Freisbach im Kreis Germersheim: 1.100 Einwohner, keine Schule, aber eine Kindertagesstätte. Im Juni ist Parkfest und im August Kerwe. Kurzum: Ein kleiner, hübscher Ort, wie es in der Südpfalz einige gibt. Und doch hat dieser kleine, hübsche Ort vor genau einem Jahr deutschlandweit für Schlagzeilen gesorgt: Weil Gemeinderat und Ortsbürgermeister geschlossen zurückgetreten sind, um dagegen zu protestieren, dass das Dorf nicht genug Geld hat.
Der Innenminister musste sich einschalten und der Name Freisbach wurde zeitweise eine Art Kampfbegriff für den Protest gegen die Landesregierung.
Rücktritt aus Protest gegen Landespolitik Freisbacher Bürgermeister erklärt Gründe für Rücktritt
In der Gemeinde Freisbach sind der Ortsbürgermeister Peter Gauweiler und der Gemeinderat aus Protest zurückgetreten. Nun erklärt Gauweiler seine Entscheidung.
Selbst im Ausland sprach man über das Rebellendorf
"Es war ein Wahnsinn!", sagt der damalige Ortsbürgermeister Peter Gauweiler (parteilos) heute über diese Zeit: Anrufe und Anfragen von Journalisten aus ganz Deutschland, Solidaritätsbekundungen von anderen Kommunalpolitikern, und sogar in Österreich habe man in der Zeitung gestanden.
Diese Diskussion sieht er als den eigentlichen Wert der Aktion vor einem Jahr. Denn: Dass sich durch einen Rücktritt wirklich etwas ändert, habe er schon damals kaum geglaubt: "Freisbach wird auch in zwanzig Jahren keinen ausgeglichen Haushalt hinbekommen."
Aber genau das habe man zeigen wollen, "dass die Ortsgemeinden die Verlierer sind, weil sie nicht genug haben, all das zu tun, was das Land von ihnen will."
Nicht ein Rücktritt, sondern viele
Um wirklich etwas zu bewirken, hätte man den Druck aufrechterhalten müssen, glaubt er. Gauweiler hatte damals direkt angekündigt: Er werde nicht mehr wieder antreten, für ihn war es das. Das bereut er heute. "Im Nachhinein würde ich nochmal kandidieren. Und wenn sich dann nichts geändert hätte, hätte ich das Mandat wieder niedergelegt. Und notfalls auch ein drittes Mal. Bis sich was tut!"
Aber da er das nicht eben getan hat, könne er sich auch nicht darüber beschweren, was seine Nachfolger tun. "Ich bin zufriedener Pensionär."
Der alte Rat ist gespalten
Andere beschweren sich sehr wohl. Dem SWR liegt eine Stellungnahme eines früheren Ratsmitglieds vor, das namentlich nicht genannt werden will. Darin ist von "Wortbruch" die Rede. Gemeint ist, dass ein Teil des alten Gemeinderats sich dann doch im vergangenen November hat wiederwählen lassen und die Wahl auch angenommen hat. Dabei sei man doch übereingekommen, so lange hart zu bleiben, bis sich was ändert.
Dieser Vorwurf geht auch an Jochen Ricklefs (parteilos), der damals als Gemeinderat zurückgetreten ist, und sich dann zum neuen Ortsbürgermeister hat wählen lassen.
"Am Ende ist es ja eine Definitionsfrage, ob sich was getan hat," sagt er dazu: "Aus meiner Sicht hat sich was getan. Ohne Führung, das ist nix, und auch ohne Geld gibt es einige Entscheidungen, die getroffen werden müssen."
Nach monatelanger Hängepartie Erster Erfolg nach Protest im südpfälzischen Freisbach: Haushalt genehmigt
Die monatelange Hängepartie um den Haushalt von Freisbach ist vorbei: Der Kreis hat grünes Licht gegeben. Nach den Protesten des Gemeinderats ist das ein Erfolg.
Das Rathaus verwaisen- und einen Verwalter die Entscheidungen treffen zu lassen, sei auf Dauer auch keine Option gewesen.
Freisbach ist noch immer klamm
Was die finanzielle Situation der Gemeinde angeht, stimmt er mit seinem Vorgänger im Amt überein: Einen genehmigten Haushalt habe man, aber um alles zu bezahlen, was bezahlt werden müsste – der Bau einer neuen Kita, zum Beispiel – sei immer noch nicht genug Geld da.
So soll es in Freisbach weitergehen
Noch in diesem Jahr soll es eine größere Umfrage unter den Freisbachern geben, was im Dorf gebraucht wird. Auf dieser Basis soll ein Plan entstehen, wie sich der Ort über die kommenden Jahre weiterentwickeln könnte. "Ich will nicht nur sagen, uns fehlt Geld, sondern ich möchte auch sagen können, was wir vorhaben, und warum Freisbach aus meiner Sicht eine Zukunft hat. Und wenn wir dann keine Mittel oder Förderungen bekommen, dann haben wir das nächste Thema, dass wir in die Medien bringen müssen."
Das kleine Dorf wird laut bleiben, wenn es nötig ist.