"Die Leute sind überfordert mit dem Thema Ukraine-Krieg - sie sind müde geworden", sagt Valentyna Sobetska. Sie ist Vorsitzende des Vereins "Kinderhilfe Ukraine Rhein-Neckar". Mit diesem unterstützt sie vor allen Dingen Kinder und Jugendliche in ihrer Heimatstadt Swjahel. Der Verein ist in Ludwigshafen ansässig. Die Stadt Swjahel liegt etwa 200 Kilometer westlich von Kiew und ist die Partnerstadt von Ludwigshafen.
"Wir spüren einen deutlichen Rückgang der Spenden", sagt Sobetska. Es würden vor allem Geldspenden gesammelt. Aber ab und zu schickt der Verein auch medizinische Produkte wie Verbandsmaterial in die Ukraine. Und jetzt vor Weihnachten würden auch kleine Geschenke ins Kriegsgebiet geschickt.
Mögliche Gründe für den Rückgang der Spenden in der Pfalz
Der Krieg in der Ukraine hat vor fast drei Jahren begonnen. Überforderung und eine gewissen Müdigkeit könnten Gründe für den Spendenrückgang sein. Valentyna Sobetska sieht aber noch weitere Gründe. Es seien mittlerweile viele andere Hilfsvereine gegründet worden. Und das Leben in der Rhein-Neckar-Region sei durch die Inflation teurer geworden. Da wird dann wohl auch weniger gespendet.
Aber Sobetska hat auch Positives zu berichten. "Für bestimme Projekte ist die Spendenbereitschaft nach wie vor hoch", sagt sie. Das heißt: Wenn der Verein für ein genau beschriebenes Hilfsprojekt Geld sammelt, dann seien die Menschen rund um Ludwigshafen zum Spenden bereit. In den vergangenen 10 Jahren habe der Verein insgesamt 500.000 Euro Spendengelder gesammelt.
Pater Gerd Hemken ist Leiter des Spendenbüros im Herz-Jesu-Kloster in Neustadt. Auch dort sind die Geldspenden für verschiedene Projekte in der Ukraine "merklich zurückgegangen". Das bestätigte Pater Hemken dem SWR. Die Leute seien ein bisschen müde geworden in Sachen Ukraine-Krieg. Und es kommen auch weniger Sachspenden.
In dem Neustadter Kloster gebe es zwei Sammelaktionen für Sachspenden. "Es wird viel, viel weniger gebracht als am Anfang. Es ist kein Vergleich zu dem, was wir früher hatten", sagt Hemken. Trotzdem hat das Kloster in der vergangenen Woche einen Transport mit 3000 Kilogramm haltbaren Lebensmitteln und Hygiene-Artikeln für die Ukraine auf den Weg gebracht.
Michael Zaczkiewicz arbeitet als Augenarzt in Bad Dürkheim und seine Eltern stammen aus der Ukraine.
Durch Telefonate mit Helfern in der Ukraine weiß Zaczkiewicz, dass viele Menschen dort nicht nur stundenlang im Dunklen und Kalten sitzen müssen, weil die russische Armee die Energie-Infrastruktur zerstört. Die Helfer vor Ort berichten ihm auch, dass die Spenden im Vergleich zu den Vorjahren dramatisch zurückgegangen seien.
Durch Krieg ist der Hilfsbedarf in der Ukraine noch größer geworden
Seit mehr als 30 Jahren unterstützt Zaczkiewicz das Behinderten-Zentrum Dzherelo in der Ukraine. Und in Sachen Spendenbereitschaft zeigt sich da allerdings ein anderes Bild. "Unser Projekt ist überschaubar und bekannt. Die regionale Spendenbereitschaft hat nicht nachgelassen", sagt der Bad Dürkheimer Augenarzt. Die Spendensummen seien sogar eher gestiegen.
Das Behinderten-Zentrum Dzherelo sei das größte Behindertenzentrum in der Ukraine. Es habe sich zu einem Pilotprojekt für das gesamte Land entwickelt. Die Spenden würden dringend benötigt, sagt Zaczkiewicz. Denn seit Ausbruch des Krieges sei der Hilfsbedarf dort noch größer geworden. Denn auch viele geflüchtete Menschen mit Behinderung müssten versorgt und untergebracht werden.
"Aktion Deutschland hilft": Menschen in Ukraine brauchen dringend Hilfe
Auch die "Aktion Deutschland Hilft" ruft zur weiteren Unterstützung der Menschen in der Ukraine auf. "Nach fast drei Jahren Krieg, Zerstörung und angesichts des bevorstehenden Winters brauchen die Menschen unsere Hilfe dringender denn je - und Zuversicht", teilte eine Sprecherin der Aktion laut Nachrichtenagentur epd mit.
Die Sprecherin fügte hinzu: "Es wäre ein fatales Signal, gerade jetzt die Hilfsangebote einschränken zu müssen." Zuletzt waren die Spenden nach Angaben der "Aktion Deutschland Hilft" im Vergleich zu den Vorjahren deutlich zurückgegangen.
Ein Sprecher der Diakonie Katastrophenhilfe in Berlin bestätigt auf SWR-Anfrage per Mail: "Die allgemeine Spendenbereitschaft für Nothilfe in der Ukraine nimmt im Jahr 2024 weiter ab. An dieser Tendenz werden vermutlich auch Kollekten und Spendenaufrufe in der anstehenden Weihnachtszeit nichts grundlegend ändern."
Die Menschen in der Ukraine sind weiter auf Spenden angewiesen. Das sagen auch die regionalen Helfer in der Pfalz. Valentyna Sobetska macht klar: "Die Menschen hier sollen nicht aufhören zu spenden, weil die Ukraine kämpft auch für Deutschland."