An einer geschlossenen Tür einer Apotheke steht "Streik".

Verband warnt vor Apothekensterben

Warum die Apotheken in der Vorder- und Südpfalz streiken

Stand
Autor/in
Nancy Lau

Kunden in Landau und der Pfalz müssen heute damit rechnen, vor geschlossenen Apotheken zu stehen. Denn die Apotheker streiken. Ein Apotheker aus Landau erklärt, warum.

Andreas Hott vom Apothekerverband Rheinland-Pfalz
Andreas Hott, Erster Vorsitzender des Apothekerverbands Rheinland-Pfalz (LAV)

Andreas Hott ist nicht nur Erster Vorsitzender des Apothekerverbands Rheinland-Pfalz (LAV), sondern er betreibt auch die Beethoven-Apotheke in Landau. Er beteiligt sich heute am bundesweiten Apotheken-Streik und ist nicht alleine: Die meisten Apotheker in der Pfalz beteiligen sich laut Hott an dem Streik und wollen zu einer zentralen Kundgebung nach Wiesbaden fahren. Allein in Landau wollen ihm zufolge 13 Apotheken demonstrieren. Das sind alle außer eine, die am Mittwoch Notdienst haben wird.

Sterben Apotheken aus?

Der Grund für den Streik: Apotheker wollen auf ihre aktuelle Situation aufmerksam machen, sie warnen: Es wird immer weniger Apotheken geben. Nach Angaben der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (Abda) gibt es derzeit weniger als 18.000 Apotheken bundesweit - der niedrigste Stand seit mehr als 40 Jahren. Landesweit sieht es laut Hott nicht besser aus: "In Rheinland-Pfalz haben wir in den letzten zehn Jahren mehr als 20 Prozent der Apotheken verloren.

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Warum wollen junge Leute keine Apotheker mehr werden?

An der Notdienst-Apotheke werde es einen Info-Stand geben, der auf die schwierige Situation der Apotheker aufmerksam machen soll: In den vergangenen zehn Jahren hat Rheinland-Pfalz mehr als 20 Prozent der Apotheken verloren. Müssen noch mehr schließen? Die Apothekenbetreiber seien im Schnitt 60 Jahre alt, kurz vor Rente - und finden keine Nachfolger. Hott sagt, es gebe einfach nicht genügend Nachwuchskräfte, also junge Apotheker, die in die Fußstapfen der älteren Generation treten wollen. "Da muss sich endlich was bewegen!", lautet die Forderung des Apothekers an die Politik.

"In Rheinland-Pfalz haben wir in den letzten zehn Jahren mehr als 20 Prozent der Apotheken verloren."

Honorare um drei Prozent gestiegen - in 20 Jahren

Hott ist sauer. "Wir haben 20 Jahre alles erduldet, ertragen und einfach hingenommen", sagt er. Das Honorar sei in der Zeit gerade mal um drei Prozent
gestiegen. "Für die jungen Kollegen ist damit einfach die wirtschaftliche Voraussetzung nicht da, eine Apotheke übernehmen zu wollen und langfristig zu führen." Junge Apotheker und Apothekerinnen würden immer öfter in Industrie und Verwaltung abwandern, statt in den Apotheken zu arbeiten.

Apotheker finden keine Nachfolger

Er kenne viele ältere Kollegen, die ihre Apotheke gerne abgeben würden und niemanden finden, vor allem im ländlichen Bereich, sagt Hott. Ein wesentliches Hindernis im Apotheker-Alltag stelle auch die Bürokratie dar. Für benötigte Weiterqualifizierungen beispielsweise hätten Apotheker kaum Zeit und kaum Personal, das einspringen könnte.

Ein Apotheker mit eigenem Laden arbeite inzwischen bis zu 70 Stunden pro Woche, weil andere Apotheken in der Umgebung schließen und sie deren Kunden dann mitbetreuten. Auch das schrecke junge Menschen ab, so Hott. Laut saarländischem Apothekerverband schließt in Deutschland eine Apotheke pro Woche dauerhaft.

Kaum Zeit, Kunden zu beraten

Hott fürchtet Konsequenzen für die Kunden: Wenn die Anzahl der Apotheken weiter zurückgehe, habe man nicht mehr die Zeit, sich ausführlich mit den Kunden zu beschäftigen, weil hinter denen bereits eine Warteschlange stehe. Die Beratung in der Apotheke müsse sich dann leider auf das Wesentliche reduzieren, so seine Kritik.

Die Apotheken müssten wieder attraktiv werden für junge Berufsanfänger, sagt der Vorsitzende des Landesverbands. "Damit junge Leute sagen: Ich gehe nicht in die Industrie. Ich studiere Pharmazie und ich mache dann - wenn die Rahmenbedingungen stimmen - den schönsten Job der Welt."

Kleinster Fehler kann Apotheke Tausende von Euro kosten

Am schärfsten kritisiert Hott, wie Krankenkassen bei den Apotheken kleinste Fehler bestrafen. Wenn auf einem Rezept eine Prüfziffer falsch sei, bekomme die Apotheke nichts erstattet, selbst wenn das ausgegebene Medikament mehrere Tausend Euro wert und der Fehler minimal sei. Die Apotheker hoffen, dass das betreffende Gesetz in dieser Woche im Bundestag geändert wird.

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Nancy Lau