Älteren Mainzerinnen und Mainzern ist der 23. Februar 2005 noch gut in Erinnerung: In der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt gingen Scharfschützen in Stellung, 1.300 Kanaldeckel mussten zugeschweißt werden, Innenstadt-Bewohner durften ihre Balkone nicht mehr betreten und alle Kinder bekamen schulfrei.
Verursacher des beispiellosen Ausnahmezustands war der damalige US-Staatschef George W. Bush, der auf dem Weg zwischen zwei Gipfeltreffen einen Zwischenstopp in Deutschland einlegte. Den nutzte er auch für einen kurzen Besuch im Mainzer Gutenberg-Museum.
Mit einer kleinen Sonderausstellung "Hotspot Gutenberg-Museum - Hoher Besuch in Rheinland-Pfalz" erinnert das "Weltmuseum der Druckkunst" jetzt an seine prominenten Gäste und erzählt ausgewählte Geschichten hinter den Gästebucheinträgen.
Gästebucheinträge werden interaktiv ausgestellt
An Prominenten herrschte in dem 1962 eröffneten Museumsbau nämlich kein Mangel. Michail Gorbatschow war da, Angela Merkel sowieso und gerade erst das belgische Königspaar. Im Zentrum der Schau steht eine interaktive, digitalisierte Version des VIP-Gästebuchs. "Die Ausstellung ist auch ein wichtiger Beitrag, um unsere Landesgeschichte zu erzählen", sagt Museumsdirektor Ulf Sölter.
So verweist das Gutenberg-Museum stolz auf den Besuch von Valentina "Vava" Chagall, der Ehefrau von Marc Chagall. Der Künstler hatte die heute weltberühmten Glasfenster für die Mainzer Stephanskirche entworfen, konnte das Ergebnis seiner Arbeit aber aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr persönlich in Augenschein nehmen.
Die Queen besuchte die Druckerwerkstatt 1978
Legendär ist auch die Rheinland-Pfalz-Visite der britischen Königin Elisabeth II. und ihres Mannes, Prinz Philipp, denen 1978 bei ihrer Fahrt durch das Stadtzentrum im strömenden Regen Tausende Schaulustige zujubelten.
Der damalige Oberbürgermeister Jockel Fuchs (SPD) hatte wohl während der Museumsführung sein vorbereitetes Manuskript verlegt, sodass er den blaublütigen Ehrengästen schließlich in einer eigentümlichen Mischung aus Englisch, Deutsch und Mainzer Dialekt den legendären Satz zuraunte:
New Yorker Antiquar brachte Gutenberg-Bibel nach Mainz
Die Kuratorin Anett Göthe lenkt die Aufmerksamkeit aber auch auf Besucher, die zwar der allgemeinen Öffentlichkeit kaum bekannt sind, aber dennoch sehr wichtig für das Museum waren. Dazu gehört etwa der New Yorker Antiquar Hans Peter Kraus (1907-1988), der 1978 eine von Gutenberg gedruckte Bibel an die Stadt Mainz verkauft hatte - für den vergleichsweise günstigen Preis von 3,6 Millionen DM.
Heute ist die Gutenberg-Bibel eines der Prunkstücke des Museums. "Er hatte die Idee, dass die Gutenberg-Bibel wieder an den Ort des Ursprungs zurückkehrt", erklärt Kuratorin Göthe.
Ausstellung läuft bis Juni 2023
Die Ausstellung kann bis zum 4. Juni nächsten Jahres besucht werden. Es ist die letzte im 60 Jahre alten Hauptgebäude des Gutenberg-Museums, bevor die Vorbereitungen für den zeitweiligen Umzug ins Naturhistorische Museum beginnen. Denn in etwa einem Jahr soll das Museum abgerissen werden und Platz für einen Neubau machen.
"Dieses Gästebuch wurde 1962 aufgeschlagen", sagt Museumsdirektor Ulf Sölter. "Das Kapitel schlagen wir nächstes Jahr zu, dann schließen wir auch dieses Buch." Denn mit dem Neubau werde es auch ein neues Gästebuch geben.