Dramatische Lage in den Kitas

In Ludwigshafen fehlen mehr als 3.000 Kita-Plätze

Stand
Autor/in
Birgit Baltes
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In Ludwigshafen fehlen aktuell laut Stadtverwaltung rund 3.100 Kita-Plätze. Die Stadt hat dem Jugendhilfeausschuss dazu Zahlen vorgelegt. Im Kita-Jahr 2024/25 könnte sich die Lage noch verschärfen.

"Die Lage stimmt nachdenklich und ist sehr ernst." Mit diesen Worten eröffnete Pascal Thümling, städtischer Bereichsleiter der Kitas in Ludwigshafen, seinen Bericht zum Bedarfsplan. Laut Thümling fehlten der Stadt in diesem Kita-Jahr, Stichtag Ende Mai 2023, rund 3.100 Plätze.

Wieviele Plätze genau es im kommenden Kita-Jahr sein werden, das werde die Stadtverwaltung zum 31.Mai 2024 erheben. Es sei zu befürchten, dass es nicht weniger Plätze sein werden als im vergangenen Jahr, so Thümling. Es sei zu befürchten, dass noch sogar noch mehr Kita-Plätze fehlen werden.

Mit dem Bedarfsplan legt die Stadt fest, wieviele Kita-Plätze im Kita-Jahr 2024/25, das nach den Sommerferien beginnt, gebraucht werden.

Christiane Huber und Liselotte Seibert von der "Elterninitiative Betreuungsnotstand Ludwigshafen" demonstrieren vor dem Jugendhilfeausschuss
Christiane Huber und Liselotte Seibert von der "Elterninitiative Betreuungsnotstand Ludwigshafen" halten Schilder hoch, die zeigen, worum es den Ludwigshafener Eltern geht

In Ludwigshafen fehlen neue Kitas und Fachkräfte

Der Bericht war gespickt mit Zahlen und Fakten: Beispielsweise wären schon im vergangenen Kita-Jahr rund 8.500 Kita-Plätze in Ludwigshafen nötig gewesen, um den Bedarf zu erfüllen - davon 950 Hortplätze für Schulkinder und 350 Plätze für Unter-Zweijährige. Tatsächlich konnten aber nur rund 5.900 Plätze belegt werden. Mit anderen Worten konnten in Ludwigshafen mehr als 2.700 Kinder keine Kita besuchen, weil Plätze fehlten.

Bereichsleiter Thümling machte dabei klar, dass in Ludwigshafen zwar auch neue Kitas fehlen - nämlich für etwa 2.000 Kinder. Aber Kitas allein zu bauen reiche nicht: Das Hauptproblem seien die fehlenden Erzieherinnen und Erzieher. Hunderte vorhandener Kita-Plätze konnten nicht vergeben werden, weil Personal fehle. Das neue Kita-Gesetz habe die Personalnot noch verschärft, so Thümling.

Kita-Abteilungsleiterinnen schildern dramatische Lage

Zwei Abteilungsleiterinnen, die für die Kitas in mehreren Ludwigshafener Stadtteilen zuständig sind, berichteten von ihren Erfahrungen im Austausch mit den Kitas. Dabei wurde deutlich: Es gibt so viele "Baustellen" in den Kitas, dass die Fachkräfte in Ludwigshafen völlig überlastet sind.

Eines ist die Sprache: "Wir können nicht mehr sagen, es gibt eine einzige Sprache, sondern die Vielfalt der Sprachen ist unheimlich groß", hieß es da. Inzwischen würden die Kinder in vielen Gruppen nur Englisch miteinander sprechen, das sie wohl auf Youtube gelernt hätten.

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Immer mehr Kita-Kinder verhaltensauffällig

Die Leiterinnen schilderten auch, dass es immer mehr verhaltensauffällige, entwicklungsverzögerte und traumatisierte Kinder gebe. "Die Kids sind vom Kita-Alltag völlig überfordert. Sie schlagen um sich, beißen, spucken."

