Ein Jahr nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel mit 1.200 Toten und mehr als 240 verschleppten Geiseln hatten das Bistum Speyer und die Evangelische Kirche der Pfalz im Speyerer Dom zu einem Friedensgebet eingeladen. Im Interview schildern Bischof Karl-Heinz Wiesemann und Kirchenpräsidentin Dorothee Wüst ihre ganz persönliche Stimmungslage angesichts des Krieges in Nahost. Sie erklären auch, warum Beten in dieser Situation helfen kann.
Beten als Kraftquelle gegen die Ohnmacht
Die Terror-Organisation Hamas hatte am 7. Oktober 2023 in Israel unter anderem das Nova-Musikfestival angegriffen, junge Menschen getötet und verschleppt. Ohnmacht, Hilflosigkeit und Entsetzen: so beschreibt Dorothee Wüst, Kirchenpräsidentin der Evangelischen Kirche der Pfalz, ihre Gefühle am Jahrestag. Sie habe selbst Kinder, die gerne tanzen gehen. Über Monate zu erleben, wie die Gewalt dort weiter eskaliert, der Hass sich weiter ausbreitet, das führe zu solchen Ohnmachts-Gefühlen. Das Beten könne hier eine große Kraftquelle sein, um aus dieser lähmenden Situation herauszukommen. Dann falle es leichter, über Perspektiven nachzudenken, wie der Frieden und das Leben in den Kriegsgebieten wieder möglich werden könnten.
Solidarität mit Israel
Der Speyerer Bischof Karlheinz Wiesemann ist tief bestürzt über das seit dem Terrorangriff ausgelöste Leid. Viele der von der Hamas verschleppten Geiseln seien bis heute nicht befreit. Er sehe die vielen Opfer auf allen Seiten und die vielen Menschen, die keine Hoffnung mehr hätten, dass dieser Konflikt einmal friedlich gelöst werden könne. Hier sei manchmal das Gebet der einzige Atem, der einem noch bleibe, so Wiesemann. Zum Jahrestag wollten sich das katholische Bistum und die evangelische Landeskirche solidarisch zeigen mit Israel und mit aller Entschiedenheit jeder Form von Antisemitismus, auch hier bei uns in Deutschland, entgegentreten.
Stimmen aus Israel und Palästina im Friedensgebet
Im Friedensgebet im Speyerer Dom kamen auch Stimmen aus Israel und Palästina in Zitaten zu Wort. Unter anderem von Sarah Bernstein, der Direktorin des Rossing Centers in Jerusalem, die zu Mitgefühl mit unschuldigen Opfern des Krieges auf beiden Seiten aufruft. Und sie stellt die Frage, wie bei Kindern verhindert werden kann, dass die Narben aus dem langen Konflikt zu noch mehr Gewalt und Krieg führen.