Bundesverfassungsgericht entscheidet, ob Maserimpfpflicht für Kinder rechtens ist.

Bundesverfassungsgericht: Masern-Impfpflicht bleibt

"Ungeimpfte Kinder werden für Entscheidung der Eltern bestraft"

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Dass nur Kinder in die Kita dürfen, die gegen Masern geimpft sind, ist rechtens. Das hat das Bundesverfassungsgericht entschieden. Erste Reaktionen aus Rheinland-Pfalz:

Der Verband KiTa-Fachkräfte Rheinland-Pfalz befürwortet grundsätzlich, dass die Kinder eine Masern-Impfung nachweisen müssen. Die Verbandsvorsitzende Claudia Theobald teilte mit: "Kitas stehen auch immer in Kontakt zu vulnerablen Gruppen, beispielsweise wenn Eltern von Kita-Kindern beim Bringen und Abholen ihre Säuglinge dabeihaben. Im ersten Lebensjahr haben Säuglinge ein hohes Ansteckungsrisiko, aber noch keinen kompletten Masern-Impfschutz."

KiTa-Fachkräfteverband begrüßt endgültige Masern-Impfpflicht

Etliche Fragen seien aber noch ungeklärt, so Theobald. "Ist es vertretbar, dass Kinder bis zur Einschulung keine Kita besuchen, weil Eltern sich gegen eine Impfung entscheiden? Oder wie sollen Kitas beispielsweise damit umgehen, wenn Kinder, die aus Kriegsgebieten geflohen sind, keinen Impfnachweis erbringen können?“

GEW reagiert skeptisch auf Pflicht zur Masernimpfung

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Rheinland-Pfalz (GEW) hält die Verfassungsgerichtsentscheidung für schwierig. Der Vorsitzende Klaus-Peter Hammer sagte dem SWR: "Grundsätzlich halte ich es auch für richtig und wichtig, dass Kinder gegen Masern geimpft sind. Aber ungeimpfte Kinder von der Kita auszuschließen ist problematisch. Sie würden damit für etwas bestraft, was die Eltern entschieden haben." Auch die Kontrolle durch die Kitas sei ein Problem, da sie das Vertrauensverhältnis zu den Eltern belaste.

Landeselternbeirat sieht Widerspruch in Verfassungsurteil

Der Vorsitzende des Landeselternbeirates Rheinland-Pfalz, Reiner Schladweiler, sieht im Urteil des Bundesverfassungsgerichtes einen Widerspruch. "Einerseits wird Kindern, die nicht gegen Masern geimpft sind, der Zutritt zur Kita verwehrt, andererseits hat aber die Schulpflicht Vorrang. Das ist für mich nicht nachvollziehbar. Das gesundheitliche Risiko ist doch in Schule und Kita gleich."

Der Landeselternsprecher geht davon aus, dass Eltern sich durch das Urteil des Bundesverfassungerichts nicht umstimmen lassen. "Die einen werden ihre Kinder nicht in die Kita bringen und die Eltern mit schulpflichtigen Kindern werden vermutlich das Bußgeld zahlen", sagte Schladweiler dem SWR.

Auch für Schulkinder gilt weiter Masern-Impfpflicht

In der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes ging es aber nicht um die Masern-Impfpflicht für Schulkinder. Denn das Gericht hat nur über die Verfassungsbeschwerden von Eltern mit Kindern entschieden, die in einer Kita oder bei einer Tagesmutter untergebracht sind. Für Schulen und andere Einrichtungen, in denen viele Menschen auf engem Raum zusammen sind, gilt weiter die bestehende Impfpflicht.

Experten werten Masern als gefährliche Erkrankung.

Die Impfpflicht soll helfen, Ausbrüche der hochansteckenden Viruserkrankung möglichst ganz zu verhindern. Experten warnen davor, dass die Masern keine harmlose Krankheit sind. Insbesondere bei den Jüngsten, Schwangeren und Erwachsenen mit einer Immunschwäche könne es zu schwerwiegenden Komplikationen kommen, die manchmal mit bleibenden Schäden oder sogar tödlich endeten.

Mehrere Eltern mit ihren betroffenen Kindern hatten beim Bundesverfassungsgericht Beschwerde gegen die Masern-Impfpflicht eingelegt.

Eltern sehen sich in ihrem Grundrecht verletzt

Die Klägerinnen und Kläger sehen in der Impfpflicht einen unverhältnismäßigen Eingriff in das Grundrecht der Kinder auf körperliche Unversehrtheit und ihr Erziehungsrecht als Eltern. Der 1. Senat des Bundesverfassungsgerichts hatte die Impfpflicht schon im Mai 2020 in einer Eilentscheidung vorerst gebilligt und das Interesse der Allgemeinheit höher bewertet. Diese Entscheidung wurde nun im Hauptverfahren endgültig gebilligt.

Begründung des Bundesverfassungsgerichts

Die Grundrechtseingriffe seien zumutbar, um besonders gefährdete Menschen vor einer Infektion zu schützen, urteilte das Bundesverfassungsgericht. Die Richterinnen und Richter weisen auch darauf hin, dass gerade Kita-Kinder besonders oft Kontakt zu Schwangeren und Babys haben. Gleichzeitig sei ein echter Impfschaden "extrem unwahrscheinlich". "Die Gefahr für Ungeimpfte, an Masern zu erkranken, ist deutlich höher als das Risiko, einer auch nur vergleichsweise harmlosen Nebenwirkung der Impfung ausgesetzt zu sein", hieß es weiter.

In einem Punkt kommen Deutschlands oberste Richter aber den klagenden Eltern entgegen: Sie müssen nur eine Kombi-Impfung mit Impfstoffen gegen Mumps, Röteln oder Windpocken dulden. Andere Kombinationsimpfstoffe seien verfassungsrechtlich nicht zumutbar.

In einer ersten Version des Textes hatten wir berichtet, dass Betroffene nicht gezwungen werden dürften, Kombinations-Impfungen wählen zu müssen. Das war nur teilweise richtig. Wir haben diese Aussage korrigiert.

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SWR