Stadtrat beschließt Haushalt 2024 mit 25 Millionen Euro neuen Schulden

Dauerhaft rote Zahlen: Stadt Ludwigshafen erwägt Klage gegen Bund und Land

Stand
Autor/in
Nicoletta Prevete

Der Schuldenberg der Stadt Ludwigshafen wächst und wächst. Die Stadt erwägt daher nun, ob man gegen Bund und Land juristisch vorgehen kann. Denn die Aufgaben, die die Städte aufgebrummt bekämen, würden mehr und mehr - ohne dass es dafür auch genügend Geld gebe.

Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck (parteilos) war am Montag sichtlich verärgert. Die Stadtratssitzung eröffnete sie mit einer Ankündigung der besonderen Art. "Ich persönlich bin bereit, die Finanzierung aller Pflichtaufgaben, die wir für Bund und Land erbringen, auch einzuklagen", erklärt sie. Zunächst solle ein Gutachten klären, wie erfolgreich eine solche Klage sein könne. Mit diesem Gutachten wolle man eine Kanzlei beauftragen. Und wenn das Gutachten den Gewinn einer Klage in Aussicht stelle, wolle man auch federführend für andere Kommunen, diesen Rechtsweg gehen.

In zehn Jahren schuldenfrei?

Es sei "fünf nach zwölf" erklärt die Oberbürgermeisterin. Und die Zeit dränge. Die Stadt Ludwigshafen hat sich mit der Aufsichts- und Dienstleistungsbehörde (ADD) in Trier darauf geeinigt, dass die Stadt in zehn Jahren einen ausgeglichenen Haushalt vorlegt. Doch das Ziel scheint unerreichbar, denn Ludwigshafens Schuldenberg bleibt auch im Jahr 2024 bei über einer Milliarde Euro. Und wenn das Land nicht Liquiditätskredite von über 500 Millionen Euro von der Stadt Ludwigshafen übernommen hätte, sähe es noch düsterer aus, so Steinruck.

Etwas mehr Einnahmen als gedacht

Noch im Oktober standen daher Steuererhöhungen sowohl bei der Gewerbesteuer als auch bei der Grundsteuer A und B im Raum. Doch mehrere Faktoren konnten die unbeliebten Steuererhöhungen verhindern. Laut Kämmerer Andreas Schwarz (SPD) habe eine Steuerschätzung ergeben, dass die Stadt Ludwigshafen im nächsten Jahr doch mit mehr Einnahmen rechnen kann als ursprünglich gedacht. Der Kommunale Finanzausgleich spült auch etwas mehr Geld in die ewig klammen Kassen der Stadt und Bund und Land haben deutlich mehr Zuwendungen für die Betreuung und Versorgung von Flüchtlingen versprochen, so der Kämmerer.

Nur die Hundesteuer wird teurer

"Hebesätze bei den Steuern zu erhöhen, sind das letzte Mittel der Wahl und wären kein gutes Zeichen für die sowieso angeschlagene Wirtschaft gewesen", so Andreas Schwarz gegenüber dem SWR. Lediglich Hundehalter werden in 2024 tiefer in die Tasche greifen müssen. Die Hundesteuer wird um 20 Prozent erhöht, macht 200.000 Euro mehr im Stadtsäckel.

Auch für ihn wirds teurer in Ludwigshafen
Auch für ihn wirds teurer in Ludwigshafen

Ausgaben für den Sozialbereich - der größte Batzen

Ein Tropfen auf dem heißen Stein, wenn man sich den 800 Millionen Euro umfassenden Haushalt für das Jahr 2024 anschaut. Das meiste Geld wird wie immer für den Bereich Soziales und Jugend ausgegeben, nämlich fast die Hälfte des Gesamtetats. Auf Platz zwei: der Bereich Bauen. Allein der Neubau der Hochstraße Süd schlägt im nächsten Jahr mit 50 Millionen Euro zu buche. Ein Drittel der Ausgaben machen Personalkosten aus. Und das obwohl 400 Stellen bei der Stadtverwaltung unbesetzt seien. Und immerhin 40 Millionen gehen in den Ausbau von Kitas und Schulen.

Stadtrat Ludwigshafen
Stadtkämmerer Schwarz und Sozialdezernentin Steeg waren zugeschaltet

Gerade die Bildungsausgaben werden bei der Aussprache der Fraktionen von der SPD-Fraktion dann auch begrüßt. Fraktionsvorsitzender David Guthier (SPD) erklärt, man müsse eigentlich noch deutlich mehr in Schulen und Kitas in Ludwigshafen investieren. Froh sei man, dass nun endlich die Familiengrundschulzentren an Brennpunktschulen in Ludwigshafen realisiert würden und diese zu 70 Prozent vom Land finanziert würden. Die SPD setze sich zudem stark für eine Baugesellschaft für Kitas ein, die zum einen den Bau der Kita-Gebäude beschleunigen, aber auch Personal suchen und finden soll. Dem von Kämmerer Andreas Schwarz vorgelegten Haushalt stimmte die SPD dann zu.

CDU schimpft über rheinland-pfälzische Bildungspolitik

Den Bereich Bildung beschäftigte dann auch den CDU-Fraktionsvorsitzenden Peter Uebel. Dass an der Gräfenau-Grundschule 40 Kinder bereits in der ersten Klasse die Klasse wiederholen mussten, sei eine Bankrotterklärung der rheinland-pfälzischen Bildungspolitik. Auch die CDU wünscht eine Gesellschaft für den Kita-Bau: "Dass monatelang eine eingestürzte Kita-Decke einfach liegen bleibt, geht gar nicht", schimpft Uebel dann in seiner Rede zum Haushalt 2024, dem auch seine Fraktion dann aber auch zustimmt.

Grünen kritisieren fehlenden Ausbau des ÖPNV

Die Grünen im Rat lehnen hingegen den Haushalt 2024 ab, auch mit dem Hinweis, dass man unzufrieden mit dem Ausbau des Radwegenetzes und des öffentlichen Personennahverkehrs sei. "Eine Mobilitätswende geht anders", erklärte Fraktionsvorsitzender Hans-Uwe Daumann. Auch das Grüne Forum Ludwigshafen und die Piraten bemängeln im Stadtrat, dass das Thema Nachhaltigkeit im Haushalt 2024 zu kurz käme.

Ludwigshafen am Berliner Platz fotografiert vom Faktorhaus
Ludwigshafen am Berliner Platz fotografiert vom Faktorhaus

Stadt handlungsunfähig?

Die FDP enthält sich bei der Abstimmung über den Haushalt und weist darauf hin, dass man bei solch einem engen finanziellen Korsett und tausend Pflichtaufgaben sowieso keinen Handlungsspielraum als Stadt habe. Fraktionsvorsitzender Thomas Schell fragt dann gar: "Wozu braucht man da einen Stadtrat überhaupt noch?" Er erwartet, dass man sich gegen die ständig wachsenden Pflichtaufgaben durch Bund und Land als Stadt wehrt. Am Ende wird der Haushalt 2024 dann doch mit der Mehrheit des Ludwigshafener Rates verabschiedet. Dabei sind sich die Parlamentarier bewusst, dass es auch 2024 für die Stadt Ludwigshafen schwierig wird, Geld auch für Kultur, Sport und Bildung auszugeben, denn solch "freiwillige Leistungen" sind bei einem so großen Haushaltsloch kaum umsetzbar.

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