Das Ehrenamtsprojekt „Rhein-Selz-Gefährten“ wird von den Bürgerinnen und Bürgern in der Region sehr gut angenommen.  (Foto: SWR, Vanessa Siemers)

Ehrenamtsprojekt 

"Einsam oder sozial isoliert" - Rhein-Selz-Gefährten helfen

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Vanessa Siemers

Brunhilde Seemann ist stolze 87 Jahre alt. Kochen und aufräumen, das kann sie noch allein. Was ihr aber lange Zeit fehlte: jemand zum Reden. Dank des Ehrenamtsprojektes Rhein-Selz-Gefährten hat sich das nun geändert.

Der rüstigen Seniorin aus Dolgesheim (Landkreis Mainz-Bingen) ist die Freude richtig anzusehen. Es kommt nicht oft vor, dass sie Besuch hat, denn die 87-Jährige lebt schon längere Zeit allein. Da sie nicht mehr gut sieht, kann sie ihre Wohnung eigenständig nicht mehr verlassen. Ein kleiner Spaziergang oder ein Besuch des Seniorennachmittages: Ohne fremde Hilfe ist das unmöglich.

Seit es das Ehrenamtsprojekt Rhein-Selz-Gefährten gibt, hat sich im Leben der Seniorin aber einiges verändert. Seit August bekommt sie jeden Dienstag Besuch von Stephanie Albrecht. Sie ist eine sogenannte "Zeitschenkerin", die sich seit einigen Monaten in dem Ehrenamtsprojekt "Rhein-Selz-Gefährten" engagiert.

"Man investiert nur ein wenig Zeit, bekommt dafür aber so viel Freude zurück. Und ich denke, die meisten Menschen haben mal ein oder zwei Stunden übrig, um jemandem eine Freude zu machen."

Ehrenamtliche der Rhein-Selz-Gefährten verschenken Zeit

Die Rhein-Selz-Gefährten sind ein gemeinsames Projekt der Verbandsgemeinde Rhein-Selz und des Pflegestützpunktes Oppenheim. Das Konzept dahinter ist ganz einfach: Auf der einen Seite gibt es diejenigen, die Zeit verschenken und auf der anderen Seite die Menschen, die sich über diese Zeit freuen. Dabei bekommt jeder Zeitschenker eine Person zugeteilt, um die er sich kümmert. "Was die Pärchen dann zusammen unternehmen, bleibt ihnen überlassen", sagt Ulrike Franz, eine der Projektkoordinatorinnen.

So gibt es beispielsweise Menschen, die sich darüber freuen, wenn man mit ihnen Karten spielt oder einen längeren Einkaufsbummel unternimmt. Und dann gibt es auch viele, vor allem Ältere, die einfach nur froh sind, wenn sie sich mal wieder mit jemandem unterhalten können.

Hinter jeder Ecke wartet eine andere Geschichte

So ist es auch bei Brunhilde Seemann. Erst seit Stephanie Albrecht jede Woche vorbeikommt, kann die Seniorin wieder durch ihren Heimatort spazieren. Und das tut ihr richtig gut. Fast hinter jeder Ecke hat sie eine neue Geschichte zu erzählen und ab und zu trifft sie sogar noch Bekannte.

"Ich freue mich jedes Mal, wenn sie kommt. Wir gehen dann zusammen spazieren, waren sogar schon mal zusammen im Hofladen nebenan und wir erzählen auch viel, zum Beispiel über meine Kindheit."

Auch Stephanie Albrecht ist froh, dass sie die Seniorin durch das Ehrenamtsprojekt kennengelernt hat. Durch die gemeinsame Zeit hat sich zwischen den beiden Frauen eine richtige Freundschaft entwickelt. Und die möchten beide auch nicht mehr missen.

Die Zeitschenkerin Stephanie Albrecht liest Brunhilde Seemann etwas vor. Die Seniorin sieht nicht mehr gut und freut sich über die Abwechslung. (Foto: SWR, Vanessa Siemers)
Die Zeitschenkerin Stephanie Albrecht liest Brunhilde Seemann etwas vor. Die Seniorin sieht nicht mehr gut und freut sich über die Abwechslung.

Knapp 30 Ehrenamtliche engagieren sich bei Rhein-Selz-Gefährten

Momentan engagieren sich knapp 30 Zeitschenker bei den Rhein-Selz-Gefährten. Wie Projektkoordinatorin Ulrike Franz noch einmal betont, dürfe das Projekt jedoch nicht mit anderen Angeboten verwechselt werden. Bei den Rhein-Selz-Gefährten ginge es darum, soziale Nähe zu schaffen. Wöchentliche Einkaufstouren, Unterstützungsleistungen im Haushalt oder andere Dienstleistungen würden nicht in den Bereich des Ehrenamtsprojektes fallen.

Bis jetzt hätten sich vor allem ältere Menschen bei ihnen gemeldet. Dabei richte sich ihr Angebot auch an Jüngere und an Familien. Auch dort gebe es Menschen, die sich einsam fühlten und die sich über Besuch sehr freuten.

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