Äcker und Felder

EU entscheidet über weitere Zulassung

Weiter so mit Glyphosat in der Pfalz - oder Schluss damit?

Stand
AUTOR/IN
Irmgard Reißinger

Die EU entscheidet ab Donnerstag über die weitere Zulassung von Glyphosat. Was sagen Landwirte aus der Region und ein Landauer Umweltexperte darüber, wie sich die Chemikalie auf Gesundheit und Artenvielfalt auswirkt?

Glyphosat tötet jede Pflanze, die nicht gentechnisch verändert wurde. Auch vielen Pfälzer Landwirten und Winzern hilft das Spritzmittel, schnell und ohne großen Aufwand lästige Gräser und andere "Unkräuter" loszuwerden. Die EU-Kommission empfahl im September den Mitgliedsstaaten, Glyphosat für zehn weitere Jahre zuzulassen. Am Donnerstag oder Freitag wird in Brüssel eine Entscheidung darüber erwartet. Normalerweise würde die Zulassung von Glyphosat des Chemiekonzerns Bayer Mitte Dezember auslaufen. Weitere Studien, die untersucht haben, ob der Wirkstoff zum Beispiel gesundheitsschädlich ist, sind bisher nicht ausgewertet.

Wie sehr sind die Äcker und Felder der Pfalz von Glyphosat betroffen?
Felder von oben in der Pfalz

Pro Glyphosat: Chemikalien ermöglichen eine gute Ernte

Obstbauer Jürgen Hass aus Böhl-Iggelheim (Rhein-Pfalz-Kreis) sagt: "Glyphosat ist nicht das größte Problem." Er spritze damit in seinen Obstplantagen nur schmale Streifen unter den Bäumen, damit die Gräser den Bäumen nicht das wenige Regenwasser wegnehmen. Gleichzeitig fördere und erhalte er in direkter Nachbarschaft den Lebensraum gefährdeter Wildbienen, die seine Blüten bestäuben. Jürgen Hass beklagt: Existenzbedrohend sei für ihn und andere Landwirte, dass derzeit immer mehr Spritzmittel gegen Blattkrankheiten und Schädlinge verboten werden. Der Vorsitzende des Arbeitskreises Erwerbs-Obstbau will deshalb seinen eigenen Betrieb in den nächsten Jahren aufgeben.

Wir sollten den Einsatz von Glyphosat nur auf notwendige Anwendungen reduzieren.

Glyphosat werde in Deutschland nicht in so großen Mengen eingesetzt, wie zum Beispiel in den USA, sagt der rheinland-pfälzische Präsident des Bauern- und Winzerverbandes Eberhard Hartelt. Das Herbizid sei jedoch das beste Mittel gegen schwer bekämpfbare Unkräuter wie Trespe, Weidegras und Quecke. Vor der Aussaat – damit die Feldfrüchte ohne Konkurrenz gut wachsen können und manchmal auch nach der Ernte, wenn die Äcker wie im Herbst 2022 zu nass sind, um das Feld mechanisch zu bearbeiten. Und auch in Steillagen im Weinbau gehe es oft nicht anders, sagt Bauernpräsident Hartelt. Dort könne man nicht den Boden auflockern und das Unkraut weghacken, weil der nächste Starkregen dann alles wegschwemme.

Wie sehr sind die Äcker und Felder der Pfalz von Glyphosat betroffen?
Wie sehr schadet Glyphosat den Äckern und Feldern in der Pfalz?

Contra Glyphosat: Chemikalien belasten die Umwelt

Umweltwissenschaftler Prof. Dr. Carsten Brühl von der TU Kaiserslautern-Landau mahnt bei der Diskussion um das Totalherbizid Glyphosat: "Wir haben nicht mehr viel Zeit, zu handeln."

Bei Bodenuntersuchungen in der Pfalz und in ganz Deutschland habe sein Landauer Institut für Umweltwissenschaften auf Ackerflächen und in Weinbergen Rückstände von 20 bis 30 verschiedenen Pestiziden gefunden. Viele der Chemikalien seien aber inzwischen auch durch Wind und andere Einflüsse auch auf anderen Böden nachzuweisen. Bienen kämen auf Wiesen mit diesen Chemikalien in Kontakt, auch im Boden lebende Regenwürmer oder Mikroorganismen. Wie sich diese Chemikalien auf Mensch und Tier auswirken, habe bisher niemand erforscht. Dafür sei es jetzt auch schon zu spät.        

Wir haben nicht mehr viel Zeit. Pestizide müssen schnell reduziert werden, nicht nur Glyphosat.

In den vergangenen 27 Jahren sei die Masse fliegender Insekten um drei Viertel zurückgegangen, sagt der Umweltwissenschaftler: "Wir haben auf keinen Fall mehr Zeit, nochmal 27 Jahre lang zu erforschen, ob es jetzt irgendwelche Interaktionen im niedrig dosierten Bereich gibt, also chemischer Rückstände, denn wir haben über 280 Wirkstoffe, die ausgebracht werden können."

Rat des Experten: Großflächiger Test-Ökoanbau auch in der Pfalz

Der Experte von der Uni Landau schlägt Modellregionen vor, die testen, wie sich ökologische Landwirtschaft auf größeren Flächen auf Umwelt und Ernte auswirken würde. Dafür geeignet sei – direkt vor seiner Haustür – zum Beispiel Landau als größte weinbaubetreibende Gemeinde Deutschlands.

Was ist Glyphosat?

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