Gleich zu Beginn des Prozesses wurde es sehr emotional. Als der Angeklagte in den Gerichtssaal geführt wurde, rief eine der Nebenklägerinnen auf englischer Sprache mehrfach unter Tränen: "Er hat meinen Bruder getötet!" Der Angeklagte stammt aus Ghana. Er wollte sich vor Gericht nicht zu der Tat äußern. Auch bei den Polizeivernehmungen zuvor hatte er keine Angaben gemacht.
Angeklagter besuchte Freundin in Flüchtlingsunterkunft
Laut Anklage war der Mann am 28. Oktober 2022 in die Flüchtlingsunterkunft in Mainz-Kastel gekommen, um seine Freundin zu besuchen. Sie wohnte dort mit ihren zwei Kindern - vom jüngeren Kind soll der Mann der Vater gewesen sein. Wie Staatsanwältin Sabine Kolb-Schlotter im Prozess berichtete, teilte sich die Frau die Wohnung in der Flüchtlingsunterkunft mit einem Ehepaar aus Kamerun. Der Angeklagte habe an dem Abend an die Zimmertür des Ehepaares geklopft und den Mann um Hilfe gebeten: Er habe Probleme mit dem Internet.
Opfer war dem Angriff wehrlos ausgeliefert
Als dieser ihm in das andere Zimmer folgte, um dem 40-Jährigen zu helfen, stach er nach Angaben der Staatsanwältin direkt und ohne Anlass mit einem Messer auf ihn ein - insgesamt sechsmal. Dabei habe er unter anderem die Lunge, das Herz und die Leber verletzt, woran der Mann noch vor Ort gestorben sei. Laut Staatsanwaltschaft war das Opfer dem Angriff wehrlos ausgeliefert. Deshalb muss sich der Angeklagte unter anderem wegen Mordes vor dem Wiesbadener Landgericht verantworten.
Täter sticht auf zwei Frauen ein - Schwangere verliert Baby
Nach dem Angriff auf den Mann habe der 40-Jährige auch seine Freundin und die schwangere Ehefrau des anderen Mannes mit dem Messer angegriffen und schwer verletzt. Die beiden Frauen überlebten laut Anklage nur durch Not-Operationen. Die schwangere Frau habe jedoch ihr Baby verloren. Warum der mutmaßliche Täter seine Freundin und das Ehepaar angegriffen hat, ist nach wie vor völlig unklar.
Angeklagter berichtet von Flucht nach Deutschland
Vor dem Landgericht beantwortete der Angeklagte beim Prozessauftakt nur Fragen zu seiner Person, nicht zur Tat. Er erzählte unter anderem sehr nüchtern , wie er aus Ghana geflohen war, weil dort die Lebensbedingungen nicht gut gewesen seien. Auf der Flucht übers Mittelmeer nach Italien sei er Zeuge geworden, wie mehrere Menschen ertranken. In Schweden sei ein Asylantrag von ihm abgewiesen worden.
Gelegenheitsjobs unter falschem Namen
In Deutschland habe er gar keinen Asylantrag gestellt und sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser gehalten, die er unter falschem Namen ausgeübt habe. Ihm sei bewusst gewesen, dass das falsch sei, sagte er auf Nachfrage der Richterin. Schuld seien aber die Menschen, die ihm die falschen Pässe gegeben hätten.
In dem Mordprozess sind elf weitere Verhandlungstage angesetzt. Sollte der Angeklagte wegen Mordes verurteilt werden, droht ihm eine lebenslange Haftstrafe.