Vom 14. auf den 15. Juli jährt sich die Flutkatastrophe im Ahrtal zum zweiten Mal. Vieles in der Region ist noch im Wiederaufbau - und es wird noch Jahre dauern, bis alles wieder steht, ob Straßen, Brücken oder Gebäude. Sportplätze oder Jugendtreffs - in einigen Orten müssen solche Projekte erst einmal hinten anstehen.
Das älteste Haus in der Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler, das so genannte "Haus Wolff" von 1621, ist aber so gut wie fertig. Es ist ein richtiger Hingucker in der Fußgängerzone der Stadt, mit dem alten Fachwerk, den großen Fenstern, den bunt bemalten Holzfiguren über dem Eingang und dem Erker, der über die Straße ragt.
Altes Haus mit jungem Besitzer
Das sehr alte Haus hat einen sehr jungen Besitzer: Der 20-jährige Alexander Knieps hat das Gebäude nach der Flut übernommen und zusammen mit Freunden, Bekannten und seinem Vater saniert. Es ist sein erstes Bauprojekt. Er will nach seinem Studium in den Immobilienbetrieb seines Vaters einsteigen.
Eingezogen als Mieter ist das "House of Hope", das Haus der Hoffnung. Ein sozial-diakonisches Hilfswerk, das einen Begegnungsort für Kinder, Jugendliche und alle anderen schaffen will. Knieps freut sich, dass das Haus inzwischen so gut wie fertig ist und gleichzeitig ab sofort einem guten Zweck dient.
Das Haus der Hoffnung hat ein Café im Erdgeschoss eröffnet. In den oberen Etagen des "Hope Café" sind weitere Räume für Jugendtreffs, Eltern-Kind-Cafés und Kurse. Mit den Einnahmen aus dem Café sollen die Angebote in den oberen Etagen kostenlos zur Verfügung stehen - wenn alles nach Plan läuft, erzählt Leiterin Katrin Haustein.
Zwei Jahre nach der Flutkatastrophe reden einige zum ersten Mal über das Erlebte
Die Hilfsorganisation ist schon seit kurz nach der Flut im Ahrtal tätig. Die Helferinnen und Helfer sind beispielsweise mit einem Bus regelmäßig rund um Bad Neuenahr-Ahrweiler unterwegs. Und bis heute kommt es an dem mobilen Treff zu Begegnungen, die Katrin Haustein eine Gänsehaut bescheren: "Da ruft ein Freund den anderen an und lädt ihn zum Café ein - und dann reden die da vor Ort das erste Mal über ihre Flutnacht. Da denke ich immer: Das ist so lange her. Und trotzdem bieten wir diesen Raum für erste Gespräche. Das ist unfassbar."
Das ist einer der Gründe, warum Katrin Haustein es wichtig findet, dass die Menschen Orte zum Reden und Zusammensein haben. Ähnliches erlebt auch Petra Klein vom Haus der offenen Tür Sinzig regelmäßig. "Meine Schule ist weg, mein Kindergarten ist weg, ich habe einen Freund verloren. Nach zwei Jahren kommen einige Leute erst und sagen: Das ist mir schon schwer gefallen." Für viele seien die letzten beiden Jahre wie ein Hamsterrad gewesen, so Klein: "Ich muss ja funktionieren."
Dossier: Leben nach der Flutkatastrophe
Die Flutkatastrophe an der Ahr und in der Region Trier liegt mehr als drei Jahre zurück. Manches ist repariert oder wiederaufgebaut, doch vieles noch lange nicht geheilt. Das ist der aktuelle Stand.
Treffpunkte vor allem für junge Menschen wichtig
Da kann ein solcher Begegnungsort wie das Haus der offenen Tür als Ruhepol dienen. Das gilt für Petra Klein vor allem für junge Menschen, die nach Corona und der Flut im Ahrtal besonders Unterstützung brauchen. Auch Katrin Haustein bestätigt diese Beobachtung: "Die haben sich durch Corona so dran gewöhnt, sich in ihren Zimmern zu verkriechen. Die müssen lernen, sich wieder zuzuhören und gegenseitig zu beschäftigen."
Sowohl das Haus der offenen Tür in Sinzig als auch das Haus Wolff in Bad Neuenahr-Ahrweiler stehen aber für alle offen, betonen beide. "Das eröffnet ja auch oft neue Perspektiven. Da dürfen die Generationen gerne durchmischt sein", so Klein.
Dernau hat nach der Flutkatastrophe einen Mehrgenerationentreffpunkt
Die Hilfsorganisation der Johanniter hat das ehemalige Sportlerheim in Dernau im Ahrtal zu einem Mehrgenerationen-Treffpunkt umgebaut. Ende Juni war die offizielle Eröffnung. Kinder, Jugendliche und ältere Menschen sollen sich hier treffen können. Geplant sind zum Beispiel ein Jugendtreff, ein Seniorencafé aber auch Betreuungsangebote für kleine Kinder. Dazu wurde das von der Flut schwer beschädigte Gebäude aufwendig renoviert.
Finanziert wird das Projekt unter anderem aus Spendengeld der Aktion Deutschland Hilft, das nach der Flutkatastrophe eingesammelt wurde. Die Johanniter Unfallhilfe organisiert den neuen Treffpunkt, gemeinsam mit der Ortsgemeinde Dernau. Es gehört mit zu den ersten Treffpunkten dieser Art nach der Flutkatastrophe im Ahrtal.