Die 23-jährige Marie bestellt sich im Café ein Stück Kuchen. Was für die meisten Menschen ganz normal ist, war für Marie früher ein großes Problem. Denn: Seit ihrer Kindheit hat sie gestottert.
"Früher habe ich mir eigentlich gar nichts selbst bestellt. Man hat immer versucht das zu vermeiden, weil das unglaublicher Stress war", sagt die junge Frau aus dem nördlichen Rheinland-Pfalz. Wenn sie dann doch mal irgendwo etwas bestellen musste, habe sie dort fünf Minuten lang mit den Wörtern gerungen.
Telefonieren oder Vorträge in der Schule halten - beides war für Marie ein Graus. "Das Schlimmste war eigentlich immer, wenn die Leute einem die Wörter vorweg genommen haben", sagt sie. "Die meinen es auch nur gut, aber für einen selbst ist das auf Deutsch gesagt 'scheiße', weil man ja selbst das Wort rauskriegen will."
Welttag des Stotterns Katrin aus Andernach: "Ich bin mehr als mein Stottern"
Mehr als 830.000 Menschen in Deutschland stottern laut Bundesvereinigung Stottern & Selbsthilfe. Eine davon ist Katrin Keip aus Andernach. Wie geht sie damit um?
Delphin Stotter-Therapie aus dem Westerwald
Im Teenageralter beschließt Marie, ihr Problem in den Griff zu bekommen. Vor acht Jahren macht sie eine Stotter-Therapie in der Logopädie-Praxis von Sabine und Sonja Schütz in Bad Marienberg im Westerwald. Mutter und Tochter behandeln dort Patientinnen und Patienten nach ihrer sogenannten Delphin Stotter-Therapie. Drei Wochen lang - intensiv - in einer Gruppe.
Dabei wird das falsche Sprechmuster komplett ersetzt, erklärt Sonja Schütz. Der Delphin steht für die wellenförmige Sprechmelodie, die dafür genutzt wird - ein Auf und Ab - wie die Bewegung des Meeressäugetiers.
"Wir beginnen in der ersten Sprechstufe damit, einen sehr entspannten Ton zu lernen, der in den Sprechablauf eingebaut wird", sagt Schütz. Der verhindere das Stottern, also die Verkrampfung im Kehlkopf. "Dann kommt ein zweiter Ton dazu und diese Töne werden beim jedem Wort quasi in den Sprechablauf eingebaut." Somit werde das Stottern verhindert.
Ein neues Leben ohne Stottern
Nach Angaben der Logopädinnen aus dem Westerwald schaffen es 80 Prozent ihrer Patientinnen und Patienten, nach der Therapie nicht mehr zu Stottern. Eine davon ist Marie. Mittlerweile ist sie Verwaltungsfachangestellte, übt ihren Traumberuf aus.
Sabine und Sonja Schütz freuen sich, dass sie der jungen Frau helfen konnten. Und für Marie hat nach der Therapie ein neues - stotterfreies - Leben angefangen, sagte sie. "Das war natürlich mega! Man hat jetzt fast schon Spaß daran, in die Läden reinzugehen und auch irgendwas zu fragen. Das ist tatsächlich ein ganz anderes Gefühl."