Die Taten sollen sich zwischen 2018 und 2022 ereignet haben. Dem 53-jährigen Mann wird vorgeworfen, jahrelang vor den damals gerade mal vier- bis fünfjährigen Jungs masturbiert zu haben. Zudem soll er zwei Jungs in die Hose gegriffen haben und sie unsittlich an Po und Penis berührt haben. Der Mann war bislang nicht vorbestraft und als Judo-Trainer in einem Speyerer Verein tätig. Um welchen Verein es sich handelt, ist noch nicht bekannt.
Täter hat sich nicht zu den Taten geäußert
Bislang hat sich der 53-Jährige noch nicht zu den Vorwürfen geäußert. Er sitzt in Untersuchungshaft. Die Eltern der betroffenen Kinder treten als Nebenkläger in diesem Prozess auf. Sie werden von einem Ludwigshafener Anwalt vertreten.
Landessportbund erstellt Schutzkonzepte
Oliver Kalb, Abteilungsleiter Gesellschaftspolitik beim Landessportbund Rheinland-Pfalz, ist für die Schutzkonzepte der Sportvereine im Land zuständig. Er berät die regionalen Sportbunde, aber auch Vereine, Sportler und Sportlerinnen und Eltern, wenn es zu Fällen sexueller Belästigung oder sexuellen Missbrauchs von Kindern aber auch Erwachsenen im Verein kommt. "Normalerweise kommen Vereine auf mich zu, wenn so etwas passiert. Aber das ist bei diesem Vorfall nicht geschehen", so Oliver Kalb.
Viele Vereine sind beim Thema sexueller Missbrauch sensibel
"Ich gehe auch nicht davon aus, dass der betroffene Verein ein Schutzkonzept zur Vermeidung solcher Taten hat oder einen Kriseninterventionsplan, wenn es zum Äußersten kommt", so der Experte. Vieles habe sich seit dem Jahr 2010 getan, um Kinder und auch erwachsene Sportlerinnen und Sportler vor sexuellen Übergriffen zu schützen. "Viele Vereine haben eine große Sensibilität für das Thema entwickelt und entsprechende Schutzkonzepte implementiert. Aber wir haben noch lange nicht alle Vereine erreicht", so Oliver Kalb.
Vereine brauchen feste Ansprechpartner
Aber wie sieht so ein Schutzkonzept gegen sexuellen Missbrauch im Sport aus? Laut Oliver Kalb muss es im Verein einen festen Ansprechpartner zu dem Thema geben, der die Problematik wirklich ernst nimmt. Trainer und die Vereinsspitze, aber auch Eltern können beim Landessportbund entsprechende Weiterbildungen machen.
Außerdem müssten Trainer und Trainerinnen nicht nur ein erweitertes Führungszeugnis vorlegen, sondern wirklich gut darlegen, warum sie sich im Verein engagieren möchten. "Man muss die Kandidaten und Kandidatinnen schon genau fragen: Warum willst du bei uns arbeiten? Hast du denn schon Erfahrungen in der Kinderarbeit? Vielen Vereine begnügen sich damit, dass jemand eine Trainerlizenz hat, da ja immer Trainermangel herrscht. Aber das reicht als Bewerbungsqualifikation nicht aus, der Kinderschutz hat Vorrang", meint Oliver Kalb.
Klare Verhaltensregeln helfen
Wichtig sei zudem, dass ein Verein Verhaltensregeln aufstelle, wie zum Beispiel: Kinder dürfen nicht in Privaträume mitgenommen werden. Trainer dürfen keine Geschenke an einzelne Kinder, sondern nur an die Gruppe vergeben, da Geschenke oft als Druckmittel eingesetzt werden. Wo nötig, sollte man in Doppelstrukturen arbeiten, zum Beispiel bei allen Sportarten, die engen Körperkontakt erfordern. Judo gehöre klar dazu. Da macht die Doppelstruktur Sinn, nämlich dass ein männlicher und ein weiblicher Trainer das Training gemeinsam gestalten.
Sexistische Sprache als absolutes No Go
Weitere Regeln könnten sein: Handys haben in Umkleidekabinen nichts verloren. Zu groß ist die Gefahr, dass dort geheime Aufnahmen gemacht werden. Eine sexistische, herabwürdigende Sprache ist zu unterlassen. "Sätze wie 'Du hast aber geile Titten' oder 'Du hast einen geilen Arsch' sind absolutes Tabu", betont Kalb.
Schutzkonzepte aktiv in der Öffentlichkeit bewerben
Zu einem Schutzkonzept gehöre aber auch, dass man darauf vorbereitet ist, wenn dann doch etwas passiert. "Vereine müssen einen Kriseninterventionsplan aufstellen. Es muss klar sein, welche Schritte zu gehen sind, wenn es doch zu sexuellen Übergriffen kommt", empfiehlt der Fachmann des Landessportbundes. Im Übrigen sollten Vereine solche Schutzkonzepte auch öffentlichkeitswirksam bewerben. Eltern hätten so mehr Vertrauen in den Sportverein und Täter meiden solche Vereine von vornherein.
Beim betroffenen Verein ist eine Risikoanalyse wichtig
Und was rät der Fachmann dem betroffenen Speyerer Verein? "Sie sollten sich bei uns melden und nicht aus Scham schweigen. Wir können eine Risikoanalyse erstellen und zusammen mit dem Verein schauen, wo Schwachstellen sind. Und dann ein Schutzkonzept erarbeiten", sagt Kalb.
Der Prozess gegen den 53-Jährigen Mann aus Ludwigshafen wird auf alle Fälle spannend, meint der Experte. "Der Verein hat ja auch eine Fürsorgepflicht und die Vereinsspitze wird sicher gefragt, was sie zum Schutz der Kinder eigentlich getan hat", so Kalb.