Warme Tage in September und Oktober

Immer weniger Wasser: Die Pfalz trocknet aus

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Autor/in
Janosch Beyer
Porträt von SWR Reporter Janosch Beyer
Leonie Fritz
Porträt Reporterin Leonie Fritz

Es ist Anfang Oktober und die Temperaturen bewegen sich noch über der 20-Grad-Marke. Hinzukommt der ausbleibende Regen. Während der Pfälzerwald und seine Gewässer darunter leiden, freuen sich Landwirte und Winzer.

Der Wald ist zu trocken - und das landesweit. "Die Kiefern sterben, inzwischen trocknen bei uns auch die Buchen in den Kronen aus", erzählt Sebastian Löb vom Forstamt Pfälzer Rheinauen. Das habe viele Gründe, allen voran der fehlende Niederschlag über Jahre hinweg. Und nach dem nassen August hat es auch im September kaum geregnet. Und Regen ist in näherer Zukunft nicht absehbar. Aber auch die Bewässerung gehe an die Wasserreserven.

Es braucht eigentlich wochen- oder monatelangen Dauerregen, damit sich die Grundwasserspiegel wieder normalisieren.

Das macht den Wald angreifbar. Borkenkäfer und Kiefernprachtkäfer befallen die Bäume. Durch Trockenheit und Schädlingsbefall sterben die Bäume und die bleiben dann zunächst im Wald. Das viele Totholz kann in den Wäldern zum Problem werden. "Die Gefahren durch Waldbrände nehmen immer mehr zu", sagt zum Beispiel Petra Burkhart aus dem Forstamt Donnersberg. Der Regen im August habe nur die oberen 40 Zentimeter des Bodens durchnässt, die Wasservorräte seien jetzt wieder aufgebraucht. "Es braucht eigentlich wochen- oder monatelangen Dauerregen, damit sich die Grundwasserspiegel wieder normalisieren", sagt Burkhart.

Abserbende Birke und Kastanien im rhodter Wald
Absterbende Birken und Kastanien im Wald bei Rhodt

Den Dauerregen wünschen sich alle befragten Forstämter. Manche sprechen sogar von fünf Monaten, die nötig seien. Vor allem wie der Regen komme, sei entscheidend. Einen starken kurzen Regen können die Böden im Moment überhaupt nicht speichern. Und alle Forstämter sind sich auch einig: Die Trockenheit trifft inzwischen auch die Laubbäume oder extra robuste Nadelbäume wie die Küstentanne.

Klimawandel sorgt für bessere Anbaubedingungen für den Wein

Doch beim warmen Wetter gibt es auch Profiteure. Der Wein zum Beispiel, der im Rheintal wächst. Die Trockenheit im September sei in diesem Jahr gut für den Wein, die Trauben waren schon reif durch den Regen im August. Und die Erntemaschinen können bei trockenem Wetter besser ernten. Und die Wärme tue dem Wein gut, sagt Jürgen Oberhofer, Gruppenleiter Weinbau beim Diensleistungszentrum ländlicher Raum (DLR) in Neustadt.

"Wir hatten für Wein in Deutschland lange Zeit ein sehr grenzwertiges Klima", sagt der Weinexperte. Oft seien im Winter Weinstöcke auch erfroren. Durch die tiefen Wurzeln komme der Wein auch nach wie vor gut ans Wasser und wenn bewässert werden müsste, dann reiche eine sparsame Tröpfchenbewässerung aus.

Was macht die Trockenheit mit dem Gemüseanbau?

Auch im Gemüseanbau sei es im September nochmal gut gelaufen. "Die Gemüsekulturen sind stetig weitergewachsen", sagt Norbert Laun, Abteilungsleiter Gartenbau beim DLR. Einzelne Pflanzen bringe das lange Wetter aber aus dem Takt. So bringt das warme Wetter die Winterzwiebeln dazu, zu blühen, anstatt im kommenden Jahr eine essbare Zwiebel zu bilden. Konsequenz: Im Juni wird es wohl weniger Zwiebeln aus der Pfalz geben.

Wir haben mit dem Rhein als große Lebensader noch relativ sicherer Bedingungen für eine Beregnung von Gemüse, was nicht heißt, dass man nicht sparsam und sorgsam mit dem Wasser umgehen sollte.

Gerade bei dem warmen Wetter funktioniert der Gemüseanbau aber nur mit genügend Bewässerung. "Gerade in der zweiten Septemberhälfte war der Bewässerungsbedarf höher als sonst", so Laun. Im Rheintal werde vor allem das Oberflächenwasser zur Bewässerung genutzt. "Wir haben mit dem Rhein als große Lebensader noch relativ sicherer Bedingungen für eine Beregnung von Gemüse, was nicht heißt, dass man nicht sparsam und sorgsam mit dem Wasser umgehen sollte", sagt er.

