Hitzestau entsteht durch zu viel Versiegelung in Innenstädten.

"Zugehört"

Kommunalwahl RLP: Wenn Hitze das Leben in der Stadt zur Qual macht

Stand
Autor/in
Christina Fleischanderl

Immer heißere Sommer und viel Asphalt in den Städten. Das verringert die Lebensqualität. Was Kommunen tun können, um ihre Städte lebenswerter zu machen.

"Da ist enorm viel Nachholbedarf und eigentlich hat man keine Zeit mehr dafür." Stadtklimatologe Sascha Henninger von der Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität Kaiserslautern-Landau (RPTU) spricht über die Klimaanpassung in den Städten und Kommunen. Hier sei in den letzten Jahren zwar ein Umdenken bemerkbar, aber nach wie vor stelle er fest, dass die Kommunen gegen die Hitze in den Städten noch zu wenig unternehmen. Statt versiegelter Flächen brauche es dringend mehr Grün und Schattenplätze im urbanen Raum – vor allem im Hinblick auf die immer heißer werdenden Sommer, so Henninger.

Als Stadtklimatologe berät Sascha Henninger einige Kommunen und Städte in Rheinland-Pfalz, wenn es darum geht, klimaangepasst zu bauen. Das bedeutet, dass beispielsweise ein neuer Stadtplatz so geplant wird, dass er sich möglichst wenig aufheizt und Menschen sich auch bei höheren Temperaturen dort aufhalten können.

Das Problem derzeit: Immer noch sind viele Bebauungspläne der Kommunen, die Henninger bekommt, nicht so geplant wie es der voranschreitende Klimawandel erfordern würde. "Ich sehe ja viele neue Pläne, viele Klimagutachten und frage mich dann schon, warum das manchmal heute noch wie in den 80er und 90er Jahren gebaut werden muss." Aus stadtklimatologischer Sicht sei die Versiegelung in den Städten zu hoch und das sei ein großes Problem, erklärt Henninger.

Ich sehe ja viele neue Pläne, viele Klimagutachten und frage mich dann schon, warum das manchmal heute noch wie in den 80er und 90er Jahren gebaut werden muss.

Weg von der Versiegelung – hin zu mehr grünen Städten in RLP

Vor allem versiegelte Flächen, die komplett asphaltiert sind, verursachen den Hitzestau in Innenstädten. Neben dem Quartier "Kotten" in Kaiserslautern, das vor allem aus betonierten Häuserschluchten besteht, ist hier als Negativbeispiel auch der Berliner Platz in der Ludwigshafener Innenstadt zu nennen. Der Grund dafür sei, laut Henninger, dass Asphalt im Prinzip wie ein Schwamm funktioniere. "Diese Sonnenstrahlen treffen auf die Oberfläche auf, je dunkler diese Fläche und je stärker diese Fläche versiegelt ist, desto mehr kann von dieser Strahlung aufgenommen werden." Und dann heizt sich die Stadt immer weiter auf. In Anbetracht der steigenden Temperaturen in den kommenden Jahren sei es deshalb wichtig, Plätze in Innenstädten so zu planen, dass sie Abkühlung verschaffen.

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Dazu brauche es mehr Bäume, hellere Böden, die weniger Hitze speichern und Verschattungselemente, damit die Sonne nicht direkt auf die Plätze scheinen kann. "Viele ziehen ja auch einen Hut an oder eine Kappe, wenn sie im Sommer rausgehen. Das ist ja nix anderes, da schütz ich mich auch. Da schütz ich meinen Kopf vor direkter Sonneneinstrahlung und auf einem Platz wäre es tatsächlich sinnvoll, auch da die Kappe dem Platz anzuziehen", schlägt Henninger vor.

Städte in Rheinland-Pfalz werden voraussichtlich immer wärmer

Das Umweltbundesamt (UBA) hat 2023 einen Artikel zur Hitze in Deutschland und den zu erwartenden Auswirkungen veröffentlicht. Darin ist zu lesen, dass immer heißere Tage durch den Klimawandel voraussichtlich mehr in Südwest- und Ostdeutschland spürbar sein werden. Das gesundheitliche Risiko ist dabei für Menschen, die in der Stadt leben, erhöht. Kommunen und Städte müssten deshalb noch mehr in ihren städtebaulichen Plänen das Stadtklima berücksichtigen, sagt Henninger.

Wiese mit Bäumen mitten in einem Kaiserslauterer Innenstadtquartier, diese Oasen können Hitzestau durch Versiegelung entgegenwirken (SWR)
Kleine, grüne Oasen in den Innenstädten wie hier in Kaiserslautern müsste es mehr geben, so Stadtklimatologe Sascha Henninger.

Stadtklima: Schon kleine Maßnahmen helfen

Ein Innenstadtquartier könne auch schon durch kleinere Veränderungen lebenswerter gemacht werden. Sogenannte "Pocket Parks", auch Miniparks genannt, sind kleine Grünflächen inmitten einer Stadt, die hier die Aufenthaltsqualität für Stadtbewohner verbessern könnten, meint Henninger. Außerdem könne bei Starkregenereignissen das Regenwasser auf diesen Flächen dann versickern. Zusätzlich wirke sich das Verwenden von natürlichen Materialien wie Holz in Bauprojekten positiv auf das Klima aus. Da Holz CO2 speichert, ist es klimafreundlicher als Beton oder Stahl.

Kommunen in RLP auf dem richtigen Weg

"Man kann eigentlich schon so ein Stück weit positiv in die Zukunft schauen, weil man sieht, dass sich in den letzten fünf bis zehn Jahren schon enorm viel getan hat", erklärt Henninger. Die Lücke zwischen Klimaschutz und Klimaanpassung schließe sich langsam in den Kommunen. Trotzdem - in kommunalen Umwelt- und Bauausschüssen brauche es noch mehr Bewusstsein und Wissen darüber, wie Städte auch bei steigenden Temperaturen zukünftig lebenswert bleiben können.

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Christina Fleischanderl