Auf wie vielen Äckern in der Region die Schilf-Glasflügelzikade wütet, kann das zuständige Dienstleistungszentrum in Neustadt noch nicht sagen. Die Schäden in der Pfalz seien aber groß. Zur Erzeugergemeinschaft Pfälzer Grumbeere gehören 265 Kartoffelbetriebe in der Pfalz und Rheinhessen. Auch sie berichtet, dass viele Äcker in der Vorder- und Südpfalz von dem eingewanderten Schädling befallen sind.
Erzeugergemeinschaft: Teils Kartoffelernte total zerstört
Oft ist die Hälfte der Ernte zerstört, so ein Sprecher. In einigen Fällen habe es auch einen Totalausfall gegeben. "Einige Landwirte haben sich deshalb davon verabschiedet, späte Kartoffeln anzubauen", sagte Klaus Amberger, Geschäftsführer der Pfälzer Grumbeere dem SWR.
Denn die Schilf-Glasflügelzikade richtet vorwiegend bei den späten Kartoffeln Schäden an. Die für die Pfalz so wichtigen Frühkartoffeln sind dagegen bisher noch nicht betroffen.
Zikaden infizieren Kartoffelpflanzen mit Erreger
Die Insekten entwickeln sich zunächst unter der Erde und ernähren sich dabei mit Vorliebe von Winterweizen- oder Gerste. Dabei saugen sie an den Wurzeln der Pflanzen. Die flugfähigen Zikaden schwärmen in der Regel ab Mai aus und stechen dann die jungen Kartoffelpflanzen an, erklärt Landwirtin Christiane Fuchs aus Worms. Die studierte Agrarwissenschaftlerin baut selbst Kartoffeln und auch Wintergetreide an und sie hat ihre Abschlussarbeit über die Glasflügelzikade geschrieben.
Laut Fuchs ist die Zikadenart vermutlich wegen des Klimawandels über Frankreich in die Pfalz eingeflogen. Die Landwirtin beobachtet nun bereits im dritten Jahr, dass der Schädling immer aggressiver auch Kartoffeln befällt. Daneben sind vor allem Zuckerrüben und inzwischen sogar Karotten und Rote Beete betroffen.
Dabei ist es eigentlich nicht das Insekt, das die Pflanzen schädigt, sondern zwei bakterielle Krankheitserreger, das die Zikade beim Anstechen und Saugen an den Pflanzen überträgt. Einer der Erreger sorgt dafür, dass der Stärkegehalt in den Kartoffeln drastisch sinkt und sie sich dunkelbraun verfärben. Der zweite lässt die Wurzeln der Pflanzen absterben, die Pflanze erhält zu wenig Wasser und Nährstoffe.
Schädling saugt Rüben und Kartoffeln aus Kampf gegen die Zikade: Experten treffen sich in Worms
Seit Jahren machen Zikaden Landwirten das Leben schwer. Denn die kleinen Insekten hinterlassen an den Zuckerrüben oder Kartoffeln Bakterien, die die Pflanzen absterben lassen.
Gummikartoffeln mit eingerollten und verfärbten Blättern
Als Folge bleiben die Kartoffeln klein und bekommen eine gummiartige Konsistenz. "Man kann sie wie einen Gummiball zusammendrücken", so Landwirtin Fuchs.
Bisher gibt es kein Mittel zur Bekämpfung der Glasflügelzikade oder der Bakterien, die sie überträgt. Die Erzeugergemeinschaft Pfälzer Grumbeere und der Verein der Pfälzisch-Hessischen Zuckerrübenanbauer arbeiten aber gemeinsam an einem Forschungsprojekt. Ziel ist, Kartoffelsorten zu finden, die auf die Krankheitserreger weniger empfindlich reagieren oder ganz resistent sind.
Landwirtin Fuchs: Feldversuch im Kampf gegen Schädling
Christiane Fuchs führt jetzt auch selbst einen Versuch auf einigen ihrer Kartoffelfelder durch. Auf der Hälfte der Flächen will sie darauf verzichten, im Winter Weizen anzubauen. Stattdessen sät sie dort im Frühjahr Mais aus. Auf der anderen Hälfte der Äcker bleibt alles beim Alten, mit Winterweizen und Spätkartoffeln.
Ziel ist, herauszufinden, ob und wie sich die Fruchtfolge auf die Ausbreitung und Anzahl der Zikaden auswirkt. Möglicherweise könnte der Schädling verschwinden, wenn er im Frühstadium nicht an den Wurzeln der Getreidepflanzen saugen kann. Dann könnte eine Änderung der Fruchtfolge zumindest ein Mittel gegen die Glasflügelzikade sein.