Notfallsanitäter auf dem Weg zu einer hilflosen Person.

Krankenhäuser, ÖPNV, Energieversorgung

Wie ist die Lage bei der kritischen Infrastruktur in RLP?

Stand
AUTOR/IN
Rafaela Rübsamen

Zugausfälle im ÖPNV, Besuchsverbot in Kliniken: In vielen Bereichen gibt es Einschränkungen, weil Mitarbeitende krank sind. Vor allem in der kritischen Infrastruktur kann das zum Problem werden.

Ausgefallene Bahnen, verkürzte Öffnungszeiten, kranke Kolleginnen und Kollegen - an vielen Stellen merkt man aktuell die steigenden Corona-Fallzahlen und die Erkältungswelle. Besonders problematisch ist das bei so genannter kritischer Infrastruktur, die für die Öffentlichkeit sehr wichtig ist.

Diverse Krankenhäuser in Rheinland-Pfalz haben in dieser Woche wieder strengere Maßnahmen ergriffen, da neben der steigenden Zahl an Patienten viele Mitarbeitende krankheitsbedingt ausfallen. Auch bei der Deutschen Bahn fallen Verbindungen aus, weil Lokführer oder Stellwerkspersonal erkranken. SWR Aktuell hatte bereits im Juli während der Corona-Sommerwelle in einigen Bereichen nachgefragt. Damals war die Lage schon angespannt. Wie sieht es nun aus?

Kliniken und Pflege

Im Alzeyer DRK Krankenhaus werden derzeit keine Patienten mehr aufgenommen. Grund dafür ist nach Angaben einer Sprecherin der hohe Krankenstand beim Pflegepersonal. Knapp ein Viertel der Pflegerinnen und Pfleger sei derzeit krank, so die Sprecherin. Die meisten zwar nicht wegen Corona, das ändere aber nichts an der verschärften Lage. Auch das Klinikum Ludwigshafen und die Asklepios-Südpfalzkliniken in Kandel und Germersheim melden einen sehr hohen Krankenstand bei den Mitarbeitenden. Das Gesundheitszentrum Glantal musste sich vergangene Woche ebenfalls zu Teilen aus der Notfallversorgung abmelden, weil zu viele Mitarbeitende krank waren, wie ein Sprecher zu SWR Aktuell sagte.

Auch die rheinland-pfälzische Landespflegekammer sieht die Kapazitäten am Ende. Sprecher Saman Falahat sagte: "Wir denken weiterhin, dass die Situation brisant ist und sich mit jedem weiteren Tag verschärft." Die Zahl der Personalausfälle erreiche Höchststände und die Versorgung werde von der Qualität her noch grenzwertiger, als dies zuvor schon der Fall war. In die Krankenhäuser kämen vermehrt Menschen, die einerseits Corona hätten oder eben an anderen herbstbedingten Infektions- und Erkältungskrankheiten litten. "Das stellt im Hinblick auf die adäquate Trennung zwischen infektiösen und nicht infektiösen Patienten eine besondere Herausforderung dar."

Rettungsdienste

Die angespannte Situation in den Krankenhäusern und anderen Bereichen des rheinland-pfälzischen Gesundheitssystems wirkt sich auch auf den Rettungsdienst im Land aus. "Dies kann beispielsweise bei einem möglichen Aufnahmestopp zu längeren Transportstrecken und -zeiten im Rettungsdienst führen, was diesen zusätzlich belastet", schrieb das Innenministerium auf SWR-Anfrage bereits im Juli.

Katharina Benlioğlu vom Landesverband des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) berichtet, dass die Lage weiterhin angespannt sei, da die Rettungskräfte kaum eine Corona-Pause gehabt hatten. Und nun würden die Zahlen regional wieder ansteigen. Allerdings mache sie sich keine Sorgen, dass die Versorgung nicht aufrecht erhalten werden könne. "Selbst in der Anfangszeit der Corona-Welle konnten wir die Grundversorgung immer qualitativ gut aufrecht erhalten." Das DRK sei aufgrund der vergangenen Erfahrungen daher zuversichtlich, dass das auch künftig so bleibe.