Experte warnt vor Wasserknappheit

Grundwasser-Ökologe Hans Jürgen Hahn von der Uni Landau hat da etwas mehr Bedenken: "Im September hatten wir nur rund ein Drittel des sonst üblichen Niederschlags und deutlich höhere Temperaturen – etwa vier Grad mehr als im langjährigen Durchschnitt. Es fällt also weniger Wasser, während gleichzeitig mehr verdunstet".

Das mache sich auch bei den Quellen und Gewässern im Pfälzerwald bemerkbar. Das Problem: Quellen und Bäche gehen zurück oder versiegen ganz. Das führe nicht nur zu den oben beschriebenen Trockenschäden im Wald, sondern könne in Zukunft auch für die Trinkwasserversorgung zum Problem werden.

Wer heute noch sagt, das Grundwasser könne man einfach so abpumpen, der hat nicht verstanden, was im Moment passiert.

Deutlich werde das zum Beispiel gerade in Freinsheim, wo derzeit neue Brunnen gebohrt würden. Dort gehe man an sehr altes und tiefliegendes Grundwasser – an "unsere eiserne Reserve", wie es Hahn beschreibt. Von der wir laut ihm eigentlich die Finger lassen sollten.

Lösungsansätze: Verbrechen an der Landschaft rückgängig machen

Die gute Nachricht: Wir können etwas dagegen tun. Denn laut Hahn ist nur teilweise der Klimawandel Schuld. Ein viel erheblicherer Teil sei durch unseren Umgang mit der Landschaft bestimmt. Man könne sich die Flächen in der Südpfalz ja einfach mal anschauen: ausgeräumte Weinberge, kaum noch ein Strauch oder eine Terrasse, dafür aber jede Menge Wege und Gräben, durch die das Wasser schnell abfließt, anstatt zu versickern.

Laut Hahn gelte es nun, "das, was wir in den letzten 150 Jahren an der Landschaft verbrochen haben – nämlich das Wasser abzuleiten – rückgängig zu machen". Eine Re-Ökologisierung der Landschaft sei dringend notwendig. Dafür brauche es regionale, dem Einzugsgebiet angepasste Maßnahmen, welche die Niederschläge in der Fläche halten und damit auch das Grundwasser speisen.

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Die könnten wie folgt aussehen: Hecken, Terrassen und technische Rückhaltebecken könnten angelegt, Gräben zugeschüttet werden, um Versickerungsmöglichkeiten zu schaffen. Drainagen, die in der Landwirtschaft dem Ableiten überschüssiger Feuchtigkeit dienen, könnten entfernt werden. Auch eine andere Art der Bodenbearbeitung sei eine wichtige Möglichkeit: Dauerbegrünung und Humusaufbau helfen dem Boden Wasser aufzunehmen.

Der Pfälzerwald als wertvoller Wasserspeicher

Zur Bedeutung des Pfälzerwaldes als wertvoller Wasserspeicher beraten am Freitag auch deutsche und französische Forscherinnen und Forscher in Bad Bergzabern – im Rahmen der sogenannten Wasgauer Gespräche. Nach Angaben der Veranstalter werde besprochen, wie dieser Wasservorrat geschützt und nachhaltig genutzt werden könne.

Einer der Vortragenden, der Gewässer-Biologe Holger Schindler, stellt dafür zum Beispiel ein "Gewässerentwicklungskonzept" für den Pfälzerwald vor. Das sehe unter anderem vor, alle Quellen im Pfälzerwald auf einer Karte zu erfassen. "Eine solche Übersicht gibt es bisher nicht, kann zukünftig aber dabei helfen zu erkennen, wo Quellen bereits versiegen und wo Handlungsbedarf besteht", so Schindler.

Wasser sparen lautet die Devise

"Es sind die banalen Dinge, über die oft geschmunzelt wird, die schon helfen können", so Hahn. Damit meint er: Lieber den Wasserhahn einmal weniger aufdrehen, sich mal nur mit dem Waschlappen waschen, statt sich ganz unter die Dusche zu stellen. Eine Zisterne im Garten einrichten - für Waschmaschine, Toilette und zum Gießen. Es gebe auch Fördermöglichkeiten beim Wassersparen, die man bei der jeweiligen Kommune erfragen könne. "Man muss es nur tun."

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