Fragen an Beratungsstellen in der Pfalz

Häusliche Gewalt: Warum steigt die Zahl der Gewalttaten an Frauen in der Pfalz?

Stand
Autor/in
Nicoletta Prevete
Sebastian Barth
Autor Sebastian Barth

Am Freitag wird die Statistik sämtlicher Landeskriminalämter zu häuslicher Gewalt in Berlin vorgestellt. Noch immer steigen die Zahlen - auch in Rheinland-Pfalz. Woran liegt das?

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) stellen die Statistik für 2023 gemeinsam mit dem Bundeskriminalamt (BKA) vor. Danach sind in allen 16 Bundesländern mehr Opfer von häuslicher Gewalt registriert worden. Körperverletzung, Bedrohung, Nötigung und Stalking sind dabei die häufigsten Delikte. Rheinland-Pfalz verzeichnet einen Anstieg von 1,7 Prozent - insgesamt 13.810 Opfer.

Gewalttaten in Beziehungen seit Corona gestiegen

Die Beraterinnen in Frauenhäusern und anderen Beratungseinrichtungen in der Pfalz sind nicht überrascht. Auch sie erleben in der täglichen Arbeit, dass die Situation für Frauen nicht besser wird. Besonders hoch sei der Anstieg in der Coronazeit gewesen, sagt zum Beispiel Amra Rapp-Ibrasimovic. Sie ist die Leiterin des Frauenzentrums in Neustadt. Da habe ein großer Druck in den Familien geherrscht und gleichzeitig hätten im Lockdown Hilfsangebote zurückgefahren werden müssen. Sie und alle Mitarbeiterinnen hatten gehofft, dass die Zahlen nach Corona wieder sinken würden. Aber das Gegenteil sei der Fall.

Gewalt gegen Frauen - Politik handelt nicht

Eigentlich gibt es seit 2011 Europaweit Beschlüsse, das aktiv etwas gegen Gewalt an Frauen unternommen werden muss - die sogenannte Istanbul-Konvention. Bislang geschehe da aber noch viel zu wenig, beklagen auch Beraterinnen aus Ludwigshafen, Speyer oder Landau. Die Frauenhäuser in der Pfalz sind dauerhaft belegt und es gibt lange Wartelisten. Allein das könne sehr schnell geändert werden, wenn es endlich eine gesicherte Finanzierung der Häuser gebe. Es sei beschämend, dass immer noch ein guter Teil des Geldes aus Spenden kommen muss.

Gewalttätige Männer zu wenig in der Verantwortung

Frauen mit gewalttätigen Partnern würden nach wie vor die Hauptlast tragen, wenn sie vor der Entscheidung stehen, so eine Beziehung zu beenden. Am schwierigsten ist das für Frauen mit Kindern, die keinen Job haben. Vielen von ihnen fehlt oft auch ein gutes soziales Netz, dass sie auffängt. Dennoch: Die Frauen müssen aus dem Haus raus, nicht umgekehrt, sagt Beraterin Rapp-Ibrasimovic. Sie müssen sich dann auch um die Kinder kümmern und oft auch noch darum, dass der Mann Umgang mit dem Nachwuchs hat, der ihm von Gesetz her zusteht. Sie plädiert dafür, nach Lösungen zu suchen, wie Frauen weniger Last haben und dass gewalttätige Männer für ihre Taten mehr Verantwortung übernehmen müssen.

Justiz muss schneller werden

Alle Beraterinnen sind sich einig: Dass Gewalttätige Männer schneller und effektiver dazu gebracht werden müssen, ihre Aggressionen in den Griff zu bekommen und zu erkennen, dass ihr Verhalten falsch ist. Gesetze müssten geändert werden, schlägt eine vor. Die Justiz müsse schneller werden, damit Schläger schnell nach einer Tat zu Anti-Aggressionstrainings verdonnert werden können. Das beinhaltet auch, dass es deutlich mehr solcher Beratungen und Trainings für aggressive Männer geben muss.

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