Seit gut einer Woche ist die Binger Straße in Mainz, eine der Hauptverkehrsachsen, stadteinwärts gesperrt. Dadurch kommt es immer wieder zu Staus und Verkehrschaos, vor allem auf den Umleitungsstrecken. Offenbar schreckt das viele Menschen ab, die von außerhalb mit dem Auto in die Innenstadt fahren wollen, um dort einzukaufen.
Eine aktuelle, nicht repräsentative, Umfrage vom Verein "Mainz City Management" unter Händlerinnen und Händlern hat ergeben, dass mindestens zehn Prozent der Kunden weg bleiben. Der Juwelier Jan Sebastian macht dafür die Baustellen in Mainz verantwortlich. "Ich habe kaum noch Kunden aus dem Mainzer Umland", klagt er.
Er erlebe seit 2017 Baustelle um Baustelle rund um den Schillerplatz. Dort hat er sein Geschäft. "In den sieben Jahren habe ich eine Million Euro an Umsatz eingebüßt", rechnet Sebastian vor. Die Zahl seiner Mitarbeiter ist von 17 auf 9 geschrumpft. "Wenn ich nicht in meinem eigenen Gebäude sitzen würde, würde es mich nicht mehr geben."
Verein "Unser Mainz in Rheinhessen" fordert Baustellen-Marketing
Der Verein "Unser Mainz in Rheinhessen" will sich für den Einzelhandel einsetzen. "Wir sind nicht gegen die Baustellen. Aber der Verkehr muss laufen", fordert Vorsitzender Thomas Klann. Von der Stadt fordert der Verein ein Baustellen-Marketing. Der Einzelhandel müsse die Verkehrssituation der Kundschaft erklären. Das sei schwierig, wenn die Stadt zu wenig und zu spät kommuniziere.
Das neue Parkleitsystem sei zwar hilfreich, "es braucht aber ein Verkehrsleitsystem", macht der Co-Vorsitzende Ulrich Drechsler deutlich. Es müsse sich für die Kunden lohnen, in die Stadt zu fahren. Aktuell würden aber Autofahrende aus der Stadt gedrängt.
Verkehrsdezernentin Steinkrüger will Baustellen besser kommunizieren
Die Mainzer Verkehrsdezernentin Janina Steinkrüger (Grüne) gelobt Besserung. Man werde sich bald zusammensetzen, um ein Baustellenmarketing zu fördern. "Wir haben Verkehrslenker, aber keine Kommunikatoren", gibt Steinkrüger zu.
Dass nun fast zeitgleich drei Baustellen (neben der Binger Straße auch die Windmühlenstraße und die Salvatorstraße) den Verkehr behindern, sei nicht zu ändern. Allerdings müsse die Stadt besser kommunizieren.
Polizei soll Münsterplatz für ÖPNV freihalten
Kurzfristig verspricht die Verkehrsdezernentin auch Abhilfe für das zeitweise Verkehrschaos rund um den Münsterplatz. Die viel befahrene Kreuzung wird immer wieder von Autos blockiert. Bussen und Straßenbahnen würden sich bis auf die Kaiserstraße zurückstauen, wo sie ihrerseits wieder den Verkehr blockieren.
"Wir werden in Kürze (nach der Bombenentschärfung, d. Red.) die Polizei um Amtshilfe bitten, damit die Kreuzung freigehalten wird." Diese Regelung soll vorübergehend sein, in der Hoffnung, dass sich der Verkehr mittelfristig andere Wege sucht. Die Binger Straße wird noch bis Ende nächsten Jahres gesperrt sein.