Um mit ihren Kindern schwimmen zu gehen, hat Yasemin Bayram extra einen Schwimmkurs belegt und sich im Internet einen Burkini bestellt. Doch am Beckenrand in Daaden dann die böse Überraschung: Das Badepersonal verweigert ihr den Zutritt. Der Burkini verstoße gegen die Bäderordnung der Stadt Daaden, weil er keine "übliche Badebekleidung" darstelle.
Burkini ist einzige Chance, um mit den Kindern zu schwimmen
Familie Bayram hat vier Kinder. Drei davon sind im besten Freibad-Alter: Drei, fünf und acht Jahre alt. In dem Alter aber natürlich noch nicht die besten Schwimmer. Yasemin würde wenigstens deswegen gerne mit ins Becken, damit sich die Kinder sicherer fühlen.
Das Badepersonal in Daaden habe ihr klar gemacht, dass sie nur dann ins Becken gehen könne, wenn sie kurze Badekleidung trägt. "Aber ich möchte keine kurzen Kleider tragen", sagt sie im SWR-Interview. "Meine Kinder fragen mich: Warum kommst du nicht mit schwimmen? Und ich muss immer sagen: Mein Kind, ich würde auch gerne mit dir schwimmen gehen. Ich bin sehr traurig."
Stadt begründet Burkini-Verbot mit Infektionsrisiken
Die Stadt betont auf SWR-Nachfrage, dass es in der Bäderordnung kein ausdrückliches Burkini-Verbot gebe, sondern eine Vorschrift, nach der das Schwimmbecken nur mit "üblicher Badekleidung" betreten werden darf. "Üblich" in diesem Sinne sei nur kurze Badekleidung, die Arme und Beine nicht komplett bedecke.
Die Begründung: Das Badepersonal soll bei allen Badegästen kontrollieren, ob Hautausschläge oder andere ansteckende Hautkrankheiten vorliegen. Und bedeckte Körperteile könnten nicht kontrolliert werden. Zwar bedeckten längere Badehosen und Badeanzüge auch einen großen Teil des Körpers, aber eben nicht so viel wie bei einem Burkini. Das zusätzliche Infektionsrisiko für die übrigen Badegäste sei bei einer Ganzkörper-Bekleidung zu hoch.
Burkini-Verbot in Koblenz: Ähnlich, aber auch anders
Der Fall hat durchaus Ähnlichkeit zum geplanten Burkini-Verbot in Koblenz im Jahr 2019. Die Stadt hatte damals ein ausdrückliches Verbot in die Bäderordnung aufgenommen, ein deutschlandweit viel beachteter Vorgang. Im Nachgang hatte das Oberverwaltungsgericht Koblenz die Vorschrift gekippt, das Verbot wurde aufgehoben. Seitdem darf in Koblenz im Burkini geschwommen werden.
Die Stadt Daaden weist auf Nachfrage darauf hin, dass der Fall hier anders liege, da es eben kein ausdrückliches Verbot gebe. Die Fälle seien also nicht vergleichbar. Tatsächlich kippte das Oberverwaltungsgericht die Koblenzer Bäderordnung auch nur deswegen, weil gleichzeitig Neoprenanzüge erlaubt blieben. Das sei ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, urteilten die Richter.
Eine sachliche Entscheidung, ob Burkinis grundsätzlich als übliche Badekleidung angesehen werden können, traf das Gericht deswegen ausdrücklich nicht.
Zweifel an Gesundheitsargument gegen Burkinis
Die Richterin am Oberverwaltungsgericht hatte bei der Urteilsverkündung 2019 aber trotzdem angemerkt, dass das Gericht erhebliche Zweifel daran habe, dass der Hinweis auf mögliche Gesundheitsrisiken Sinn ergibt. Auch SWR-Recherchen kamen in dem Zusammenhang zu einem ähnlichen Ergebnis.
Vom Berufsverband der Deutschen Dermatologen hieß es damals etwa, dass der weit überwiegende Teil von ansteckenden Hautkrankheiten im Genitalbereich, in Achselhöhlen oder Hautfalten vorkomme, also auch bei kurzer Badekleidung nicht sichtbar sei. Außerdem könnten medizinische Laien wie Bademeister unmöglich den Unterschied zwischen einer gewöhnlichen Hautreizung und einer ansteckenden Infektion erkennen. Erst recht nicht aus der Distanz und ohne medizinisches Gerät.
Familie Bayram hofft, dass die Stadt Daaden einlenkt und Yasemin Bayram doch noch im Burkini schwimmen gehen darf.
Der Berufsverband der deutschen Schwimmmeister und der DLRG bestätigten auf SWR-Nachfrage, dass eine Kontrolle auf Hautkrankheiten im normalen Bäderbetrieb praktisch unmöglich ist. Hierfür wäre eine Eins-zu-Eins-Kontrolle jedes einzelnes Badegastes beim Einstieg ins Becken nötig.
Nicht nur Burkinis, sondern lange Kleidung grundsätzlich verboten
Für die Stadt Daaden sind das keine Gründe, um in diesem Streit einzulenken. Stattdessen betont der Bürgermeister Walter Strunk, dass - anders als in Koblenz - auch alle anderen langen Badekleidungen, wie etwa Neoprenanzüge, verboten sind. Auch spezielle UV-Schutz-Kleidungen, wie sie oft von Kindern getragen würden, gebe es im Freibad nicht. Man habe deswegen extra ein großes Sonnensegel über dem Kinderbecken angebracht.
Augenzeugen widersprechen aber dieser Aussage. Mehrere Badegäste haben dem SWR gegenüber unabhängig voneinander bestätigt, dass gerade das Schwimmen in UV-Schutzkleidung regelmäßig vorkomme. Und dass dies auch von den Bademeistern nicht geahndet werde. Niemand habe beobachtet, dass es mit dieser Schutzkleidung zu Vorfällen oder Problemen gekommen sei, so ihre Aussagen.