Bei der Anklageverlesung des Staatsanwalts vor dem Landgericht in Koblenz wurde das Ausmaß der Misshandlungen deutlich. Demnach sollen der 48-jährige Mann und die 40-jährige Frau ihr Opfer mindestens ein halbes Jahr lang als Sklavin gehalten und zur Prostitution gezwungen haben.
Staatsanwaltschaft: Opfer hatte mehr als 50 Knochenbrüche
Das Geld, das die 31-Jährige dabei verdient habe, sei ihr abgenommen worden. Die Beschuldigten seien als ihre Zuhälter aufgetreten und hätten mit den Einnahmen ihren Lebensunterhalt bestritten. Als die Geschäfte im Sommer nicht mehr so gut liefen - und die beiden Angeklagten nicht in den Urlaub fahren konnten - habe die Gewalt zugenommen.
Die Frau habe in den vergangenen Monaten mehr als 50 Knochenbrüche, Verbrennungen und innere Verletzungen erlitten. Sie sei regelmäßig mit Fäusten und Besenstielen geschlagen sowie erniedrigt, gequält und gefesselt worden.
Opfer durfte Wohnhaus mehrere Monate nicht verlassen
Die 31-Jährige habe in der gemeinsamen Wohnung im Badezimmer auf dem Boden gelebt, dort habe sie auch ihre Freier bedienen müssen. Die Wohnung durfte sie laut Anklage mindestens seit einem halben Jahr nicht mehr verlassen.
Am 22. November 2023 sei die Frau an einer Bauchfellentzündung gestorben. Zu diesem Zeitpunkt habe sie am gesamten Körper massive Verletzungen gehabt, teilte die Staatsanwaltschaft mit.
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Beschuldigte sollen Taten fotografiert haben
Die beiden Angeklagten kommen laut Staatsanwaltschaft, ebenso wie das Opfer, aus Bulgarien und waren seit vielen Jahren im Rotlichtmilieu in Koblenz tätig. Ihre menschenverachtenden Taten sollen sie den Angaben zufolge fotografiert und dabei auch neben ihrem Opfer posiert haben. Eine Auswertung der Smartphones habe ergeben, dass die Bilder regelmäßig an Verwandte und Freunde in Bulgarien und Österreich geschickt worden seien.
Die Staatsanwaltschaft legt den Beschuldigten einen gemeinschaftlich und grausam begangenen Mord aus niedrigen Beweggründen zur Last. Die Tat sei auch ein besonders schwerer Fall der Zwangsprostitution mit Todesfolge. Die Anwälte der Angeklagten sagten am ersten Prozesstag, dass sich ihre Mandanten zu den Vorwürfen nicht äußern.
Ermittlungen gegen Nachbarn wegen unterlassener Hilfeleistung
Wie die Staatsanwaltschaft mitteilt, sind die beiden Beschuldigten bereits einen Tag nachdem die Frau gefunden wurde festgenommen worden. Seitdem befänden sie in Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt Koblenz.
Insgesamt ist es schwer vorstellbar, dass niemand in dem Mehrfamilienhaus in Koblenz-Rauental von den Qualen der Frau mitbekommen haben will. Der Richter sagte beim Prozessauftakt, dass auch gegen Nachbarn aus dem Haus wegen unterlassender Hilfeleistung ermittelt werde. Am Freitag sollen erste Zeugen aus der Nachbarschaft vor Gericht aussagen.