Wenn Arzt Gerhard Lotze durch den Ludwigshafener Hemshof läuft, begrüßen ihn immer wieder Menschen auf der Straße. Sie freuen sich, ihn zu sehen. Lotze war hier über Jahre als Hausarzt tätig. Zusätzlich behandelte er in seiner Praxis rund 170 Drogenabhängige.
Doch das ist jetzt vorbei. Lotze berichtet, dass er die Praxis seit Mitte Juli nicht mehr betreten darf, obwohl er sie selbst jahrelang geleitetet hatte. Sein Nachfolger habe ihn rausgeschmissen, nachdem er sie erst Anfang des Jahres übernommen hatte. Der Nachfolger hat dem SWR bestätigt, Gerhard Lotze gekündigt zu haben.
Nachfolger darf Drogenabhängige nicht behandeln
Bis zu seinem Rausschmiss arbeitete Lotze in seiner früheren Praxis noch als Angestellter weiter. 2024 wollte er ursprünglich in Rente gehen und sich solange noch vor allem um die suchtkranken Patienten kümmern.
Denn sein Nachfolger darf diese bislang noch nicht behandeln, sagt Lotze. Ihm fehle die notwendige Zulassung als Substitutionsmediziner. Der Nachfolger habe das aber nachholen wollen. Außerdem habe er zugesichert, alle drogenabhängigen Patienten weiter zu betreuen.
Nicht genug Ärzte für Drogenabhängige
Die Suchtkranken müssen sich jetzt wohl einen neuen Arzt suchen. Seit dem Rauswurf von Lotze ist die Praxis geschlossen, zuletzt wegen Urlaub, steht auf einem Zettel am Eingang. In Ludwigshafen gibt es nur einen weiteren Arzt für Drogenabhängige.
Anette Schilling von der Diakonie bestätigt, dass es in Rheinland-Pfalz schon seit Jahren einen Mangel an entsprechenden Fachärzten gibt. Ein Grund: Es sei damit nicht viel Geld zu verdienen. Viele Patienten müssten nach Baden-Württemberg oder Hessen gehen, um einen Arzt zu finden.
Drogenabhänige Patienten immer noch ohne Arzt
Rund 90 Suchtpatienten von Lotze stehen immer noch ohne Arzt da. Jana zum Beispiel: Die Heroinabhängige hat von Lotze regelmäßig ein Ersatzmittel verschrieben bekommen, das sie einmal am Tag nehmen muss.
"Er ist ein sehr guter, herzlicher Mensch", sagt Jana. "Was mit ihm gemacht worden ist, ist einfach dreckig, unverschämt und pfui!" Ihr ist die Verzweiflung anzumerken: "Mir geht's beschissen", sagt sie, "wir haben keinen Doktor, wir haben gar nichts!"
Eigentlich möchte sie ihr Leben wieder in den Griff bekommen, doch die Vorräte an Drogenersatz gehen bald zur Neige. Und Nachschub kommt keiner, solange sie keinen Arzt hat.
Drogenabhängige könnten rückfällig werden
Bei vielen Patienten kann es zu Entzugserscheinungen kommen, die lebensgefährlich sein können. Viele von Lotzes ehemaligen Patienten könnten auch wieder rückfällig werden. Das befürchtet auch der Apotheker Volker Fehst. Seine Apotheke ist wenige Minuten von der Praxis entfernt. Bis jetzt kommen Patienten hierher, um sich ihr Ersatzmittel abzuholen. Doch der darf ihnen ohne ärztliches Rezept nichts herausgeben. Die hilfsbedürftigen Patienten von einem auf den anderen Tag unversorgt zurück zu lassen, das sei unterlassene Hilfeleistung, sagt Fehst.
Streit um Therapien mit medizinischem Cannabis führen zur Entlassung
Der Nachfolger hat sich gegenüber dem SWR inzwischen schriftlich geäußert. Er bestätigte Konflikte, die zur Entlassung geführt hätten. Die Meinungsverschiedenheiten hätten sich um Therapien mit medizinischem Cannabis gedreht, so der Nachfolger des entlassenen Arztes Gerhard Lotze. Lotze habe sich nicht an Anweisungen gehalten und sei dann auch von der Arbeit ferngeblieben, deshalb habe er ihn schließlich gekündigt. Dem widersprach der entlassene Arzt.
Der Apotheker Volker Fehst hofft, dass sich im Interesse der hilfsbedürftigen Patienten doch noch eine Lösung findet.