Dicker Rauch quillt aus einem Fenster im zweiten Stock des Gebäudes. Wäre der Rauch von einem echten Brand, wäre das für die Beobachter an diesem Abend wohl kaum auszuhalten. Das machen ihnen die Statisten bewusst, die sich hustend auf dem Boden winden oder stöhnend, teils panisch umherirren. Die Feuerwehrleute, die sie aus dem Haus schleppen, tragen Atemschutz. Andere sind mit Drehleiter und Schläuchen in luftiger Höhe, um dem rotflackernden, von einem Licht simulierten Feuer im Gebäude den Garaus zumachen.
Größte Übung seit Jahren: 150 Einsatzkräfte beteiligt
Was sich auf dem Gelände der ehemaligen General-von-Seidl-Kaserne in Trier ereignet, ist zum Glück nur eine Übung. In dieser Größe und mit so vielen Beteiligten ist es die größte seit Jahren, sagen die Organisatoren. 150 Einsatzkräfte machen mit: Berufsfeuerwehr, Freiwillige Feuerwehren, Polizei und Technisches Hilfswerk, verschiedene Hilfsdienste, Notärzte und das Brüder- und Mutterkrankenhaus. Das erste Mal seit der Corona-Pandemie übt die gesamte „Blaulichtfamilie“ wieder gemeinsam.
"Massenanfall von Verletzten"
Simuliert wird ein sogenannter Massenanfall von Verletzten. Das Szenario: Ein Fettbrand in der Küche eines mehrstöckigen Gebäudes, der sich rasch ausbreitet. "Wir haben 15 Verletzte und das ist mehr als das übliche Maß", sagt Florian Zonker von der Berufsfeuerwehr Trier. Er hat die Übung mit konzipiert. Die Herausforderungen für die Teilnehmenden: zunächst logistisch alle zu versorgen. Schnell aber auch emotional.
Zu wenig Einsatzkräfte für zu viele Patienten
"Bei einem solchen Einsatz gibt es am Anfang immer die sogenannte Chaos-Phase", sagt Zonker. Die beteiligten Rettungskräfte wussten zwar, dass es eine Übung ist, als sie alarmiert wurden, aber nicht, was für ein Szenario sie beim Eintreffen erwartet. Und das sind neben schreienden Statisten vor allem auch: schwierige Entscheidungen.
"Bei einem Massenanfall von Verletzten ist immer das Problem, dass es zu wenig Einsatzkräfte für zu viele Patienten gibt. Da geht es darum, zu priorisieren, eine sogenannte Triage durchzuführen und festzustellen, welcher Patient braucht am schnellsten Hilfe. Das bedeutet aber auch, dass man Patienten, die schlechte Überlebenschancen haben, nicht behandelt."
Grenzen zwischen Übung und Realität verwischen
Tim Piepho nimmt für das Brüderkrankenhaus in Trier an der Übung teil. Nicht als Retter, sondern als einer der zahlreichen Beobachtenden, die an diesem Abend die Abläufe mit ihren Hürden und Herausforderungen genau protokollieren. Der jetzige Chefarzt hat früher Kurse für Notärzte geleitet. Die Verletzungen beim Brandszenario in Trier sind sehr vielfältig. Die hält Piepho für realistisch: "Das Einatmen von Rauchgasen, aber auch schwere Verletzungen, wie zum Beispiel der Bruch des Beckens, das kann durchaus lebensgefährlich sein. Oftmals sind große Gefäße mitverletzt und es kommt zu schweren Blutungen in den Bauchraum."
Ein Druck, der für die Beteiligten spürbar wird, obwohl es sich um eine Simulation handelt, sagt Florian Zonker von der Berufsfeuerwehr Trier: "Erfahrungsgemäß ist man bei solchen Übungen schnell so drinnen, dass die Grenzen zwischen Übung und Einsatz verwischen."
Zur Übung in Trier gehört auch, dass es am Ende nicht jeder schaffen wird. "Zwei Menschen sterben in dem Szenario, Rettungskräfte tragen sie aus dem Einsatzgebiet, schützen sie mit einer Sichtplane vor den Blicken potenzieller Gaffer", erklärt Zonker. Andere Opfer-Statisten werden anschließend mit Rettungswagen in Trierer Krankenhäuser gefahren, dort werde der Notfall weiter geübt.
Angriffe auf Rettungskräfte Schubsen für den Ernstfall: Deeskalationstraining für Helfer
Sie wollen helfen und werden attackiert - Rettungskräfte sind immer wieder verbalen oder handgreiflichen Angriffen ausgesetzt. Wie sie damit umgehen können, soll ein spezieller Deeskalationskurs zeigen.
Fazit: Nicht alles lief rund
Die erste Bilanz von Chefarzt Tim Piepho und Übungsleiter Florian Zonker am Abend fällt positiv aus: Die Kommunikation zwischen den Teilnehmenden und zwischen den Führungsebenen sei gut gelaufen. "In anderthalb Stunden waren alle Patienten in den Fahrzeugen. Das ist soweit in Ordnung."
In der nächsten Woche würden die Rückmeldungen der Beobachter ausgewertet. Klar ist schon jetzt: Bei einigen Punkten gibt es Verbesserungsbedarf. Florian Zonker ist trotzdem zufrieden: "Das ist der Sinn einer Übung, herauszufinden, wo wir noch Schwächen haben und wo wir uns verbessern können. Deswegen ist das überhaupt kein Problem, wenn das eine oder andere nicht ganz rund läuft. Dafür machen wir das ja."