Die Folgen der Corona-Krise, der Krieg in der Ukraine, finanzielle Sorgen, Klimakrise und Zukunftsängste - die derzeitige Lage macht vielen Menschen zu schaffen. Viele benötigen professionelle Hilfe - aber die Wartezeiten auf einen Termin liegen laut Landespsychotherapeutenkammer derzeit - je nach Region - bei mehr als fünf Monaten.
"Gerade jetzt in der dunklen Jahreszeit warten viele dringend auf einen Therapieplatz", so der rheinland-pfälzische Gesundheitsminister Hoch.
In einem Brief an Parteikollege und Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach fordert Hoch den Bund auf, für mehr Therapieplätze zu sorgen, vor allem für Kinder und Jugendliche. Im Koalitionsvertrag sei eine grundlegende Reform der psychotherapeutischen Bedarfsplanung vorgesehen, man müsse im Vorgriff darauf aktiv werden.
Genug Fachkräfte - zu wenig Zulassungen
Im Gegensatz zu anderen medizinischen Berufen gebe es keinen Fachkräftemangel. "Wir haben genügend ausgebildete Psychotherapeuten und Psychotherapeutinnen, die aber keine Kassenzulassung haben", so Hoch. Aus Sicht der Landespsychotherapeutenkammer (LPK) fehlen für eine angemessene Versorgung mindestens 200 zusätzliche Kassensitze, also Zulassungen. Darunter müsse mindestens ein Viertel für Kinder-und Jugendlichenpsychotherapeuten sein.
Hoch sieht drei Möglichkeiten, die kurzfristig Abhilfe schaffen könnten: ein anderer Verteilungsschlüssel je Einwohner, mehr Zulassungen und mehr ambulante Angebote.
Ein Ansatzpunkt sei das Verhältnis der zugelassenen Psychotherapeuten zur Einwohnerzahl. Nach den Vorgaben des Gemeinsamen Bundesausschusses von Ärzten und Krankenkassen (GBA) kommt derzeit in zentralen Orten ein Therapeut auf 3.173 Einwohner, in rein ländlichen Bereichen ist das Verhältnis 1 zu 5.754 Einwohner.
Kurzfristig knapp 300 Kassen-Zulassungen möglich
Rheinland-Pfalz als ländlich geprägtes Bundesland habe daher sehr wenige Kassensitze für Therapeuten. Würde man das Verhältnis in den Regionen auf einen Therapeutensitz pro 4.500 Einwohner erhöhen, entstünden gut 140 zusätzliche Kassensitze. "Für die Wartezeiten wäre das schon eine ziemlich große Entlastung", sagte Hoch.
Ebenfalls rund 140 Kassensitze könnten geschaffen werden, wenn die rechnerische Überversorgung weiter gefasst werde "und wir nicht bei 110 Prozent weitere Zulassungen sperren, sondern erst bei 140 Prozent", erklärte Hoch seinen zweiten Vorschlag. Dies würde zwar nicht nur den Vorteil in ländlichen Regionen bringen, sondern sich anders verteilen.
Mehr ambulante Angebote in Kliniken
Die dritte Möglichkeit sei, psychiatrischen Krankenhäusern oder Fachabteilungen zeitweise eine sogenannte Institutsermächtigung zu erteilen, also die Möglichkeit, ambulante Therapien anzubieten. Das würde laut Hoch sogar noch die Krankenhausstandorte stärken.