30 Polizisten haben in diesem Jahr in Rheinland-Pfalz auf eigenen Wunsch hin den Dienst quittiert und gekündigt (Stand: 30. September 2023). Das sind deutlich mehr als die rund 20 Beamtinnen und Beamten, die laut Innenministerium durchschnittlich im Jahr die Polizei verlassen. Zuerst hatte der Trierische Volksfreund über das Thema berichtet.
Das Ministerium sieht trotz der gestiegenen Zahl an Entlassungen auf eigenen Antrag derzeit keine "Abwanderungs- bzw. Kündigungswelle" rheinland-pfälzischer Polizeibeamter. Im vergangenen Jahr kündigten jedoch nur 21 Beamte auf eigenen Wunsch und vor genau zehn Jahren waren es mit 14 Beamten noch weniger als die Hälfte der aktuellen Kündigungen.
Während das Ministerium die Entlassungswünsche vor allem auf "persönliche Gründe im Zusammenhang mit Vereinbarkeit von Beruf und Familie" zurückführt, sehen die Gewerkschaften eine Vielzahl an Gründen für den Kündigungstrend.
Thomas Meyer, der RLP-Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), nennt direkt drei: Arbeitsbedingungen, Bezahlung und Aufstiegsmöglichkeiten der rund 9.700 Polizeibeamten in Rheinland-Pfalz. Bei all diesen Dingen gibt es seiner Ansicht nach Verbesserungspotenzial.
Defizite bei Arbeitsbedingungen
Dem Trend einer Work-Life-Balance könne der Beruf des Polizisten aufgrund der 24/7-Dienste nie hundertprozentig gerecht werden, sagt Meyer. Dennoch gibt es seiner Ansicht nach einige Punkte im Bereich der täglichen Arbeitskonditionen der Beamten, die deutlich verbessert werden und "den täglichen Dienst angenehmer und zuweilen erträglicher machen" könnten. "Hier liegt aus finanziellen, bürokratischen, aber auch aus politischen Gründen einiges im Argen", ergänzt Meyer.
Eine seiner Forderungen: ausreichend Personal. Weil zunehmend Polizeibeamte an ihre psychischen Belastungsgrenzen kämen, bedürfe es mehr Ruhephasen für die Beamten. Damit das möglich werde, brauche es jedoch mehr Personal - vor allem im operativen Bereich.
"Die Polizei als sichtbarer Staat darf nicht verheizt werden", appelliert Meyer. Sonst drohten Ausfälle bis hin zu weiteren Kündigungen - insbesondere bei jüngeren Polizisten, die nach Ansicht des Landesvorsitzenden "eine lebenslange Bindung an den Staat weniger verinnerlicht haben als ältere Generationen".
Meyer mahnt außerdem an, dass es in der Wahrnehmung der Polizeibeamten an politischem Rückhalt fehle: "Einerseits gibt es mehr Übergriffe durch Menschen, die unser Rechtssystem nicht akzeptieren, aber andererseits fehlt es unserer Wahrnehmung nach an politischem Rückhalt, wenn es darum geht, solchen Übergriffen mit den Mitteln des einzig bei der Polizei verorteten Gewaltmonopols entgegenzutreten."
Hier fühlten sich einige Beamte "im Stich gelassen". Für Meyer ist dieses Empfinden von mangelndem Rückhalt ein weiterer Kündigungsgrund: "Der inneren Kündigung folgt zwangsläufig die formale Kündigung."
Bezahlung und Beförderung
Nach Einschätzung der DPolG sind die Polizeibeamten in Rheinland-Pfalz unterbezahlt. "Die Besoldung in Rheinland-Pfalz liegt am unteren Limit der vom Bundesverfassungsgericht vorgegebenen Parameter zur verfassungsmäßigen und amtsangemessenen Alimentation", sagt der Landesvorsitzende Meyer. Forderungen nach einer besseren Bezahlung werden auch in Ludwigshafen laut. Dort haben zwei Polizeibeamte anonym mit der Tageszeitung "Die Rheinpfalz" über die Probleme in ihrem Polizeipräsidium gesprochen. Auch sie bemängeln die unterschiedlichen Besoldungen in den einzelnen Bundesländern, berichtet SWR-Reporter Janosch Beyer.
Gleichzeitig warteten Beamte in Rheinland-Pfalz nach Angaben der DPolG zwischen sechs und zehn Jahre auf eine Beförderung, bleiben also relativ lange in der derselben Besoldungsgruppe. Viele Beamten wechselten deswegen zum Beispiel in Bundesbehörden, wo schneller befördert wird oder in andere Bundesländer, wie Baden-Württemberg, wo Beamte zum Beispiel beim Einstieg in den gehobenen Dienst eine Besoldungsstufe höher liegen als in Rheinland-Pfalz. Erstmals seit Jahren verließen auch vermehrt Beamte des höheren Dienstes die rheinland-pfälzische Polizei in Richtung BKA, freie Wirtschaft oder Bundesbehörden.
Frust auch bei jungen Polizisten
Auch junge Polizeibeamte sind frustriert. Die "Junge Gruppe" der Gewerkschaft der Polizei (GdP) will deswegen in den nächsten Wochen ein entsprechendes Positionspapier an die zuständigen Innenministerien geben. Die Jungen kritisieren ebenfalls die unterschiedliche Besoldung in verschiedenen Bundesländern und die Aufstiegsmöglichkeiten bei der Polizei. Rene Vroomen, der Vorsitzende des Landesjugendvorstands der GdP RLP, fordert, dass die Polizei klare Karrierewege und Entwicklungsmöglichkeiten bietet. "Junge Menschen brauchen ernstgemeinte Wertschätzung", sagt Vroomen.
Auch flexible Arbeitsmodelle sind eine wesentliche Forderung der jungen Polizeibeamten. "Wer kann es jungen Menschen verübeln, dass sie sich bewusst für modernere Arbeitsverhältnisse bei fairer Bezahlung entscheiden - die anderswo bereits Standard sind", so Vroomen.
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