Mehrere Seiten Papier mit schwer verständlichen Vorschriften, Kosten und viel Zeitaufwand. So empfinden mehrere Vereine aus der Vorder- und Südpfalz aktuell die Umsetzung der Sicherheitsauflagen.
Im Interview mit dem SWR haben zwei Vereine gesagt, dass sie geplant hatten, mit Wagen am Winzerfestumzug in Neustadt an der Weinstraße teilzunehmen. Der Umzug bildet am 8. Oktober immer den Abschluss des alljährlichen Weinlesefestes. Die beiden Vereine haben nach eigenen Aussagen darüber nachgedacht, auf eine Teilnahme zu verzichten.
Umfangreiche Auflagen stellen Vereine vor Probleme
Ein Problem stellt vor allem ein gültiges TÜV-Gutachten dar, sagt die Sprecherin des Vereins Duttweiler Cuvée, Melanie Walter. Ihr Verein habe mehrseitige Sicherheitsauflagen zugeschickt bekommen. Man habe erst geplant, mit einem Umzugswagen teilzunehmen, sich dann aber dagegen entschieden.
Der Verein hat deshalb beschlossen, nur zu Fuß teilzunehmen. Man wolle dabei sein, um die eigenen Weinprinzessinnen zu unterstützen. Am einfachsten wäre es aber gewesen, wenn man es bei den ursprünglichen Auflagen belassen hätte, sagt Melanie Walter. Denn die ehrenamtliche Arbeit fordere einem schon genug ab.
TÜV-Auflagen: Anhänger auf Anhänger stellen
Auch der Verein „WIR.LEBEN.RHODT“ ist nach eigenen Angaben von den aktuellen Auflagen betroffen und befindet sich in einem Dilemma. Die Vereins-Vorsitzende Ute Anlag teilt mit, dass der vereinseigene Wagen für den Winzerfest-Umzug grundsätzlich schon fertig sei. Man habe einen Traktor-Anhänger für die eigene Weinprinzessin geplant. Um die TÜV-Anforderungen zu erfüllen, müsste man den Anhänger aber auf einen Autoanhänger stellen, der vom TÜV geprüft wurde. Das sei mit weiteren Kosten und viel Arbeit verbunden. Die Frage wäre auch, ob die Lösung auch optisch gut aussehe, so Anlag.
Der Verein arbeite daran, die Auflagen so kostengünstig wie möglich umzusetzen. Man habe beispielsweise bei Bekannten gefragt, ob jemand einen Autoanhänger hätte, den man an einen Oldtimer-Traktor dranhängen kann, sagt Anlag. Grundsätzlich habe der Verein Verständnis für die Sicherheitsauflagen, wünsche sich aber trotzdem einen leichteren Zugang zu Brauchtumsumzügen.
Auflagen unverhältnismäßig?
Vereine müssten mehr investieren, um an Brauchtumsfahrten teilzunehmen, sagt Ute Anlag. "Man muss sich überlegen, was die Ehrenamtlichen auf sich nehmen, um zwei Stunden an einem Umzug teilzunehmen. Und dann denke ich, steht das vielleicht nicht ganz so im Verhältnis.“ Hilfreich sei für den Verein, dass er von der eigenen Ortsgemeinde finanziell unterstützt werde. Er bekomme jährlich 500 Euro.
Veranstalter: Aktuelle Auflagen sind schon länger bekannt
Der Winzerfestumzug wird von der Tourist, Kongreß und Service GmbH in Neustadt (TKS) veranstaltet. Diese teilt mit, dass die Stadt Neustadt den Teilnehmern zusätzlich zu den geltenden Auflagen keine weiteren Auflagen erteilt habe. Sie übernehme auch die Kosten für den offiziellen Festwagen des jeweiligen Weindorfs. Vorausgesetzt, die Kosten befinden sich im Rahmen des neuen Erlasses. Die Kosten anderer Teilnehmer werden nicht übernommen, sagt eine Sprecherin der TKS.
Bis jetzt wurden der TKS zufolge 42 Festwagen für den Winzerfestumzug angemeldet. Die Anmeldezahl entspreche der Anzahl der vergangenen Jahre. Mit den diesjährigen Rückmeldungen sei man zufrieden. Bei Rückfragen zu den Auflagen würden den Teilnehmern die TKS und der TÜV zur Verfügung stehen, so die TKS-Sprecherin. Sie weist darauf hin, dass die aktuellen Auflagen schon länger bekannt seien und der Sicherheit aller Umzugsteilnehmer dienen. Die Tourist, Kongreß und Service GmbH sei sich dessen bewusst, dass die Auflagen Herausforderungen darstellen können.
Welche Vorgaben müssen Umzugswagen erfüllen?
Für Motivwagen ist ein Brauchtumsgutachten nötig
Bevor ein Motivwagen mit Personen darauf an einem Festumzug teilnehmen kann, muss auch ein sogenanntes Brauchtumsgutachten erstellt werden. Laut TÜV ist der Hintergrund folgender: Der Personentransport auf Anhängern ist grundsätzlich untersagt und die meist stark veränderten Wagen und Fahrzeuge würden nicht für den Straßenverkehr zugelassen.
Beim Brauchtumsgutachten wird überprüft, dass beispielsweise Tische und Bänke mit dem Wagen fest verbunden sind oder rutschfeste Stehflächen, Haltevorrichtungen sowie Brüstungen mit einer Mindesthöhe von einem Meter vorhanden sind.
Laut TÜV kann ein Brauchtumsgutachten aber mehrfach verlängert werden - vorausgesetzt, dass sich an den Fahrzeugen nichts verändert. Für eine Betriebserlaubnis und ein Gutachten fallen Kosten an, die beim ersten Mal bei mehr als 200 Euro liegen können.