FAQ zu Elektroschockern

Taser bei der Polizei: Wann und wie oft sie in RLP zum Einsatz kommen

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In Landstuhl bei Kaiserslautern ist ein 38 Jahre alter Mann nach einem Taser-Einsatz der Polizei ums Leben gekommen. Aufgrund potenzieller gesundheitlicher Risiken sind Elektroschocker umstritten. Was für und was gegen ihren Einsatz spricht.

Gab es bereits Todesfälle im Zusammenhang mit dem Einsatz von Tasern durch die Polizei?

Rheinland-Pfalz war das erste Bundesland, das seine Polizei mit den Geräten ausstattete. Seit 2018 gehören Taser zum Repertoire der Polizei hierzulande. Im Zusammenhang mit dem Einsatz der Elektroschocker ist der Fall in Landstuhl nun der dritte Todesfall in Rheinland-Pfalz. Im Januar 2019 starb ein 56-Jähriger in Pirmasens, nachdem die Polizei ihn getasert hatte. Später stellten Mediziner einen Herzinfarkt als Todesursache fest. Laut Obduktionsbericht wurde dieser allerdings nicht durch den Taser ausgelöst. Im Oktober 2021 kam ein 53-Jähriger in Neustadt an der Weinstraße ums Leben, nachdem er von der Polizei einen Elektroschock versetzt bekommen hatte. Auch in seinem Fall war die Todesursache wahrscheinlich ein Herzinfarkt.

Landstuhl

Nach Polizei-Taser-Einsatz gegen 38-Jährigen Obduktion des Toten in Landstuhl ohne eindeutiges Ergebnis

Am Dienstag war in Landstuhl ein 38-jähriger Mann nach einem Polizeieinsatz mit einem Elektroschocker gestorben. Die Obduktion brachte kein genaues Ergebnis.

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Wofür werden Taser eingesetzt und wie funktionieren sie?

Mit dem Taser sollen Polizisten Angreifer auf Distanz halten können, ohne ihre Schusswaffe einsetzen zu müssen. Aus einer Entfernung von zwei bis fünf Metern schießen die Einsatzkräfte aus dem Elektroschocker mit Draht verbundene Pfeile ab. Der Pfeil dringt einen Zentimeter in die Haut ein und gibt einen schmerzhaften Stromimpuls ab. Der Strom wirkt sich auf Nerven und Muskeln aus, was für die Dauer von Sekunden völlige Handlungsunfähigkeit bewirken soll. Das Innenministerium bewertet den Taser als zuverlässiges und effektives Einsatzmittel, es werde nach den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit angewendet und stets mit dem Gefahrenpotential für die Einsatzkräfte abgewägt.

Wo und wie oft kommen Taser zum Einsatz?

Peu à peu wurde in Rheinland-Pfalz seit 2018 der Einsatz der Schockwaffen ausgeweitet, die Pilotphase lief seit 2017. Mittlerweile sind im Land alle Streifenwagen mit Elektroschockern ausgestattet. Andere Bundesländer, zum Beispiel Niedersachen, sträuben sich gegen den flächendeckenden Einsatz von Tasern. In Baden-Württemberg dürfen Elektroschocker ausschließlich Spezialkräfte nutzen. Im Nachbarbundesland kam im vergangenen Jahr kein einziger Taser zum Einsatz. In Rheinland-Pfalz setzten Polizisten Elektroschocker in den vergangenen Jahren hingegen bereits mehrere hundert Male ein. Seit Einführung 2017 bis zum Jahresende 2023 wurde 2.065 Mal der Taser eingesetzt, teilte das Innenministerium dem SWR mit. In mehr als der Hälfte der gezählten Einsätze, in 1.099 Fällen, war allerdings die bloße Androhung der Taser-Nutzung bereits ausreichend, um die Ziele der Einsatzkräfte zu erreichen.
Nach Jahren aufgeschlüsselt kam es 2021 zu 609 Einsätzen, 2022 zu 442 Einsätzen und 2023 zu 393 Einsätzen - dazu zählen aber auch die reinen Androhungen. Seitdem die Polizei in Rheinland-Pfalz Taser nutzt, sei laut Polizeistatistik 557 Mal damit ein Angriff auf Beamte abgewehrt worden.

Was bringt der Einsatz von Tasern bislang?

Das rheinland-pfälzische Innenministerium bewertete den Polizei-Einsatz von Tasern in den vergangenen Jahren regelmäßig positiv. In vielen Fällen habe bereits allein die Androhung des Elektroschockers gereicht, um zu deeskalieren. Der präventive Charakter ist eines der Hauptargumente pro Taser. Ein weiteres: Im Vergleich zu anderen Waffen, beispielsweise dem Schlagstock, sei das Verletzungsrisiko für das Gegenüber der Polizeibeamten weitaus geringer. Der Einsatz von Tasern sei zudem besonders geeignet, wenn Pfefferspray nicht die geplante Wirkung entfaltet.

Regeln für den Einsatz von Tasern

Wann ein Taser zum Einsatz kommen darf, ist im rheinland-pfälzischen Polizei- und Ordnungsbehördengesetz geregelt. Mögliche Szenarien sind körperlich oder technisch überlegene Gewalttäter - das können schwergewichtige Menschen, Kampf- oder Kraftsportler sein. Möglich ist der Einsatz auch bei psychisch kranken Tätern oder solchen, die unter Alkohol-, Drogen-, oder Medikamenteneinfluss stehen. Erlaubt ist der Einsatz auch bei Personen mit einer Ansteckungsgefahr oder Gewalttätern, die selbst Waffen haben. Verboten ist der Taser bei herzkranken, schwangeren oder jünger als 14 Jahre alten Personen.

Wieso sind Taser-Einsätze umstritten?

Kritiker weisen auf die Gefahren von Elektroschockern hin. Denn ohne Risiko sei der Einsatz von Tasern nicht. Auch in Rheinland-Pfalz war in den vergangenen Jahren immer wieder eine medizinische Versorgung von Betroffenen nötig. Im Jahr 2021 war dies bei 43 der insgesamt 609 Taser-Einsätze der Fall.

Für ältere Menschen, Schwangere und Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen gelten die Elektroschocks als besonders gefährlich. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) Niedersachsen sprach sich aufgrund der Risiken im Februar dieses Jahres gegen die Einführung in ihrem Bundesland aus: Die "medizinische Unbedenklichkeit“ sei "bei weitem nicht zufriedenstellend geklärt, vielmehr sind durch seine Funktionsweise zusätzliche Gefährdungen zu befürchten“. Amnesty International hatte bereits vor der Einführung von Elektroschockern für die Polizei in Rheinland-Pfalz vor deren Einsatz und vor allem die Einstufung als "nicht tödliche Waffe“ gewarnt. 

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SWR