Seit dem frühen Morgen ist Patrick Mnich mit der MS Kallisto auf dem Rhein unterwegs. Der Himmel ist wolkenlos, das Thermometer zeigt um die 30 Grad an. Der Fluss zeigt sich wegen der anhaltenden Trockenheit derzeit von seiner schmalen Seite - viele Schiffe können nicht mehr voll beladen fahren.
Kohle vor allem vorne geladen
Die MS Kallisto fährt mit etwa 400 Tonnen Kohle in Richtung Großkraftwerk Mannheim. Das Gut wurde vor allem vorne geladen - damit der Motor hinten höher liegt, wie Mnich erklärt. Dass der Rhein aktuell so wenig Wasser hat, sieht er gelassen.
Die MS Kallisto gehöre mit 80 Metern Länge zu den kleineren Frachtschiffen und habe vergleichsweise wenig Tiefgang. "Es ist bisher noch nie vorgekommen, dass die MS Kallisto wegen Niedrigwasser nicht fahren konnte", sagt Mnich mit Rückblick auf die jahrzentelange Geschichte des Familienunternehmens Mnich.
Der Lärm aus dem Maschinenraum begleitet den Schiffsführer und die Crew den ganzen Tag über. Im Führerhaus hat Patrick Mnich alle Fenster geöffnet und dennoch staut sich auch hier die Hitze. Konzentriert schaut der 29-Jährige auf zwei Monitore, die ihm Flusslauf, Wassertiefe und Hindernisse anzeigen.
Erstes Mal mit Kohle unterwegs
Die Strecke durchs Welterbe Oberes Mittelrheintal kennt er in und auswendig, aber durch das Niedrigwasser erlebt auch er wieder was Neues, erzählt er: "Ich fahre jetzt das erste Mal Kohle. Sonst fahre ich eher Getreide, weil mein Schiff für große Mengen Kohle gar nicht gemacht ist. Aber das war jetzt ein lukratives Angebot - da habe ich mal zugeschlagen."
400 Tonnen bringt er nach Mannheim, in Zeiten von normalen Wasserständen könnte er das Dreifache transportieren. Aber für ihn geht Sicherheit vor Profit: "Bevor ich irgendwo aufsitze, mir ein Loch in den Schiffsboden fahre, in die Werft zur Reparatur muss, dann schätze ich lieber ab, wie viel Ladung ich bei diesen Wasserständen sicher transportieren kann", erklärt er.
Sicher steuert Patrick Mnich durch die Fahrrinne, die mal tiefer und mal flacher ist. Die vielen Schiffe vor ihm haben sie mit ihren kräftigeren Propellern regelrecht von Kies freigewirbelt. Aber hinter St. Goar, spätestens ab Kaub und Lorch wird es noch mal spannend. Immer weniger Wasser ist unterm Kiel, der Schiffsführer verlangsamt die Fahrt: "Der Propeller hat einfach kein Wasser mehr".
Wasser gibt es nur noch in der Fahrrinne
Eben waren es noch 1,50 bis 1,60 Meter, plötzlich sind es nur noch 30 Zentimeter. "Da muss man ständig gucken", so Mnich. Auch seitlich sei kein Wasser mehr da, hinter den Bojen nur Sandbänke, Wasser gebe es nur noch in der Fahrrinne. Im schlimmsten Fall setzt das Boot auf, wie der 29-Jährige berichtet: "Man kann zwar Gas geben, aber dann zieht man sich das Wasser weg, die Maschine läuft heiß, dann machts Peng und Ende wars."
Wenn ein Schiff in der Fahrrinne liegen bleibt, kann das für große Probleme sorgen. Das hat sich beispielsweise am Mittwoch gezeigt, als ein Containerschiff zwischen St. Goar und Oberwesel einen Antriebsschaden erlitten hat. Der Mittelrhein musste für die Bergung stundenlang gesperrt werden. Später kam es noch zu Behinderungen, weil keine Überholmanöver gestattet waren. So entstand ein langer Schiffsstau auf dem Rhein.
Dreizehneinhalb Stunden, nachdem Patrick Mnich seine Tagestour in Bonn gestartet hat, kommt er an seinem Etappenziel in Bingen an. Aber müde oder abgeschafft wirkt er trotz Niedrigwasser-Manövern nicht: "Ich mach das ja nicht zum ersten Mal, sondern schon ein paar Jahre." Ein bisschen froh ist er aber schon, das "Gebirge" hinter sich gebracht zu haben - weil die Maschinen so laut sind. "Wenn es von Bingen nach Mannheim geht, ist das alles wieder ruhiger und entspannter. Leichter, weil weniger Strömung ist.“
Schiffer wünscht sich Rheinvertiefung
Sorgen, dass er bald wegen des niedrigen Wasserstandes nicht mehr fahren könnte, hat er nicht. Trotzdem würde er sich wünschen, dass die geplante Rheinvertiefung im Mittelrhein kommt. Auch spricht er sich für eine Modernisierung der Liegestellen an der Reede in Bad Salzig aus. Angst, dass er in naher Zukunft arbeitslos werden könnte, hat er nicht: "Es wird immer Ladung geben, die noch gefahren werden muss."