Das Nachrichtenmagazin "Spiegel" schreibt unter Berufung auf einen vertraulichen Bericht des Rechnungshofs an den Bundestag, der Hersteller Heckler & Koch aus Baden-Württemberg habe sich im Herbst 2022 an das Koblenzer Beschaffungsamt gewandt mit der Bitte, die Anforderungen für Schusstests zu ändern. So sollten Schusstests mit ziviler Spezialmunition und nicht mit der bei der Bundeswehr üblichen Gefechtsmunition erlaubt werden. Dieser Bitte kam das Beschaffungsamt offenbar in einem Änderungsvertrag nach.
Medienberichte: Hersteller Heckler & Koch mit vielen Änderungswünschen für Schusstests
Laut "Spiegel" heißt es im Bericht des Rechnungshofs weiter, durch die nachträglich geänderten Anforderungen für die Schusstests mit dem Gewehr sei "nicht mehr sichergestellt, dass die Präzisionsanforderungen der Truppe erfüllt werden". Durch die Abschwächung der Anforderungen habe das Beschaffungsamt "die Nachweispflichten des Waffenherstellers zum Nachteil der Bundeswehr vereinfacht".
Verteidigungsministerium weist Kritik zurück
Die "Bild"-Zeitung schreibt unter Berufung auf den Rechnungshofbericht, die Industrie dürfe infolge der Abschwächung bei den Tests nun auch ein Scharfschützen-Zielfernrohr verwenden. Ob das Beschaffungsamt in Koblenz auch, wie der "Spiegel" weiter berichtet, der Bitte von Heckler & Koch nachkam, die Tests nicht bei extrem kalten und heißen Temperaturen durchführen zu müssen und Feuerpausen einlegen zu dürfen, ist unklar.
Das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) - so der offizielle Titel - hat sich bislang nicht zu den Berichten und der darin formulierten Kritik durch den Rechnungshof geäußert. Das Verteidigungsministerium allerdings wies die Kritik des Bundesrechnungshofes an den Schusstests mit dem neuen Sturmgewehr mittlerweile zurück. "Die Anforderungen an den Hersteller, damit er die Vorgaben erfüllen kann, wurden nicht gesenkt", sagte ein Sprecher. Auch falle das Gewehr, das sogenannte G95 des Herstellers Heckler & Koch, bei der Präzision nicht durch.
Nachdem die Waffe Auswahltests erfolgreich bestanden habe, so der Ministeriumssprecher, müsse das Gewehr derzeit unter Truppenbedingungen beweisen, dass es die Bedingung erfülle. Bei diesen Tests habe es Abweichungen gegeben und so sei gemäß vertraglicher Vereinbarung mit dem Hersteller auf Präzisionsmunition zurückgegriffen worden.
KSK nutzt G95A1 - offenbar ohne Probleme
Das neue Sturmgewehr mit der offiziellen Modellbezeichnung G95A1 kommt laut "Spiegel" sowohl bei der Eliteeinheit Kommando Spezialkräfte (KSK), bei der Division Schnelle Kräfte (DSK) als auch bei anderen Armeen wie in Frankreich schon seit mehreren Jahren zum Einsatz. Über die Präzision habe es bisher keine Beschwerden gegeben.
Das G95A1 ist das Nachfolgemodell des G36. 2012 hatte es erste Hinweise auf eine fehlende Präzision des G36 gegeben. In der Folge wurde bei Untersuchungen eine thermische Überlastung festgestellt, sobald zu viele Schüsse hintereinander abgegeben wurden oder bei großer Hitze geschossen wurde.