exkursion in ihrem natürlichen Lebensraum in der Vulkaneifel angeschaut, erzählt Sabine Kummer vom Geopark Vulkaneifel: "Die Kinder sollten die Wiese als Lebensraum kennenlernen: Was wächst hier? Was lebt hier?"
Denn die Vulkaneifel ist einer der 20 Biodiversitäts-Hotspots von ganz Deutschland, berichtet Albrecht: "Das Bundesamt für Naturschutz hat sich die Pflanzen- und Tierarten im Land angeschaut und wo sie in der größten Bandbreite vorkommen. Und danach ist die Vulkaneifel ökologisch besonders wertvoll."
Hier gebe es besondere Orchideen, seltene Tagfalter oder Wildbienen. Wenn Steinbrüche aus dem Lavaabbau in der Vulkaneifel aufgegeben werden, entstünden dort neue Lebensräume, besonders für Wildbienen, die auf der Roten Liste stehen.
Beete, Insektenhäuser und Sandhaufen als Kleinstbiotope
Im Projekt sollen noch mehr solcher Lebensräume geschaffen werden: Die Stauden ziehen zunächst Wildbienen, Wespen oder Schmetterlinge an. Später, wenn die Pflanzen verblüht sind, entstünden Samenstände, an denen sich die verschiedensten Vogelarten bedienen.
Schließlich können zum Beispiel Heuschrecken in den abgestorbenen Blütenstängeln nisten. "Es ist eine ganze Bandbreite an Tieren, die davon profitiert. Es wäre fast schon unfair, da eine Gruppe besonders hervorzuheben", sagt Albrecht. Und die Kinder haben schon selbst Ideen, wie sie bei sich zu Hause für mehr Artenvielfalt sorgen können, wie die elfjährige Lea: "Ich könnte mir schon vorstellen, jetzt eine kleine Blumenwiese in unserem Garten anzulegen."
Lea schafft damit ein Kleinstbiotop, das gerade in Städten und Dörfern sinnvoll ist, wie Albrecht erklärt: "Das sind Lebensräume auf wenigen Quadratmetern. Das kann der klassische Blühsaum am Wegesrand sein. Wildbienenhäuschen oder sogenannte Sandarien. Das sind Haufen aus Sand, der eine bestimmte Konsistenz hat. Hört sich plump an, ist aber für Wildbienen und ein paar Wespenarten ein wichtiger Nistplatz."
Und das sei viel wichtiger als die allseits bekannten Insektenhotels: Die nämlich würden Arten anziehen, die ohnehin schon häufig vorkommen und eben nicht selten oder gefährdet sind.
Projekt soll dauerhaft und nachhaltig sein
Auch, wenn auf diese Art viel Wissen vermittelt wird: Wichtig ist allen Beteiligten, dass die Kinder Spaß haben und alles freiwillig machen. Reicht es den Kindern mal mit dem Wissenserwerb, können sie auch zum Bogenschießen oder Tischtennis gehen oder Stockbrot mit der Kräuterbutter aus den selbst gesammelten Kräutern naschen.
Diese Selbstständigkeit soll auch weiter gefördert werden, denn das Projekt geht über den Start in den Pfingstferien hinaus und ist bis Oktober diesen Jahres angesetzt. Einmal in der Woche soll sich die Gruppe treffen und selbst überlegen und entscheiden, was sie für die Artenvielfalt tun will.
Dabei helfen sollen Treffen mit Fachleuten und Exkursionen, zum Beispiel zu Höhlen als Lebensraum für Fledermäuse und zum Thema Vulkanismus. Auch dafür gibt es schon genügend Anmeldungen, berichtet Kreisjugendpfleger Hendrik Müller: "Ich denke, die Nähe zur Natur, die Nähe zum Heimatort ist vielen wichtig. Deshalb glaube ich, dass wir noch mehr Anmeldungen bekommen. Weil die Kinder eine große Begeisterung von hier mitnehmen und ihren Freunden davon erzählen werden."
Dieses Engagement und das Feedback, dass das Projekt "Natur erleben!" mehr Spaß macht, als Schule, ist für Hendrik Albrecht das größte Lob: "Für mich ist das Ganze sowieso ein Novum, weil man als Naturschutzbehörde eigentlich andere Aufgaben hat. Aber das zu hören, wie sehr es den Kindern Spaß macht, ist tatsächlich der schönste Lohn."