Sogenannte multiresistente gramnegative Bakterien (MRGN) befinden sich im Abwasser und in unserem Darm. Dort helfen sie uns sogar bei der Verdauung. Doch wenn sie in die Blutbahn gelangen, wird es gefährlich. Denn MRGN-Keime sind resistent gegen mehrere Antibiotika. Und sie sind schwer zu bekämpfen, denn sie siedeln nicht nur auf antibiotikabehandelten Mitpatienten, sondern in den Badezimmern der Kliniken.
In Rheinland-Pfalz gab es in diesem Jahr (Stichtag 9.10.2024) 347 Befunde mit multiresistenten gramnegativen Bakterien. Die Zahlen sind seit 2020 (164 Befunde) kontinuierlich gestiegen. Nicht in allen Fällen, die dem Landesuntersuchungsamt Rheinland-Pfalz gemeldet wurden, löste der Befall auch eine Infektion aus. Bei manchen aber schon.
Beinamputation wegen multiresistenter Keime
Auch für Fritz Kretzschmar aus Manderscheid hatten multiresistente Keime schlimme Folgen. Ihm wurden 2005 an einem Bein die Krampfadern gezogen. Eigentlich eine Routine-Operation. Doch nach acht Jahren und etlichen Krankenhausaufenthalten musste das Bein amputiert werden. Er hatte sich zwei multiresistente Keime eingefangen. Wie es dazu kommen konnte, weiß er bis heute nicht.
Multiresistente Keime in Badezimmerabflüssen
"Wir wissen heute sehr genau, wo die Reservoires der MRGN sind", sagt Prof. Martin Exner von der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene. "Nämlich nicht nur bei Mitpatienten, sondern in Dusch- und Waschbeckenabflüssen, Toiletten und Syphons. Dort können sich hochresistente Erreger halten." Das sei in der Vergangenheit gar nicht erkannt worden, sagt der Krankenhaushygieniker dem SWR-Magazin "Zur Sache Rheinland-Pfalz". Es kann also passieren, dass sich ein Mensch mit schwachem Immunsystem beim Waschen oder Duschen infiziert. "Wir müssen das Problem sehr ernst nehmen", warnt Exner.
Die Herausforderung: Menschen mit multiresistenten Keimen kann man isolieren, Badezimmer aber nicht. Deshalb seien auch in hochsensiblen Bereichen, wie Intensivstationen, bauliche Konzepte entwickelt worden, um die Verbreitung multiresistenter Keime in den Griff zu bekommen. Schon 2020 hat die Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention eine Empfehlung für Kliniken herausgegeben.
Abflüsse in kritischen Klinikbereichen müssen umgebaut werden
Das Beispiel Waschbecken: Wenn der Wasserhahn läuft, spritzt auch Wasser aus dem Abfluss nach oben. Damit dies nicht passiert und keine MRGN-Keime aus dem Abfluss entweichen können, installiert man den Waschbeckenabfluss nicht mehr direkt unter dem Wasserhahn.
"Außerdem gibt es bei neuen Waschbecken keine Möglichkeit mehr, seine Wasch-Utensilien, wie etwa Zahnbürste, abzustellen", erklärt Exner. "So wird verhindert, dass man sich die Keime beim Zähneputzen in den Mund treibt."
Hygieneschutz in Krankenhäusern
Im Bereich Hygiene stünden wir vor einer Revolution, meint Exner, die sich auch im Bau von Krankenhäusern widerspiegeln werde. Deutschland stehe, was den Hygieneschutz in Krankenhäusern angehe, an der Spitze. Und auch in der Unimedizin Mainz werde dem Thema viel Beachtung geschenkt, so Exner. Als Hygieniker schaue er sehr positiv in die Zukunft.
Um allerdings besser forschen zu können, brauche es ein eigenes Hygieneinstitut mit Lehrstühlen, die sich mit Hygienefragen in Krankenhäusern, aber auch in anderen Bereichen befassen. Und mehr Geld für die Hygiene in Krankenhäusern.
Gesundheitsminister Hoch sieht Krankenhäuser in der Verantwortung
Der rheinland-pfälzische Gesundheitsminister Clemens Hoch (SPD) wies dies zurück. Das Land fördere bereits im Rahmen der Krankenhausinvestitionen bauliche Maßnahmen, sagte Hoch auf SWR-Anfrage. Grundsätzlich seien die Krankenhäuser verantwortlich, Hygienevorschriften einzuhalten.