Es gebe Kinder, die auf verschiedenste Kontaktversuche nicht reagierten, die im Alter von vier Jahren noch gefüttert werden müssten, nicht laufen könnten, ununterbrochen schreien. Selbst wenn es genug Fachkräfte gäbe, seien die Erzieherinnen für solche Fälle nicht ausgebildet, betonten die Abteilungsleiterinnen.

Gleichzeitig dauere es oft zehn Monate oder länger bis ein Förderbedarf diagnostiziert werde und dann eine Integrationshilfe unterstützen könne. Und auch die Eltern seien oft hilflos und würden immer mehr Erziehungsaufgaben an die Kitas übertragen. "Die Masse der Bedürfnisse können die Erzieher nicht bewältigen. Sie fühlen sich maßlos überfordert und das führt dazu, dass sie ihre Aufsichtspflicht nicht erfüllen können", so das Fazit der Kita-Leiterinnen.

Jugendhilfeausschuss: AG soll Lösungen erarbeiten

Der Jugendhilfeausschuss stimmte dem Kita-Bedarfsplan der Stadt dann auch zu, aber nur mit der Bedingung, dass eine Arbeitsgruppe eingerichtet wird, die Lösungen gegen die Kita-Misere erarbeiten soll. Wilhelma Metzler (CDU) begründete das so: "Wenn wir nicht zugestimmt hätten, hätte das bedeutet, dass die Eltern ihre Kita-Plätze erst im September zugeteilt bekommen hätten. Das wollten alle vermeiden."

In einer Arbeitsgruppe sollen unter anderem die Stadtverwaltung, der Stadtelternausschuss Ludwigshafen (StEA LU) und freie Kita-Träger vertreten sein. Metzler ist zwar klar, dass es keine kurzfristigen Lösungen geben kann, aber es müssten deutlich schneller neue Kita-Plätze geschaffen werden.

Kita-Notstand: Was könnten Lösungen sein?

Einige Lösungsvorschläge kamen im Jugendhilfeausschuss bereits auf den Tisch: Beispielsweise könnten mehr Hilfskräfte in die Kitas, um die pädagogischen Fachkräfte zu entlasten. Die Stadt könnte auch eine Projektgesellschaft gründen, die sich ausschließlich um den Neubau von Kitas kümmert. Romina Dimov (SPD) fasste die Ziele so zusammen: "Es geht darum, dass wir schauen müssen, dass es beim Bau läuft, bei der Sanierung läuft, und dass bei der Bezahlung des Personals nachgebessert werden muss."

Klar wurde aber auch das, was Elternvertreter in Ludwigshafen schon lange fordern: Es muss viel mehr Geld in die Ausbildung des Fachpersonals und ins ganze System frühkindliche Bildung fließen. Wilhelma Metzler formuliert das so: "Wenn alle sagen, Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist wichtig, dann verlange ich auch, dass es gezahlt wird."

Eine Elternvertreter in Ludwigshafen ist genervt

Christiane Huber von der "Elterninitiative Betreuungsnotstand Ludwigshafen", selbst Mutter eines Kita-Kindes, hat die Sitzung als Zuschauerin mitverfolgt und zusammen mit Mitstreiterin Liselotte Seibert davor für eine bessere Betreuung in Ludwigshafen demonstriert.

Auch sie ist genervt: Erst musste sie lange auf einen Kita-Platz warten und nun, da ihre Tochter endlich eine Kita besucht, leide sie weiter unter dem Personalnotstand - etwa unter verkürzten Öffnungszeiten und Notbetreuung wegen Krankheit. Der Betreuungsnotstand sei in Ludwigshafen seit Jahren bekannt und seit Jahren werde immer nur geredet. Nun müsse endlich mal gehandelt werden, fordert Huber. Aber sie ist auch desillusioniert: "Ich habe den Glauben an Verbesserungen verloren."

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