Polizisten müssen sich im Dienst viele Beleidigungen und Bedrohungen anhören. Ein Kommissar und eine Kommissarin aus Mainz erzählen von ihrem Alltag und wo für sie die Grenzen sind.

"Arschloch oder Drecksbulle sind Standard"

Polizei in Mainz wird immer häufiger beleidigt

Stand
Autor/in
Judith Seitz

Polizisten müssen sich im Dienst viele Beleidigungen und Bedrohungen anhören. Ein Kommissar und eine Kommissarin aus Mainz erzählen von ihrem Alltag und wo für sie die Grenzen sind.

Es ist der Polizeibericht einer ganz normalen Schicht der vergangenen Woche im Bereich des Polizeipräsidiums Mainz: Zuerst werden Rettungsdienst und Polizeibeamte als "dumme Kühe und dumme Bullen" beschimpft. Bei einem anderen Einsatz kommen noch deutlich deftigere Beleidigungen: "Hure, Schlampe, Fotze, Wichser" - einmal quer durchs Schimpfwörterbuch.

Im Mainzer Dom randaliert ein Mann und wird von der Polizei abgeführt. Trotz angelegter Handschellen wehrt er sich, beleidigt und verletzt Polizeikräfte. Dann werden die Beamten bei einem weiteren Einsatz von einer Frau angeschrien: "Erschießt mich doch endlich!"

Kriminalkommissarin Jennifer Otto und Polizeikommissar René Vroomen vor dem Polizeipräsidium Mainz
Kriminalkommissarin Jennifer Otto und Polizeikommissar René Vroomen vor dem Polizeipräsidium Mainz: Bei Rassismusvorwürfen ist die Grenze erreicht.

Anfeindungen nehmen zu

Kriminalkommissarin Jennifer Otto macht ihren Job seit knapp zehn Jahren. Die 32-Jährige ist im Einsatz, wenn es um mittelschwere bis schwere Kriminalität geht: Vergewaltigung, Mord, Totschlag. Und sie ist Bundesjugendvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP).

In der Gewerkschaft beobachte man die Zunahme von mangelndem Respekt gegenüber Polizistinnen und Polizisten. Das mache ihnen Sorgen. Auffällig sei auch, dass die Beleidigungen fast immer im Zusammenhang mit Alkohol fallen. Nüchtern würden die Beamten selten angegangen.

Bei Rassismusvorwürfen ist die Grenze erreicht

Polizeikommissar René Vroomen kennt die Beleidigungen gegen ihn und Kollegen nur zu gut. "Arschloch" oder "Drecksbulle" seien die gängigen Sachen, die einem um die Ohren flögen. Für ihn sei die persönliche Grenze überschritten, wenn ihm Rassismus vorgeworfen werde. "Oder dass ich als Nazi betitelt werde."

Dann erstatte er auch Strafanzeige wegen Beleidigung. Meistens versuche er aber einfach, die Situation zu deeskalieren. Freundlichkeit helfe da besonders gut. Jemandem, der pöbelt, antworte er einfach: "Mir geht es gut. Wie geht es Ihnen?" Das wirke oft Wunder, so der 29-Jährige.

ACAB: Beleidigung an der Hauswand

Neben den vielen verbalen Beleidigungen und Pöbeleien gegen die Polizei gibt es für Jennifer Otto und René Vroomen noch eine Sache, die sie fast täglich ärgert: Der Schriftzug "ACAB", der an vielen Wänden, Stromkästen oder in Unterführungen prangt. Die Buchstaben sind die Abkürzung für "All cops are bastards" (englisch für "Alle Polizisten sind Bastarde").

An einer Wand steht der Schriftzug "All cops are bastards", mit dem Polizisten beleidigt werden
"All cops are bastards" - dieser Spruch ärgert die Polizisten aus Mainz maßlos.

Jedes Mal, wenn er auf dem Heimweg von der Arbeit sei, lese er mindestens zehn Mal das Wort ACAB, erzählt Vroomen. Das mache was mit ihm. "Wenn ich Bäcker bin, wenn ich Verkäufer bin, steht nicht überall 'Ich hasse alle Bäcker' oder 'Ich hasse alle Fachverkäuferinnen'."

Ihm und seiner Kollegin ist aber wichtig, dass es nur ein kleiner Teil der Bevölkerung sei, der sich so offensiv gegen die Polizei stelle.

Bei "Ja, Herr Wachtmeister" muss Vroomen lachen

Und dann gibt es noch Beledigungen, über die die beiden nur schmunzeln können. Jennifer Otto wurde einmal vorgeworfen, sie sei ja "nur" Polizistin. Da habe sie gedacht: "Ich weiß gar nicht, wie du mich da jetzt beleidigen willst, dass ich meinen Traumjob machen darf."

René Vroomen erlebt häufig, dass jemand mit den Worten "Ja, Herr Wachtmeister" auf ihn reagiert. Dabei gebe es bei der Polizei nur noch Kommissare. Wachtmeister hätten längst ausgedient.

"Das ist meistens ganz süß, dass jemand versucht, einen auf diese Weise zu diskreditieren und man nimmt es einfach nur mit Humor."

Manchem Pöbler seien seine Beleidigungen im Nachhinein auch sichtlich peinlich, so Vroomen. Die kämen dann auf die Wache und entschuldigten sich. Manchmal auch mit einer Tafel Schokolade.

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