Die Rheinhessen sind sportbegeisterter denn je. Es sind auch wieder mehr junge Leute zwischen 15 und 18 Jahren in Vereinen organisiert, obwohl diese Gruppe noch vor zwei Jahren vermehrt ausgetreten war. Insgesamt sind zurzeit knapp 300.000 Menschen in etwa 850 Vereinen. Das hat der Sportbund Rheinhessen erhoben.
Sportvereine auf dem Land sind "sozialer Klebstoff"
Einer davon ist die Spielvereinigung Essenheim. Die Ortsgemeinde im Kreis Mainz-Bingen liegt malerisch zwischen Weinbergen. Fast ein Drittel der etwa 3.500 Einwohner von Essenheim sind Mitglied im Sportverein. Jürgen Kolb ist erster Vorsitzender der Spielvereinigung. "Hier ist ein ganz anderer sozialer Klebstoff dahinter als bei einem Spartenverein oder Großverein in der Stadt, der nicht so eine Geborgenheit bietet", sagt er.
Bis vor zwei Jahren gab es in Essenheim noch zwei Sportvereine. Jetzt haben sie sich zusammengeschlossen. Ohnehin haben sie unterschiedliche Sportarten abgedeckt. Jetzt ist es auch mit der Verwaltung einfacher. Und es ist klar: Geht man in Essenheim zum Sportverein, dann ist es die Spielvereinigung. Hier treffen die Kinder ihre Freunde aus Kindergarten oder Schule, viele Erwachsene engagieren sich ehrenamtlich als Trainer oder bei Festen. Das verbindet.
Mehr Mitglieder während Corona-Pandemie in Essenheim
Selbst in der Coronazeit hatte der Sportverein ein ordentliches Plus an Mitgliedern gemacht. "Die Leute haben sich wieder auf Freizeitmöglichkeiten in ihrer unmittelbaren Umgebung besonnen", sagt Jürgen Kolb. Es sei schwer gewesen, aber mit ihren Hygienekonzepten hätten sie es hinbekommen, den Betrieb aufrecht zu erhalten. Seitdem sei die Zahl der Mitglieder ungefähr gleich geblieben.
Insgesamt: Massiver Mitgliederschwund in Vereinen während Corona
Ein kompletter Gegensatz zu den Sportvereinen in der Stadt: Denn insgesamt und gerade in städtischen Gebieten gingen nach Angaben des Sportbunds Rheinhessen die Mitgliederzahlen während Corona massiv zurück. Die üblichen Vereinsaustritte konnten nicht durch neue Mitglieder ausgeglichen werden - kaum jemand habe sich bei einem Sportverein angemeldet, sagt Alexander Beuerle, Leiter der Geschäftsstelle des Rheinhessischen Sportbunds in Mainz.
Zuschuss vom Sportbund Rheinhessen für neue Vereinsmitglieder
Seit 2022 verläuft der Trend wieder in eine positive Richtung - und im vergangenen Jahr kamen nun so viele neue Mitglieder wie noch nie. "Jetzt, nach dem Ende der Corona-Pandemie, haben es offensichtlich viele nachgeholt, in einen Verein einzutreten", vermutet Beuerle.
Der Sportbund Rheinhessen hat auch massiv Werbung gemacht. Mit der sogenannten "Comeback-Kampagne" hat er jeden Verein mit 15 Euro pro neuem Mitglied bezuschusst. Außerdem gab es bis zu 500 Euro, um neue Übungsleiterinnen und -leiter auszubilden. Zusätzlich hat der Sportbund nach eigenen Angaben noch 1.000 Mal 1.000 Euro für Vereinsaktionen ausgegeben, um Mitglieder zu gewinnen oder an den Verein zu binden.
Kampagne in Rheinhessen lockt neue Mitglieder zum Sport
Erst Ende vergangenen Jahres ist die Kampagne ausgelaufen - und sie hat offensichtlich Früchte getragen. "Die Freude über den Erfolg ist sehr groß," sagt Beuerle. "Aber das Lob gebührt denjenigen, die die Arbeit vor Ort machen." Besonders in den Städten seien viele neue Mitglieder dazugekommen. Denn hier würden viele Vereine hauptamtlich geführt. Außerdem zögen mehr Menschen in die Städte als aufs Land.
Insgesamt gehe der Trend zu größeren Vereinen, sagt Alexander Beuerle vom Sportbund Rheinhessen. Vereine wie in Essenheim schließen sich zusammen, oder städtische Vereine gliedern kleine Vereine aus umliegenden Orten bei sich ein. Deswegen hat auch die Zahl der Vereine insgesamt abgenommen.
Viele neue Mainz 05-Fans
Die Zahl der aktiven und passiven Vereinsmitglieder wird übrigens nicht getrennt erhoben. Beuerle geht davon aus, dass die meisten aktiv Sport treiben. Aber: Von den mehr als 10.000 Neumitgliedern im vergangenen Jahr sind knapp 3.800 zum 1. FSV Mainz 05 gegangen. Der Verein bietet zwar auch Breitensport an, aber einige davon sind vermutlich einfach Fußballfans.