Der Himmel orange, gelb und rot. Riesige glühende Teile fliegen durch die Luft. Es knallt. "Wie im Krieg", werden später viele Menschen im pfälzischen Harthausen sagen. Auch zehn Jahre nach dem Explosionsunglück in dem kleinen Ort bei Speyer stockt einem bei den Videos, die ein Kameramann am 28. September 2013 drehte, der Atem. Zunächst waren auf dem Gelände einer Gasfirma mehrere Laster am frühen Morgen absichtlich in Brand gesteckt worden. Beim Eintreffen der Feuerwehr explodierte dann ein Gastank. Und dann folgten weitere Explosionen von Gastanks und Gasflaschen.
Junger Feuerwehrmann erinnert sich an Gasexplosion in Harthausen
Sven Zöller aus Dudenhofen war damals 22 Jahre alt und einer der ersten Feuerwehrleute vor Ort. Durch die Wucht der Explosion wird er selbst durch die Luft geschleudert. Der Moment sei nach all den Jahren noch immer lebendig. "Dieses Zischen, das ich damals gehört habe, wo ich dachte: Oh, das klingt aber weniger gut. Dann die Explosion, wie ich danach zu mir gekommen bin. Das Weglaufen, die Fahrt ins Krankenhaus."
Feuerwehrleute spüren die Folgen bis heute
Der heute 32-jährige Zöller erleidet Verbrennungen - im Gesicht, am Gesäß und am Oberschenkel. Erst liegt er auf der Intensivstation - dann wird er weitere zwei Wochen im Krankenhaus behandelt. Der Feuerwehrmann kann mehrere Monate nicht arbeiten. Auch 16 seiner Kameraden werden verletzt. Einige spüren die Folgen bis heute, sagt Zöller: "Es gibt noch ein paar Kollegen, die durch die Verbrennungen an den Händen beeinträchtigt sind - einige mehr, einige weniger. Zum Glück sind aber alle wieder ins Berufsleben zurückgekehrt, sind alle berufstätig und es geht allen so weit eigentlich gut."
Vater und Sohn bei Katastrophe im Einsatz
Das Besondere: Sein Vater, Stefan Zöller, war damals Einsatzleiter. Und der Vater wusste: Sein Sohn Sven war ganz vorne am Strahlrohr, als es zum ersten Mal knallte. Er fand seinen Sohn nicht. "Sven war nicht da", erinnert er sich. Erst einige Minuten später fallen sich Vater und Sohn in die Arme. Sie hatten sich in dem Getümmel um wenige Sekunden verpasst, als Sven flüchtete - und Vater Stefan nach ihm suchte. "Unser Verhältnis ist durch dieses Erlebnis inniger geworden, intensiver", sagt Vater Stefan Zöller.
Harthausen: Gastank flog durch die Luft
Dass bei dem Explosionsunglück niemand starb, grenzt an ein Wunder. Ein Gastank, so groß wie ein Kleinbus, flog am 28. September 2013 hunderte Meter durch die Luft – über das Schlafzimmer von Gisela Uebachs und ihrer Familie hinweg und landete in der Fabrikhalle des Familienunternehmens.
Die Erinnerungen kommen immer mal wieder hoch – beispielsweise an Silvester, sagt Gisela Uebachs. "Das ist, wie wenn man operiert wurde und eine Narbe hat. Man sieht die Narbe, erinnert sich, dass da was war", sagt sie. "Aber es ist nicht mehr ständig da, sondern ab und zu sieht man das und dann denkt man dran. So ist das auch mit dem Tank."
"Wir hatten alle einen großen Schutzengel an diesem Wochenende - und dafür sind wir auch dankbar", sagt Ortsbürgermeister Harald Löffler heute. "Wäre der Tank ins Dorf geflogen, dann hätte es Tote gegeben." Und nicht nur der Gas-Tank eines großen Lkw flog damals in die Luft - auch das Fahrgestell und das Getriebe des Lastwagens sowie zahlreiche andere Metallteile wurden an verschiedenen Stellen gefunden.
Ursache war Brandstiftung: Kommt der Täter bald frei?
Ursache für das verheerende Unglück war Brandstiftung. Im Dezember 2014 verurteilte das Landgericht Frankenthal den 40-jährigen Hauptangeklagten zu 12 Jahren Haft - und seine Komplizin zu dreieinhalb Jahren Gefängnis. Das Motiv war laut Gericht Rache. Bei dem Verurteilten handelte es sich um den ehemaligen Lebensgefährten der Tochter des Chefs der Gasfirma in Harthausen. Laut Staatsanwaltschaft Frankenthal ist der Mann noch immer in Haft. Über einen Antrag des Verurteilten, den Rest der Strafe zur Bewährung auszusetzen, müsse noch ein Gericht entscheiden, teilte die Staatsanwaltschaft auf SWR-Anfrage mit.
Feuerwehrmann: "Das schweißt einfach zusammen"
Fest steht: Den 28. September 2013 werden viele Menschen in Harthausen nie ganz vergessen. Und fest steht auch: Feuerwehrmann Sven Zöller ist noch vorsichtiger geworden bei seinen Einsätzen. Und: Das Unglück vor zehn Jahren hat noch etwas verändert: "Das schweißt einfach zusammen. Man weiß, man kann sich auf die Kollegen verlassen und auf die Kolleginnen - und ja - man geht durch dick und dünn."