In einer öffentlichen Erklärung sprach Jutta Steinruck von einer sehr persönlichen Entscheidung, die sie tief bewege. Und sie betont: "Ich bin von Herzen gerne Oberbürgermeisterin meiner Heimatstadt und begegne dieser Verantwortung jeden Tag mit Respekt, Freude und großer Leidenschaft." Aber Steinruck spricht auch von den vielen Aufgaben und Krisen, die sie in den vergangenen Jahren in ihrem Amt bewältigen musste, wie Pandemie, die Folgen des russischen Angriffskriegs in der Ukraine und die Unterbringung von Geflüchteten.
Die Ludwigshafener Oberbürgermeisterin beschreibt auch die vielen zusätzlichen Aufgaben, die die Kommunen übertragen bekommen, die ständige Geldnot und die überbordende Bürokratie. Und sie beklagt, dass es wegen der fehlenden Finanzen immer weniger Gestaltungsspielräume in Ludwigshafen gebe, zu wenige, um große Zukunftsaufgaben wie Bildung und Integration bewältigen zu können.
Steinruck fordert mehr Geld und weniger Bürokratie für Kommunen
Die Oberbürgermeisterin nutzt ihre Ankündigung, nicht mehr anzutreten, auch um Forderungen zu formulieren, wie "eine nachhaltig faire und unseren Aufgaben angemessene Finanzausstattung" sowie eine "teilweise Entbürokratisierung administrativen Handelns." Am Beispiel der Einführung einer probeweisen Videoüberwachung gegen illegalen Müll im Hemshof macht Steinruck deutlich, wie langatmig und kräftezehrend der Versuch ist, beim Umweltschutz neue Wege zu gehen.
Angesichts der Sparvorgaben des Landes für den städtischen Haushalt, sagt Steinruck: "Ludwigshafen droht der soziale und infrastrukturelle Kahlschlag im Zuge der Haushaltskonsolidierung. Ich habe diese Sorge mehrfach in den vergangenen Jahren an die Landesregierung herangetragen."
Die Oberbürgermeisterin macht dabei deutlich, dass Ludwigshafen sich wie andere Kommunen auch von Land und Bund weitgehend allein gelassen fühle. "Unsere Stadt wird es nur schaffen, aus der Schuldenfalle heraus zu kommen, wenn die Kosten im Bereich Soziales und Jugend und bei vielem mehr kostendeckend erstattet werden."
Oberbürgermeisterin will Ludwigshafen "nicht kaputtsparen"
Dabei befinde sich Ludwigshafen als Industriestadt in einer Sonderrolle. Denn der Stadt würden Millionenbeträge an Gewerbesteuereinnahmen wegbrechen, da die Industrie im Umbau begriffen sei, so Steinruck: "Das können wir nicht dadurch auffangen, indem wir die Gebühren für die Bibliothek oder den Eintrittspreis fürs Schwimmbad anheben. Das ist so absurd, dass es jedem einleuchten sollte. Letztendlich ist genau das einer der wesentlichen Gründe, warum ich nicht für eine zweite Amtszeit kandidiere."
Und anderen Kommunen im Land gehe es ähnlich. Auch die könnten nicht mehr gestalten, sondern nur noch den Mangel verwalten, so die OB weiter: Sie verzichte auch auf ihre Kandidatur, um die finanzielle Notlage der Kommunen deutlich zu machen, hinter deren "Hilferuf ein Ausrufungszeichen zu setzen."
Steinruck blickt auf Erreichtes zurück
Sie sei aber auch stolz auf vieles, was die Stadtverwaltung in ihrer Amtszeit erreicht habe, so Steinruck weiter und zählt auf: Den Wiederaufbau der Hochstraße Süd, den Baubeginn der Helmut-Kohl-Allee, den Bau bezahlbarer Wohnungen etwa durch neue Quartiere wie das Ludwigsquartier und die Heinrich-Pesch-Siedlung und den Kita-Ausbau, auch wenn dieser schleppend sei.
Oberbürgermeisterin: nicht mehr genug Kraft für neue Amtszeit
Zudem blickt die Oberbürgermeisterin zurück, wie sich die Verwaltung unter ihr entwickelt hat, mit weniger Bürokratie, mehr Bürgerservice und Digitalisierung. All das koste viel Energie und Kraft, schreibt Steinruck und an die Ludwigshafener gewandt: "Ich bin mir darüber im Klaren, dass ich mit meiner Entscheidung Menschen enttäusche. In den vergangenen Monaten habe mich immer wieder Bürger*innen sowie Vertreter*innen aus der Kommunalpolitik angesprochen und zu einer erneuten Kandidatur ermutigt."
Das positive Feedback habe ihr die Entscheidung besonders schwer gemacht. Aber sie könne nicht versprechen, dass "ich unter diesen Bedingungen dieses hohe Maß an Energie und Kraft weitere acht Jahre aufbringen möchte und kann."
Steinruck: Hass und Hetze weiterer Grund für keine erneute Kandidatur
"Oberbürgermeisterin zu sein, heißt für mich, nahbar zu sein, Mensch zu bleiben", schreibt die Stadtchefin. Aber sie wolle auch wie ein Mensch behandelt werden. "Was ich in den vergangenen Jahren an Hass und Hetze und Drohungen im Netz und auf der Straße erlebt habe, hat jedoch jede Grenze überschritten."
Steinruck macht am Schluss deutlich, dass ihre Amtszeit aber immer noch ein Jahr und vier Monate betrage. Sie werde sich in dieser Zeit weiterhin mit aller Kraft und Leidenschaft für ihre Stadt Ludwigshafen einsetzen. Ludwigshafen wählt im September 2025 sein neues Stadtoberhaupt.
Das gesamte Statement von Jutta Steinruck gibt es auf der Homepage der Stadt Ludwigshafen.
Reaktionen von SPD und CDU in Ludwigshafen
Die SPD Ludwigshafen reagierte mit den Worten, die Entscheidung verdiene Respekt. Gleichwohl sei die Bilanz der Politikerin "durchwachsen". Einerseits sei Steinruck etwa in Zusammenarbeit gelungen, die großen Verkehrsinfrastrukturvorhaben voranzutreiben. Gleichzeitig seien andere drängende Probleme nicht zufriedenstellend bearbeitet.
Auch die CDU der pfälzischen Stadt äußerte "Dank und Respekt" für Steinrucks Arbeit. "Land und Bund haben Ludwigshafen finanziell ausbluten lassen", kritisierte die Partei. Steinrucks Begründung sei kein gutes Zeichen für die kommunale Selbstverwaltung in Rheinland-Pfalz. "Dieses Signal sollte in
Mainz und Berlin aufhorchen lassen."