"Hausärztinnen und Hausärzte müssen teilweise große Räume abdecken, um die medizinische Versorgung der Menschen auf dem Land sicherzustellen", sagt Gesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD) zu dem Projekt. Durch das zunehmende Alter der Bevölkerung sinke die Mobiliät der Patientinnen und Patienten, gleichzeitig steige der medizinische Bedarf. Das sehen offenbar auch die Mediziner so, denn bis zu 56 Ärzte aus vier Regionen (Vulkaneifel, Rheinhessen, Westerwald und Pfälzerwald) nehmen an dem Pilotprojekt teil.
Das Konzept: Speziell geschulte Telemedizin-Assistenzkräfte suchen im Auftrag der Hausärzte verstärkt Patienten zu Hause auf. Mit moderner Technik messen sie digital zum Beispiel Blutdruck oder Körpertemperatur der Patienten. Die Daten werden per Tablet an die Praxis übermittelt. Der Arzt sichtet die Daten und kann dann mit dem Mitarbeiter oder dem Patienten vor Ort sprechen. Besonderer Clou und Alleinstellungsmerkmal des Projekts: Die Praxen können sich - vom Land gefördert - ein Elektroauto leasen, damit die Assistenzkräfte mobil sind.
Teilnehmende Praxen werden technisch unterstützt
Darüberhinaus verspricht Gesundheitsministerin Bätzing-Lichtenthäler, dass die Praxen auf verschiedene Weise unterstützt werden. Beispielsweise können sich die Praxen ihr Technikpaket für die Untersuchungen bei den Hausbesuchen individuell zusammenstellen. Außerdem werden sie bei eventuellen Problemen mit der Software intensiv betreut.
Das Projekt wird vom Deutschen Hausärzteverband (HÄV), der Kassenärztlichen Vereinigung (KV), allen gesetzlichen Krankenkassen mit Versicherten in Rheinland-Pfalz, der Landesärztekammer und der Arbeitsgemeinschaft der Patientenorganisationen als Projektpartner sowie dem Zentrum für Telemedizin (ZTM) als technischem Partner unterstützt.
Routine-Hausbesuche an nicht-ärztliche Mitarbeiter delegieren
Diese Art der Hausbesuche sollen in zahlreichen Hausarzt-Praxen in Rheinland-Pfalz zur Routine werden. "Die Idee dahinter ist, dass Routine-Hausbesuche an die nichtärztlichen Praxisangestellten (NäPa) delegiert werden", erläutert Barbara Römer, Vorsitzende des HÄV, den Grundgedanken des Pilotprojekts. Sie ist auf der ärztlichen Seite federführend beteiligt.
Ziel des Projekts ist es, eine größere Anzahl von Hausbesuchen an nicht-ärztliches Personal zu delegieren und so die Versorgung der Patienten im ländlichen Raum zu verbessern. Die Hausärzte sollen außerdem bei Routine-Hausbesuchen von geriatrischen und/oder mobilitätseingeschränkten Patienten entlastet werden. Von dem Pilotprojekt versprechen sich die Verantwortlichen auch weniger Krankenhaus-Einweisungen und Rettungsdiensteinsätze.
Praxen zu "multiprofessionellen Teams" umbauen
"Wir müssen die Praxen zu multiprofessionellen Teams weiterentwickeln, sonst werden wir den Ärztemangel nicht bewältigen können", formuliert die Allgemeinmedizinerin Römer aus dem rheinhessischen Saulheim die Zukunftsperspektive. Erfreulich sei, dass sich hinter der Idee ein breites Bündnis versammelt hat, so Römer. Mit der Beteiligung der gesetzlichen Krankenkassen sei die Honorierung aller TMA-Leistungen geregelt, was "ein gehöriges Stück Arbeit gewesen sei".
24 Hausarzt-Praxen aus ganz Rheinland-Pfalz nehmen an dem Pilotprojekt teil. In der Modell-Region Rheinhessen-Nahe ist auch die Praxis des Allgemeinmediziners Ralf Schneider in Alzey mit dabei. Schneider verfügt bereits über einen TMA-Rucksack mit der Basisausstattung. "Wir haben schon Videosprechstunden gemacht und das EKG in Betrieb genommen und das alles hat gut funktioniert", so Schneider. Er will zunächst seine Mitarbeiterin Sabrina Wolsiffer mit der Basisausstattung arbeiten lassen und dann schauen, ob weiteres Equipment wie digitales Stethoskop oder Spirometer benötigt werden.
Ohne mobiles Internet keine Telemedizin
"Das Projekt funktioniert nur, wenn wir überall eine stabile Internetverbindung haben", mahnt Römer vom HÄV. Diese sei in einigen der Modellregionen in Westerwald, Eifel und Südwestpfalz nicht immer gegeben. "Hier werden wir auch mit dem für die Breitbandversorgung zuständigen Wirtschaftsministerium im Gespräch bleiben müssen."