"Irgendwie werden wir das dieses Jahr schon feiern." So richtig weiß Viktoria Holub noch nicht, wie sie mit ihrem ersten Weihnachtsfest in Deutschland umgehen soll. Die 26-Jährige ist kurz nach Beginn des Krieges mit ihrem Mann und ihrem dreijährigen Sohn nach Landau gekommen. Ihre kleine Schwester und ihre Mutter musste sie in der Ukraine zurücklassen.
Erinnerungen an Weihnachten in der Ukraine
Mit leuchtenden Augen erzählt sie von ihren letzten Weihnachtsfesten in der Ukraine. "Wir haben am Heiligen Abend immer den ganzen Tag gefastet und erst abends die zwölf Fastenspeisen gegessen. Da war dann die ganze Familie dabei, auch Eltern und Großeltern. Am nächsten Tag haben wir zusammen Weihnachtslieder gesungen und waren in der Kirche."
Dieses Jahr möchte die junge Familie zu Weihnachten unter sich bleiben. Nur ein Onkel, der in Italien lebt, kommt zu Besuch.
Zwei Mal Weihnachten feiern
Die zwölf Fastenspeisen möchte Viktoria Holub aber auch dieses Jahr zubereiten. Und für ihren kleinen Sohn möchten die Eltern zumindest versuchen, festliche Stimmung zu erzeugen.
Ihre neuen Nachbarn in Landau würden der Familie dabei helfen, sagt Viktoria Holub. Sie hätten der Familie schon einen Adventskranz und dem kleinen Nazar einen Adventskalender geschenkt. So kämen sie mit deutschen Traditionen in Kontakt, die sie bisher nur aus Büchern kannten, sagt Holub.
Und deswegen werden sie dieses Jahr auch am 24. Dezember feiern. Eigentlich feiert man in der Ukraine nach unserem Kalender am 6. und 7. Januar. In den letzten Jahren hat sich die Ukrainische-Orthodoxe Kirche allerdings schon offen dafür gezeigt, den Termin zu verschieben. Seit 2017 ist der 25. Dezember unseres Kalenders auch in der Ukraine ein Feiertag. Trotzdem wollen die Holubs am 6. Januar noch einmal feiern.
Der ursprüngliche Sinn von Weihnachten
Dann wollen sie auch in die Kirche gehen. "Wir hoffen, dass es mit der Geburt Christi auch in der Ukraine schnell Frieden gibt", sagt Viktoria Holub. Es sei ihr wichtig, in die Kirche zu gehen, weil sie hier den eigentlichen Sinn des Weihnachtsfests spüre.
Sie sei sehr froh, dass es in Mannheim eine ukrainisch-katholische Gemeinde gebe. Pfarrer Andriy Chmyr ist schon ein halbes Jahr vor dem Krieg nach Deutschland gekommen und hält seit Mai jeden Sonntag einen Gottesdienst. Er glaubt, dass die meisten ukrainischen Geflüchteten dieses Jahr Weihnachten eher innerlich spüren und nicht groß feiern wollen.
Zu ihm kämen viele Menschen, die fragen würden, warum Gott das alles zugelassen hat. Das könne er natürlich nicht beantworten. "Was ich den Menschen dieses Jahr mitgeben möchte, ist: Jesus Christus ist da draußen geboren. Und auch in unseren Herzen", sagt Chmyr.
Obwohl es den Holubs wichtig ist, mit ihren Landsleuten zusammen zu sein, kann sich die Familie auch vorstellen, am 24. Dezember in einen römisch-katholischen Gottesdienst zu gehen. "Der Sinn des Festes ist überall der gleiche", sagt Viktoria Holub. "Natürlich wollen wir auch wissen: Wie wird das hier gefeiert?"
Mehrere katholische Gemeinden in der Pfalz veranstalten auch besondere Weihnachts-Aktionen für Ukrainer. Das Bistum Speyer hat bereits eine Nikolausfeier mit ukrainischen Liedern veranstaltet. Und am 29. Dezember, also zwischen den deutschen und den ukrainischen Weihnachtstagen gibt es in Germersheim ein Weihnachtscafé für Ukrainer. In Landau gab es eine Weihnachtsfeier, bei der auch Geschenke an Geflüchtete verteilt wurden.
Die Holubs sind froh, dass die Menschen in Deutschland hilfsbereit sind. Auch über das Interesse an ukrainischen Traditionen zu Weihnachten freuten sie sich, sagt Viktoria Holub. Trotzdem hofft sie, dass dieses Weihnachten das letzte Fest ist, an dem es einen Krieg in ihrem Land gibt. "Wenn der Krieg vorbei ist, werden alle Feste so gefeiert, dass die Leute wieder mehr Freude bekommen."