In der Sternschnuppen-Gruppe ist ganz schön was los. Acht Kleinkinder unter zwei Jahren krabbeln und tapsen durch den hellen Gruppenraum der Kita in der Pestalozzistraße in Bad Marienberg. Mit großen Augen bestaunen sie die bunten Spielsachen und brabbeln fröhlich vor sich hin. Neben ihnen auf dem Boden sitzen ihre Erzieherinnen, spielen mit ihnen und singen den Kindern vor.
Dass die Betreuungskräfte zu dritt sind, ist in Rheinland-Pfalz nicht selbstverständlich, sagt Kita-Leiterin Kathrin Denker: "Eigentlich sind nur zwei Vollzeitstellen für U2-Kinder vorgesehen. Aber wir haben in der Praxis gemerkt, dass zwei Erzieherinnen bei den acht Kindern eigentlich zu wenig sind, weil die Kleineren so viele Bedürfnisse haben."
Mehr Aufwand und stärkere emotionale Bindung
Anders als die größeren Kinder seien die Kleinen noch sehr stark auf ihre Bezugserzieherinnen angewiesen - nicht nur, was pflegerische Tätigkeiten wie Windeln wechseln oder Füttern angehe. "Man kann nie genug Hände haben, um bei den Kleinen zu unterstützen", bestätigt Lorena Staudt, eine der Erzieherinnen.
Aber auch die emotionale Bindung sei sehr wichtig. Es dauere bei kleinen Kindern daher auch länger, bis sie sich an eine neue Erzieherin gewöhnten. Ein weiterer Grund, warum Lorena Staudt froh ist, dass gleich zwei Kolleginnen sie unterstützen. Das stelle sicher, dass immer ein bekanntes Gesicht für die Kinder in der Gruppe sei. Auch dann, wenn mal eine Kollegin krank sei oder in den Urlaub fahre.
Personalausstattung für Kitas ist einheitlich geregelt
Tatsächlich stehen der Pi-Pa-Pestalozzi-Kita aber nicht mehr Fachkräfte als anderen Einrichtungen zur Verfügung. Der Bedarf werde überall gleich berechnet, erklärt die Kita-Leiterin. Die rheinland-pfälzische Landesregierung sieht vor, dass jeweils vier Kinder unter zwei Jahren von einer Fachkraft betreut werden sollen. Auch der Westerwaldkreis hält sich nach eigenen Angaben bei der Bedarfsplanung an diese Personalvorgaben.
Eine Erzieherin mehr für die Sternschnuppen-Gruppe bedeutet also, dass diese im Regelbetrieb fehlt. "Wir haben unser Personal so eingeteilt, dass die Gruppen trotzdem relativ gut abgedeckt sind", sagt Kathrin Denker. So kämen sie im Normalfall gut zurecht.
Personalausfälle können schnell zum Problem werden
Aber wenn Erzieherinnen oder Erzieher krank werden, dann wird es auch in der Pestalozzistraße schnell eng. Laut Kathrin Denker liegt das daran, dass es bei dem berechneten Bedarf im Grunde keinen Puffer gibt. Ausfälle auszugleichen sei gar nicht so einfach, weil es wenig Fachkräfte gebe, die einspringen könnten. In der Marienberger Kita übernimmt demnach manchmal eine ehemalige Kollegin, die eigentlich schon im Ruhestand ist.
Kita-Notstand in Daten Für vier von fünf Kindern fehlt in rheinland-pfälzischen Kitas Personal
Mehr als 80 Prozent der unter Dreijährigen werden in Kitas von zu wenig Personal betreut. Die Qualität der frühkindlichen Bildung leidet, Fachkräfte geraten an ihre Grenzen.
Wenn zu wenig Fachkräfte da sind, müssen Kitas einzelne Gruppen oder schlimmstenfalls sogar die ganze Einrichtung schließen. Dazu sei sie in einem solchen Fall gesetzlich verpflichtet, erklärt Kathrin Denker.
Der Fachkräftemangel ist also auch im Westerwald ein Problem. Zu Denkers Erleichterung ist in Bad Marienberg aber schon Verstärkung in Sicht: "Wir haben im Moment eine Anerkennungspraktikantin und eine Teilzeitauszubildende hier, beide im letzten Jahr. Wir haben das Glück, dass wir die beiden im Sommer übernehmen können."
Westerwaldkreis bei Krippenbetreuung führend in RLP
Der Westerwaldkreis ist in Rheinland-Pfalz führend, was die Betreuung im U3-Bereich angeht. Dort kümmert sich eine Betreuungskraft im Schnitt um etwa 2,8 Kinder. Das zeigen Daten der Bertelsmann Stiftung aus dem Jahr 2022, die das SWR Data Lab ausgewertet hat. Damit stehen im Westerwaldkreis sogar noch mehr Fachkräfte zur Verfügung als wissenschaftlich empfohlen.
Laut der Studie empfehlen die Wissenschaftler, dass sich eine Erzieherin oder ein Erzieher maximal um drei Kinder im Krippenalter kümmern sollte. Im nördlichen Rheinland-Pfalz erreichte diesen Wert lediglich noch der Kreis Cochem-Zell. Im Gegensatz dazu kommen im Kreis Neuwied, im Kreis Ahrweiler und im Kreis Mayen-Koblenz auf einen Betreuer etwas mehr als 3,5 Kinder. Im Rhein-Hunsrück-Kreis liegt der Schnitt sogar bei 4,4.