Polizei

Auch die Polizei berichtet, dass sich seit Juli die Situation nicht verändert hat. Thomas Meyer von der Deutschen Polizeigewerkschaft in Rheinland-Pfalz (DPolG) sagt auf Anfrage des SWR, dass abzuwarten bleibe, "wie sich die 'Polizei-Inzidenzen' entwickeln". "Ähnlich wie im Rettungsdienst dürfen wir uns selbst und andere Personen keinem erhöhten Ansteckungsrisiko aussetzen." Es gelte nun wieder eine Maskenpflicht in Innenräumen und das Innenministerium stelle den Dienststellen anhand der bereits erwähnten Warnstufen aktuell Schnelltests zur Verfügung - "jedoch aus Sicht der DPolG unzureichend."

Den Beamten und Beamtinnen werde eine vierte Impfung angeboten, allerdings gebe es keine Impfstraßen für die Polizei. Zusammenfassend sagt Meyer: "Die kommenden Wochen und Monate bleiben eine große Herausforderung für die Polizei und unseren Auftrag müssen wir als Polizei zu 100 Prozent erfüllen."

Feuerwehr

Der Landesfeuerwehrverband bestätigt ebenfalls, dass die Wachen weiterhin ihren Betrieb gut aufrecht erhalten können. Landesgeschäftsführer Michael Klein sagte dem SWR, die Aussagen aus dem Juli hätten weiterhin Gültigkeit. Damals hieß es: "Man kann einigermaßen beruhigt sein, weil im Moment durch unsere bisherige Erfahrung keine großen Ausfälle drohen", so Frank Hachemer, Präsident des Landesfeuerwehrverbandes.

Es gebe immer mal wieder Corona-Fälle, diese Wellen ebbten aber auch schnell wieder ab. Die Feuerwehr sei nach wie vor sehr zurückhaltend und diszipliniert - und habe viele Maßnahmen aufrechterhalten - wie Testungen oder das Tragen von Masken in den Fahrzeugen. Einzelne Personalausfälle könnten durch Vertretungen gut ausgeglichen werden.

Öffentlicher Personennahverkehr

Am Sonntag vor einer Woche konnte für viele Stunden die Bahnstrecke zwischen Mainz und Frankfurt nicht befahren werden, weil das Stellwerk in Bischofsheim krankheitsbedingt nicht besetzt werden konnte. Zwischen Kaiserslautern und Lauterecken wird an den Wochenenden aus dem gleichen Grund der Zugverkehr bis auf Weiteres eingestellt. Und auch aus anderen Teilen von Rheinland-Pfalz melden die Verantwortlichen für den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) Ausfälle durch einen hohen Krankenstand.

Eine Sprecherin der Deutschen Bahn (DB) bestätigte das: "Wie viele andere Unternehmen kämpft auch die Deutsche Bahn noch mit außergewöhnlich hohen Krankenständen - darunter zahlreiche Corona-Fälle." Bei kurzfristigen Krankmeldungen - etwa beim Fahr- oder Stellwerkspersonal - ließen sich diese auch durch eine flexible und vorausschauende Personalplanung nicht vollständig kompensieren. "Bei den Mitarbeitenden in den Zügen und Stellwerken handelt es sich um hochspezialisierte Fachkräfte, die kurzfristig schwer ersetzbar sind."

Regional sieht die Lage anders aus. Die für den Kaiserslauterner ÖPNV zuständigen Stadtwerke schreiben: "Für Kaiserslautern gelten auch noch aktuell die Aussagen aus dem Juli: Bis jetzt keine Fahrtausfälle trotz einer angespannter Personalsituation."

Energie- und Wasserversorgung

Am meisten seit Juli hat sich wohl bei den Energie- und Wasserversorgern verändert. Horst Meierhofer,  Geschäftsführer des Landesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft Hessen/Rheinland-Pfalz, berichtet zwar, dass auch die Unternehmen in seinem Bereich mit Krankheitsausfällen zu kämpfen hätten. Allerdings seien die Folgen des Kriegs gegen die Ukraine aktuell viel problematischer als die Corona-Pandemie.

Der Krankenstand nehme auch bei den Energie- und Wasserunternehmen zu, sei aber noch nicht kritisch. Sie hätten aber auch gut funktionierende Notfallpläne und daher sei das Thema aktuell nicht so präsent bei den Verantwortlichen. "Das ist leider erprobte Praxis", so Meierhofer mit Blick auf die vergangenen Corona-Wellen.

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