Es gibt einen großen Gewinner in diesem Jahr: der Riesling. Die Rebsorte kann die aktuellen klimatischen Bedingungen in Rheinhessen sehr gut verkraften und hat deshalb geschmacklich einiges zu bieten. Dieses Fazit ziehen die rheinhessischen Winzer bei der traditionellen Herbstvesper in Oppenheim. Es gibt allerdings auch Verlierer.
Rebsorten Silvaner und Portugieser vor dem Aus
Rebsorten wie Silvaner und Portugieser vertragen die langen und trockenen Sommer nicht mehr. Ihre Tage sind wohl gezählt, sie dürften künftig hier nicht mehr angebaut werden. Dafür treten Rebsorten in den Vordergrund, die man bisher nur aus dem südeuropäischen Raum kannte. Merlot und Cabernet sind gewappnet gegen Hitze und Trockenheit und bekommen so zusätzliche Rebflächen.
Wasserreservoirs könnten Winzern in Dürrezeiten helfen
Die Klimaproblematik hat inzwischen zu einem Umdenken geführt, speziell die Trockenheit. "Wir müssen uns ernsthaft Gedanken darüber machen, ob wir künftig Wasser-Reservoirs anlegen, um Weinberge auch in Dürrezeiten bewässern zu können", sagt Wolfgang Trautwein von der Schutzgemeinschaft Rheinhessen. Zustimmung erntet er bei Winzer Stefan Braunewell, der neue Wege geht: "Wir pflanzen inzwischen auch schon mal im Herbst statt im Frühjahr an, um die Winterfeuchte zu nutzen."
Wetterkapriolen zwingen zur Turboernte
Die Wetterkapriolen im August und September mit anfänglich viel Regen, späterer Hitze und Hagelunwettern hat die Winzer zu einer Turboernte gezwungen. Statt sonst üblicher 30 Arbeitstage blieben den Winzern diesmal nur 24 Tage, um die Beeren vor dem Verfaulen zu lesen. Das Schwierige daran: Zum einen wurden fast alle Rebsorten gleichzeitig gelesen und mussten maschinell verarbeitet werden. Das führte zu einem Engpass bei Maschinen und Fässern. Zum anderen mussten früher als sonst alle ausländischen Saisonarbeitskräfte gleichzeitig nach Rheinhessen kommen.
Erstmals seit 2014 wieder extremer Befall durch Kirschessigfliege
Zum ersten Mal seit neun Jahren haben die Winzer in Rheinhessen in diesem Jahr auch wieder mit der Kirchessigfliege zu kämpfen gehabt. Sie befiel vor allem die Dornfelder-Reben und hätte die Lese innerhalb von einer Woche komplett vernichtet, wenn die Winzer nicht quasi notgelesen hätten. Die Verluste seien trotzdem immens.
Weniger rheinhessische Weine werden exportiert
Schwierig gestaltet sich auch der Exportmarkt. Rund ein Fünftel der rheinhessischen Weine werden ins Ausland verkauft. Obwohl zwischen Juli 2022 und Juli 2023 2,6 Prozent weniger Weine verkauft wurden, stieg der Erlös um 4,7 Prozent. Die rheinhessischen Weine sind also teurer verkauft worden.
Allen Widerständen zum Trotz hoffen die rheinhessischen Winzer, dass der qualitativ sehr gute Jahrgang 2022 auch reichlich getrunken wird. Zwar trinken vor allem junge Menschen immer weniger Wein, die Talsohle der Corona-Jahre, in denen generell weniger Wein konsumiert wurde, hofft man aber durchschritten zu haben.