Wenn Zoodirektor Uwe Wünstel seinen Schlüsselbund aus der Tasche zieht, kann man schon mal nervös werden. Denn das bedeutet, dass er eines der Terrarien öffnen will, um einen der mitunter furchterregenden Bewohner rauszulassen. In diesem Fall einen Tigerpython. "Ein Fundtier", so Wünstel. Er vermutet, dass der Besitzer irgendwann mit der Haltung überfordert war und es ausgesetzt hat. "Solche Schlangen werden oft als Baby gekauft, ohne dass man darüber nachdenkt, dass sie bis zu fünf Meter lang werden können."
Ein Terrarium weiter schlängelt sich langsam und gemächlich eine Boa constrictor an der Scheibe entlang, eine der bekanntesten Würgeschlangen der Welt. "Da ist ein Dachstuhl abgebrannt, die Feuerwehr hat die Tiere gerade noch rechtzeitig rausgeholt und zu uns gebracht", erzählt Wünstel. "Gott sei Dank haben sie nichts abbekommen. Sie haben nur tagelang gestunken wie ein Räucherschinken."
Viele Tiere im Reptilium von Polizei beschlagnahmt
1.200 Tiere leben im Reptilium in Landau. Etwa die Hälfte davon sind ungebetene Gäste, schätzt der Direktor: Einige wurden von der Polizei beschlagnahmt, weil die Besitzer sie gar nicht hätten halten dürfen. Andere werden abgegeben oder eben einfach ausgesetzt. Einmal sei jemand in den Weinbergen auf drei ausgewachsene Tigerpythons gestoßen. "Das ist nicht ungefährlich, wenn da ein Yorkshire-Terrier vorbeigelaufen wäre…!"
Die Polizei meldet sich in solchen Fällen bei Wünstel und bittet ihn, sich um die Tiere zu kümmern. Die Stadt Landau kommt dann für die Unterbringung auf. Manche Tiere können weitervermittelt werden - aber erst nach eingehender Prüfung, ob der neue Besitzer das Wissen und die Möglichkeiten hat, sich um so ein Tier zu kümmern. Für die meisten wird das Reptilium zum neuen Zuhause.
Als sich ganz Deutschland in ein Löwenbaby verliebt hat
Uwe Wünstel könnte ohne Probleme über Stunden mit Geschichten rund um seine Tiere unterhalten, amüsieren, schockieren und anrühren. Und doch muss er nicht lange überlegen, welche Fälle in den 18 Jahren, die er den Job nun macht, die krassesten waren. "Das Löwenbaby Lea war das Abgefahrenste. Die wildesten acht Wochen meines Lebens." Lea war nach einem Auffahrunfall auf der A5 im Laderaum eines Sprinters entdeckt worden. Das niedliche Löwenbaby wurde weit über Landau hinaus zur Berühmtheit und Wünstel konnte sich vor Medienanfragen kaum retten. Heute lebt Lea in Spanien, gesund und munter, wie Wünstel sagt.
Nicht nur gefährlich, sondern tödlich: die Königskobra
Ein anderes Fundtier, das Wünstel nach eigener Aussage nie vergessen wird, war die Königskobra Kaito. Sie war beschlagnahmt und ihrem ursprünglichen Besitzer weggenommen worden, weil ihre Haltung zuhause verboten ist. "Die Königskobra ist die größte der Giftschlangenarten: wahnsinnig intelligent und wahnsinnig schnell. Jeden Tag hat sie nach einem Löchlein geguckt, um rauszukommen."
Das Reptilium hatte in dieser Zeit ein sogenanntes Antiserum im Haus, falls die Flucht allen Sicherheitsmaßnahmen zum Trotz doch mal gelingen sollte. In seiner ersten Woche hat Kaito sein Terrarium komplett umdekoriert und sämtliche Pflanzen umgerissen. "Deswegen mussten wir wieder rein und ihn einfangen, um nochmal alles einzurichten. Dabei habe ich mit Sicherheit drei Liter Schweiß verloren!"
Wünstel klingt begeistert, wenn er so etwas erzählt. Hatte er jemals Angst vor einem Tier? "Respekt ja, Angst nein. Ekel auch nicht. Sie erfreuen mich alle. Aber ich würde mich zum Beispiel nie in eine Achterbahn setzen!"
Das große Krabbeln Familie aus Ludwigshafen hat giftige Nosferatu-Spinnen im Haus
Eigentlich lebt die Nosferatu-Spinne im Mittelmeerraum. Inzwischen haben es sich einige der bis zu 8 Zentimeter großen Tiere aber auch in der Pfalz gemütlich gemacht - auch bei einer Familie in Ludwigshafen.