Sind Birkenstock-Sandalen vom Urheberrecht geschützte Kunstwerke? Mit dieser Frage hat sich am Donnerstag der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe beschäftigt. Birkenstock-Sandalen sind ein Millionen-Markt und in der Mode nicht mehr wegzudenken - und deshalb werden sie auch nachgemacht: Im Laden und Online gibt es sehr ähnliche Modelle, die oft deutlich preiswerter sind als das Original.
Hersteller geht vor Gericht Birkenstock: Kampf gegen die Nachahmer der kultigen Sandalen
Gegen preisgünstige Nachahmer der bequemen Sandalen mit Fußbett geht Birkenstock den Klageweg. Bekommt Birkenstock bald ein Monopol auf seine Schlappen mit Hilfe des Urheberrechts?
BGH verhandelt über drei Klagen
Deshalb verhandelt der BGH über drei Klagen des Unternehmens aus Rheinland-Pfalz gegen Konkurrenten: Die Firma aus Linz im Kreis Neuwied argumentiert im Kern, ihre Sandalen seien urheberrechtlich geschützte Kunstwerke. Sie verlangt daher von der Konkurrenz, den Verkauf zu unterlassen. Die Beklagten bieten über das Internet ebenfalls Sandalen an oder stellen als Lizenznehmer Sandalenmodelle her.
Landgericht Köln hielt Birkenstocksandalen für Kunstwerke
Konkret geht es um zwei Birkenstock-Klassiker: Und zwar das Modell "Arizona" mit zwei Riemen und und das Modell "Gizeh" mit einem Zehentrenner. Beide Modelle sind nach Angaben des Unternehmens vor Jahrzehnten von Karl Birkenstock entwickelt und danach nur unwesentlich verändert worden, heißt es im Berufungsurteil des Oberlandesgerichts Köln. Ebenso die spezielle Sohle für das Fußbett.
Das Unternehmen habe argumentiert, Karl Birkenstock habe verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten gehabt, die er individuell genutzt habe, schreibt das OLG Köln. Daraus sei dann das "ikonische Design" entstanden. Also eines, das einen hohen Wiedererkennungswert hat. Auf dieses typische Design erhebe Birkenstock Urheberrechtsansprüche, denn die Sandalen seien als Werke der bildenden Künste nach §2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG geschützt.
Mit dieser Argumentation bekam Birkenstock vor dem Landgericht Köln auch Recht: Nach diesem ersten Urteil hätten die beklagten Unternehmen ihre Sandalen nicht weiter verkaufen dürfen, die den Birkenstock-Originalen zum Verwechseln ähnlich sehen. Und sie hätten auch Schadenersatz an Birkenstock zahlen müssen.
Berufungsverfahren endete gegen Birkenstock
Weil sie das nicht wollten, gingen sie in Berufung - und das Oberlandesgericht (OLG) Köln kippte das erste Urteil. Es entschied, die beklagten Unternehmen dürften ihre Sandalen weiter verkaufen. Grundsätzlich könnten Sandalen zwar urheberrechtlich geschützt werden. Aber dann müssten sie eine gewisse künstlerische Gestaltung aufweisen, die über die reine Funktion hinausgehe. Karl Birkenstock habe aber vor allem eine Sandale schaffen wollen, die die Füße gesund halten soll - also habe vor allem die Funktion im Vordergrund gestanden und weniger die ästhetische Gestaltung.
Nach erster Einschätzung des BGH habe das OLG bei seiner Bewertung die richtigen Maßstäbe angesetzt, erklärte der Vorsitzende Richter, Thomas Koch, in der mündlichen Verhandlung am Donnerstag. Es habe für die Definition eines Werkes der angewandten Kunst zutreffend eine bestimmte Gestaltungshöhe gefordert.
Streitthema: Was ist Kunst?
Der Anwalt aufseiten Birkenstocks hielt dagegen: Das OLG habe einen Kunstbegriff zugrunde gelegt, der deutlich über die Definition in der bisherigen Rechtsprechung hinausgehe. Es habe darauf abgestellt, dass Kunst zweckfrei sein müsse und keine ökonomischen Ziele verfolgen dürfe. Es könne aber nicht sein, dass ein Gegenstand nur deswegen keine Kunst sei, weil er sich gut verkaufen soll.
Rechtsanwalt Konstantin Wegner, der Birkenstock seit Jahren vor Gericht vertritt, führte zum Thema Kunst aus: "Im Urheberrecht ist aber seit Jahrzehnten anerkannt, dass auch herausragendes Design von Gebrauchsgegenständen urheberrechtlich geschützt sein kann." Das hätten Gerichte bereits etwa zu Leuchten im Stil der Bauhaus-Kunstschule, Möbeln des Architekten und Designers Le Corbusier und einem Porsche-Modell entschieden.
Es ist längst nicht der erste Fall, in dem Birkenstock gegen Nachahmungen juristisch vorgeht. In der Vergangenheit berief sich der Hersteller etwa auf Design- oder Wettbewerbsrecht. Sollte nach Ansicht des BGH nun das Urheberrecht greifen, wäre das für das Unternehmen als großer Erfolg zu werten. Wann der Bundesgerichtshof seine Entscheidung verkündet, ist jedoch noch unklar.