Sprachlosigkeit, Bestürzung und Scham

Reaktionen aus der Pfalz zur Missbrauchsstudie der Evangelischen Kirche

Stand
Autor/in
Birgit Baltes
Foto für Autorenseite

Auf das Ergebnis der am Donnerstag veröffentlichten Missbrauchsstudie der Evangelischen Kirche in Deutschland reagieren eine Dekanin und ein Dekan in der Pfalz erschüttert - und fordern Gerechtigkeit.

Von mindestens 2.225 Betroffenen und 1.259 mutmaßlichen Tätern berichtete die Studie eines von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) beauftragten Teams aus Wissenschaftlern. Die tatsächliche Zahl schätzte das Forscherteam aber "vorsichtig" auf 9.355 bei den Opfern sexualisierter Gewalt und auf 3.497 bei den Beschuldigten. Eine Schätzung deshalb, weil die EKD die Wissenschaftler nach deren Angaben viele Akten nicht einsehen ließ.

Speyer: "Man ist bestürzt und schämt sich"

"Die Ausmaße der Studie sind wahnsinnig schockierend. Zunächst hat mich das erstmal sprachlos gemacht", sagt Arne Dembek, der sich als Dekan die Leitung des Kirchenbezirks Speyer mit seiner Frau Mirjam Dembek teilt. Und er beschreibt auch seine Reaktion bei genauerer Betrachtung der Studie mit drastischen Worten: "Man ist bestürzt und schämt sich, dass man Mitglied dieser Kirche ist."

Die Ausmaße der Studie sind wahnsinnig schockierend. Zunächst hat mich das erstmal sprachlos gemacht

Dekane sagen: Schutzkonzepte in Kitas reichen noch nicht

Das Ehepaar Dembek ist seit Oktober für den Kirchenbezirk Speyer verantwortlich, der Teile des Rhein-Pfalz-Kreises umfasst, beispielsweise Römberberg, Schifferstadt, Dannstadt-Schauernheim und Waldsee. Beide berichten, dass sie eigentlich in den vergangenen Jahren den Eindruck hatten, dass die evangelische Kirche das Thema Missbrauch ernst nehme. Alle evangelischen Kitas hätten inzwischen ein Schutzkonzept, also ein geregeltes Vorgehen im Fall eines Missbrauchverdachts. Aber "das reicht noch nicht", das sei jetzt deutlich geworden.

Die Gefahr sei, dass die Verantwortlichkeit für Missbrauchsvorwürfe in der evangelischen Kirche hin- und hergeschoben werde, sagt Dekan Dembek. Diese Gefahr sei hier größer als in der katholischen Kirche, weil die katholische Kirche hirarchischer und weniger demokratisch aufgebaut sei. Deshalb brauche es in der evangelischen Kirche in allen Bereichen ein klar geregeltes Vorgehen, also Schutzkonzepte, wenn sexualisierte Gewalt im Raum stehe, etwa auch in den Gemeinden. Diese seien aber gerade dabei, solche Konzepte zu etablieren.

Evangelische Gedächtniskirche in Speyer fotografiert vom Altpörtel aus
Die protestantische Gedächtniskirche in Speyer.

Dekanat Speyer: "Den Betroffenen muss Gerechtigkeit widerfahren"

Mirjam und Arne Dembek wünschen sich und fordern auch, dass die evangelische Kirche Konsequenzen aus der Studie zieht. "Denen, die Betroffen sind, muss Gerechtigkeit widerfahren", sagt der Dekan. Und Dekanin Dembek wünscht sich, "dass unsere Kirche zu einem Ort wird, an dem den Betroffenen wirklich zugehört und geglaubt wird und an dem wir sie nicht alleine kämpfen lassen."

Ein Wunsch ist, dass unsere Kirche zu einem Ort wird, an dem den Betroffenen wirklich zugehört und geglaubt wird und an dem wir sie nicht alleine kämpfen lassen

Dekanats-Ehepaar: Kirchenaustritte werden steigen

Mirjam und Arne Dembek gehen davon aus, dass die Austrittswelle aus der evangelischen Kirche nun nach der Veröffentlichung der Studie noch ansteigen wird. Ein Patentrezept dagegen haben die Beiden nicht zur Hand. Die Speyerer Dekanin sagt dazu: "Wir können uns eigentlich immer nur bemühen, es für die Zukunft besser zu machen."

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