Land unterstützt Schule weiterhin wenig

Gräfenau-Schule Ludwigshafen: Sprachförderung fehlt noch immer

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Autor/in
Nicoletta Prevete

Diese Schlagzeile hat im Sommer bundesweit für Furore gesorgt: 40 Schüler der ersten Klassen an der Ludwigshafener Grundschule hatten die Empfehlung, die Klasse zu wiederholen. Heute gab es Halbjahresinformationen. Hat sich was zum Positiven verändert? Wir haben nachgefragt.

Es ist 8 Uhr an diesem Freitagmorgen an der Gräfenau-Grundschule in Ludwigshafen. Acht der 21 Kinder der Klasse 1e werden gleich zu Beginn der ersten Stunde von einer Lehrkraft zum Fach "Deutsch als Fremdsprache" abgeholt. Vier Stunden pro Woche bekommen die Knirpse Extra-Deutsch-Unterricht - viel zu wenig, wenn man kaum ein Wort der Lehrerin versteht.

Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben

Die restlichen Kinder tun sich aber auch schwer mit dem Lesen und Schreiben der Wörter rund um das Thema Winter. Klassenlehrerin Eva-Maria Wenz wiederholt jedes Wort lautmalerisch. "Schal", "kalt", "Schnee", "Eis" rufen die Kinder im Sitzkreis im Chor.

Schulkinder in der Gräfenau Grundschule
Oft wird in einem Sitzkreis gemeinsam gelernt.

Doch nun gilt es, die Wörter aus zu schneiden und den passenden Bildern zuzuordnen. Und ab da wird es schwierig für die Kinder und für die Lehrerin. Die Erstklässler sind sogenannten Leistungsgruppen zugeordnet, immer vier Kinder an einem Tisch. Kaum ein Kind kann ganz von alleine die Wörter den richtigen Bildern zuordnen, auch das Schreiben der Wörter fällt ihnen schwer.

"Man wurstelt sich so durch"

Eva-Maria Wenz geht geduldig von Tisch zu Tisch, erklärt, hilft zuzuordnen, spricht den Kindern die Wörter ganz langsam nochmal vor. Doch während sie mit den einen übt, müssen die anderen warten - und dazu fehlt den Kindern oft die Geduld. "Das ist nicht einfach. Ich versuche ihnen beizubringen, wie sie auch selbst Aufgaben kontrollieren können oder zu zweit im Team zu arbeiten. Man wurstelt sich halt so durch", erzählt die Lehrerin.

Schulkinder in der Gräfenau-Grundschule
Ein klarer Tagesplan soll den Kindern helfen.

Studierende halfen am Anfang des Schuljahres

Ganz anders am Anfang des Schuljahres: Im Herbst herrschten in der Klasse 1e fast paradiesische Zustände. Lehramtsstudierende der Uni Landau unterstützten die Erstklässler und die Lehrerinnen sechs Wochen lang im Unterricht. Das war auch bitter nötig, wie Eva-Maria Wenz erzählt, denn viele Kinder konnten weder einen Stift noch eine Schere halten. Doch sehr schnell war die Pädagogin wieder alleine im Klassenraum und kurz vor Weihnachten völlig erschöpft. "Ich lag zwei Wochen auf der Nase. Ich konnte gar nicht mehr", erzählt sie.

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Drei Kinder schaffen auch beim zweiten Anlauf Klasse eins nicht

In der Klasse sind auch sechs Kinder, denen letztes Schuljahr dringend empfohlen wurde, die Klasse zu wiederholen. Drei von ihnen hätten ihre Chance gut genutzt, sagt Eva-Maria Wenz. Drei weitere werden es dieses Jahr wieder nicht schaffen. Sonderpädagogische Gutachten werden nun erstellt, um festzustellen, wie diese Kinder in Zukunft gefördert werden können. Ein zweites Mal können Kinder die erste Klasse nicht wiederholen. Aber das würde nach Einschätzung der Lehrerin auch nichts bringen. "Die haben einfach nochmal ganz andere Probleme", erklärt sie.

Sehr unterschiedliches Leistungsniveau

Das Leistungsniveau in der Klasse ist sehr unterschiedlich. Während die einen sich immer noch an den Winterwörtern versuchen, dürfen die anderen längst frühstücken, mittlerweile sind auch die anderen Kinder vom Extra-Deutsch-Unterricht zurück und der Lärmpegel steigt beträchtlich.

Viele Kinder sprechen gut Englisch

Nach dem Frühstück ist Mathe dran, Minus-Rechnen. Mit Spielzeugautos zeigt die Lehrerin nochmal, worum es geht und doch will so manches Kind addieren statt subtrahieren. "Mathe geht in der Regel besser, das ist international", lacht Eva Maria Wenz. Rechen-Ergebnisse werden von manchen Kindern auf Englisch herein gerufen. Denn viele Kinder können gut Englisch sprechen. Beim Alleine-Rechnen wird es dann wieder deutlich lauter im Klassenraum.

Rechnen: Mit Unterstützung kinderleicht

Ich setze mich, obwohl ich als Reporterin und nicht als Ersatz-Lehrerin da bin, zu einer Vierer-Gruppe, erkläre die Aufgaben nochmal und siehe da: Die Kinder rechnen flugs, kennen alle richtigen Ergebnisse und im Nu sind sie mit den Aufgaben fertig. Alles doch nur eine Frage kontinuierlicher Unterstützung? Eva-Maria Wenz würde sich sehr eine pädagogische Unterstützung im Klassenzimmer wünschen, wie zu Beginn des Schuljahres. Viele Probleme könnten so viel besser gelöst werden. Die Nerven der Lehrkräfte würden ein wenig geschont und die Kinder würden viel rascher Fortschritte machen.

Immer noch keine Unterstützung vom Land

Doch von mehr Sprachförderung und einer weiteren pädagogischen Fachkraft im Klassenzimmer kann die Gräfenau-Grundschule nur träumen. Rektorin Barbara Mächtle bringt es auf den Punkt: "Da hat sich bislang gar nichts getan." Es gebe zwar viele Gespräche mit dem Bildungsministerium des Landes, mit der Stadt und mit der Aufsichtsbehörde - aber konkrete Unterstützung - von den Studierenden in den ersten Schulwochen mal abgesehen - habe es keine gegeben.

Barbara Mächtle, Schulleiterin der Grundschule Gräfenauschule
Barbara Mächtle ist die Leiterin der Gräfenau-Grundschule.

Wieder werden Erstklässler wiederholen müssen

Und so wird die Gräfenau-Grundschule auch in diesem Schuljahr wieder Eltern empfehlen, dass ihre Erstklässler besser die Klasse wiederholen sollten. Und jene, die die Klasse bereits wiederholt haben, benötigen dann eine besondere sonderpädagogische Unterstützung.

Dabei würde es sicher ausreichen, wenn die Kinder bereits vor der Einschulung ausreichend Deutschunterricht bekämen, so dass sie dem Unterricht auch folgen können. Und eine zweite pädagogische Kraft im Klassenraum, die sich auch mal zu ihnen an den Tisch setzt und Dinge nochmal erklärt, wäre sehr hilfreich. Denn dumm ist in der Klasse 1e an der Ludwigshafener Gräfenau-Grundschule kein Kind. Es fehlt eigentlich nur die Unterstützung.

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Nicoletta Prevete