Die beiden argentinischen Rettungsschwimmer Juan Ipsale und Marisol Cruz führen diesen Sommer die Badeaufsicht im Freibad in Birlenbach (Rhein-Lahn-Kreis)

Bundesweiter Fachkräftemangel im Schwimmbad

Argentinische Rettungsschwimmer als Bademeister im Freibad Birlenbach

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AUTOR/IN
Bruno Nonninger

Es gibt zu wenig Bademeister, auch im Freibad in Birlenbach im Rhein-Lahn-Kreis. Die Pächterin fand eine unkonventionelle Lösung - sie holte zwei Rettungsschwimmer aus Südamerika.

Jahrelang hat Kirsten Darda versucht, Bademeister zu finden. Sie hat das kleine Freibad in Birlenbach gepachtet. Doch nichts half: Bademeister aus Deutschland waren einfach nicht zu kriegen, erzählt sie. Deshalb wird sie in diesem Sommer von Marisol und Juan unterstützt. Die beiden jungen Leute arbeiten in Argentiniens Hauptstadt Buenos Aires als Rettungsschwimmer. Jetzt ist in ihrer Heimat Winter und sie haben Zeit, um in Deutschland im Freibad in Birlenbach auf die Badegäste aufzupassen.

Ein beherzter Sprung ins Becken - kein Problem für den argentinischen Rettungsschwimmer Juan Ipsale, wenn er im Freibad in Birlenbach Hilfe leisten muss.
Ein beherzter Sprung ins Becken - kein Problem für den argentinischen Rettungsschwimmer Juan Ipsale, wenn er im Freibad in Birlenbach Hilfe leisten muss.

Rettungsschwimmer aus Argentinien im Freibad Birlenbach

Das ist nicht nur für sie, sondern auch für Kirsten Darda ein echter Sprung ins kalte Wasser. Darda hat die Flüge für Marisol und Juan bezahlt und eine Unterkunft für sie gesucht. Sie stellt ihnen ein Auto zur Verfügung und zahlt ihnen dasselbe Gehalt wie den anderen Mitarbeitenden in ihrem Betrieb. "Das ist für die beiden natürlich sehr viel Geld im Verhältnis zu den Löhnen in ihrer Heimat. Aber warum sollte ich eine zertifizierte Fachkraft anders bezahlen, nur weil sie aus dem Ausland kommt?"

Es ist für mich eine Herzensangelegenheit, dieses Bad zu betreiben.

Freibad-Pächterin in Birlenbach trägt hohes Risiko

Dafür sei sie mit mehreren tausend Euro in Vorleistung getreten, sagt die Freibad-Pächterin. Das alles sei ein hohes finanzielles Risiko. Jetzt hänge alles vom Wetter ab. "Wenn es ein normaler Sommer wird, müsste die Kalkulation aufgehen. Bleibt das Wetter aber so, wie es jetzt ist, wird es vermutlich ein Minus-Geschäft."

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Dennoch habe sie den Schritt gewagt, um das Bad ohne Einschränkungen öffnen zu können. "Es ist für mich eine Herzensangelegenheit, dieses Bad zu betreiben", so Darda. Es sei wichtig, dass Kinder Schwimmen lernten. Deshalb biete sie mit dem Personal aus Argentinien nun an zwei Tagen zusätzlich zum normalen Betrieb noch ein Früh-Schwimmen an. Ohne die beiden jungen Rettungsschwimmer aus Argentinien könnte sie das nicht und müsste vielleicht sogar eher an zwei Tagen schließen.

Marisol und Juan achten auf die Kinder im Freibad Birlenbach

Auch Marisol und Juan liegen die Kinder besonders am Herzen. Beide sind zum ersten Mal in Deutschland. Bei Dienstantritt hätten sie als erstes danach gefragt, wo die Erste-Hilfe-Koffer und Defibrillatoren seien, erzählt Darda. "Kinder sind im Schwimmbad am meisten gefährdet", erklärt Juan, "weil sie oft nicht wissen, wie man schwimmt. Viele kennen die Gefahren nicht, die es in einem Pool oder im Wasser gibt.“ Deshalb müsse man die Kinder besonders im Blick haben.

Das zeige die Erfahrung mit tausenden Badenden am Strand in Buenos Aires, ergänzt seine Kollegin Marisol: "Bei uns am Strand und im Meer ist alles voll mit Menschen. Da muss man über viele Meter den Überblick behalten. In Argentinien muss ich jeden Tag viele Menschen im Wasser retten. Hier ist es ganz anders, das Schwimmbad ist sehr klein. Aber auch hier kann etwas passieren, und wir müssen darauf achten, was Kinder im Wasser nicht wissen."

Kirsten Darda, Pächterin des Freibades in Birlenbach (Rhein-Lahn-Kreis), freut sich riesig, dass sie zwei Rettungsschwimmer aus Argentinien als Bademeister gewinnen konnte
Kirsten Darda, die Pächterin des Freibades in Birlenbach hofft, dass die beiden Rettungsschwimmer aus Argentinien wiederkommen.

Fehlende Deutschkenntnisse: Für die Badegäste kein Problem

Einzig die Sprachbarriere ist noch ein Problem. Deutsch sei eine sehr schwierige Sprache, sind sich Marisol und Juan einig. Dennoch lernten sie sehr schnell, sagt Darda. Und auch bei den Badegästen kommt das Konzept gut an. Alle sind froh, dass es eine kompetente Aufsicht gibt. "Um jemanden aus dem Wasser zu retten, muss man doch nicht perfekt Deutsch sprechen", meint ein Badegast.

Bis Ende August sind die beiden Rettungsschwimmer nun im Einsatz und führen die Badeaufsicht in den Schwimmbädern in Birlenbach, Hünfelden, Dauborn und Hachenburg. Kirsten Darda hofft, dass ihren beiden neuen Mitarbeitern aus Südamerika die Badesaison in Deutschland auch ohne Strand so gut gefällt, dass sie nächstes Jahr wiederkommen.

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